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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

Christentums gegen die Begierde auf dessen eigene Vorschriften und so müßte es den heißen:<br />

„Wir sollen zwar Geist haben, aber der Geist soll Uns nicht haben.“ 1<br />

Zwar wird „bei so Manchem <strong>ein</strong> Gedanke zur ,<strong>Max</strong>ime‘“, die Lehren des Katechismus, die<br />

„k<strong>ein</strong>e Verwerfung“ ertragen „Unsere Grundsätze“ 2 , aber Ich kann „durch das ,Fleisch‘ die<br />

Tyrannei des Geistes brechen; denn nur, wenn <strong>ein</strong> Mensch auch s<strong>ein</strong> Fleisch vernimmt, vernimmt<br />

er sich ganz, und nur, wenn er sich ganz vernimmt, ist er vernehmend oder vernünftig.<br />

Der Christ vernimmt den Jammer s<strong>ein</strong>er geknechteten Natur nicht, sondern lebt in ,Demut‘;<br />

darum murrt er nicht gegen die Unbill, welche s<strong>ein</strong>er Person widerfährt: mit der<br />

,Geistesfreiheit‘ glaubt er sich befriedigt. Führt aber <strong>ein</strong>mal das Fleisch das Wort ... so glaubt<br />

er Teufelsstimmen zu vernehmen, Stimmen gegen den Geist ... und eifert mit Recht dagegen.<br />

Er müßte nicht Christ s<strong>ein</strong>, wenn er sie dulden wollte. Er hört nur auf die Sittlichkeit ... hört<br />

nur auf die Gesetzlichkeit ...: Der Geist der Sittlichkeit und Gesetzlichkeit hält ihn gefangen,<br />

<strong>ein</strong> starrer, unbeugsamer Herr. Das nennen sie die ,Herrschaft des Geistes‘ <strong>–</strong>, es ist zugleich<br />

der Standpunkt des Geistes“. 3<br />

Nun stellt <strong>Stirner</strong> „das Eigene dem Eingegebenen“ 4 entgegen, „denn es ist <strong>ein</strong> großer Abstand<br />

zwischen den Gefühlen und Gedanken, welche durch Anderes in mir angeregt, und denen,<br />

welche Mir gegeben werden. Gott, Unsterblichkeit, Freiheit, Menschlichkeit usw. werden<br />

Uns von Kindheit an als Gedanken und Gefühle <strong>ein</strong>geprägt, die kräftiger oder flauer Unser<br />

Inneres bewegen, und entweder unbewußt Uns beherrschen, oder in reicheren Naturen zu<br />

Systemen und [261] Kunstwerken sich darlegen können, immer aber nicht angeregte, sondern<br />

<strong>ein</strong>gegebene Gefühle sind, weil Wir an sie glauben und an ihnen hängen müssen“. 5<br />

Die ganze Erziehung zielt darauf ab, „Gefühle in Uns zu erzeugen, d. h. sie uns <strong>ein</strong>zugeben,<br />

statt die Erzeugung derselben Uns zu überlassen, wie sie auch ausfallen mögen ...“ und so „...<br />

mit <strong>ein</strong>gegebenen Gefühlen vollgestopft, ersch<strong>ein</strong>en Wir vor den Schranken der Mündigkeit<br />

und werden ,mündig gesprochen‘. Unsere Ausrüstung besteht aus ,erhebenden Gefühlen, erhabenen<br />

Gedanken, begeisternden Grundsätzen, ewigen Prinzipien‘ usw. Mündig sind die<br />

Jungen dann, wenn sie zwitschern wie die Alten; man hetzt sie durch die Schule, damit sie<br />

die alte Leier lernen, und haben sie diese inne, so erklärt man sie für mündig“. 6<br />

Darin besteht für <strong>Stirner</strong> der Sinn der Erziehung <strong>–</strong> er nennt es „Seelsorge“ <strong>–</strong>, „daß m<strong>ein</strong>e<br />

Seele oder m<strong>ein</strong> Geist gestimmt sei, wie Andere es recht finden, nicht wie Ich selbst möchte“.<br />

7<br />

Da uns das Eingegebene jedoch fremd und nicht eigen ist, „darum ist es ,heilig‘, und es hält<br />

schwer, die ,heilige Scheu davor‘ abzulegen“. 8<br />

Nach der Bestimmung des Geistes und der von ihm Besessenen unternimmt <strong>Stirner</strong> <strong>–</strong> „episodisch“<br />

9 <strong>–</strong> <strong>ein</strong>en historisch-anthropologischen Erklärungsversuch zur Verdeutlichung des<br />

Vorangegangen, dem er jedoch selbst nicht den „Anspruche der Gründlichkeit“ 10 gibt.<br />

Wie ernst man diese Darstellung nehmen kann, wird sich erweisen. Für das Verständnis s<strong>ein</strong>es<br />

gesamten Werkes sch<strong>ein</strong>t sie mir jedoch relevant.<br />

[262] „Die Weltgeschichte, deren Gestaltung eigentlich ganz dem kaukasischen Menschen-<br />

1 EE 68.<br />

2 EE 68.<br />

3 EE 68.<br />

4 EE 69.<br />

5 EE 69.<br />

6 EE 70 f.<br />

7 EE 71.<br />

8 EE 71.<br />

9 EE 71.<br />

10 EE 71.

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