Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
All<strong>ein</strong> durch ihn „war zugleich die Wahrheit der Sache zu Tage gekommen, daß der eigentliche<br />
Geist oder das eigentliche Gespenst <strong>–</strong> der Mensch sei. Der leibhaftige oder beleibte<br />
Geist ist eben der Mensch: er selbst das grauenhafte Wesen und zugleich des Wesens Ersch<strong>ein</strong>ung<br />
und Existenz oder Das<strong>ein</strong>. Fortan graute dem Menschen nicht eigentlich mehr vor<br />
Gespenstern außer ihm, sondern vor ihm selber ... Das Gespenst hat <strong>ein</strong>en Leib angezogen,<br />
der Gott ist Mensch geworden, aber der Mensch ist nun selbst der grausige Spuk, hinter<br />
den er zu kommen, den er bannen, zu ergründen, zur Wirklichkeit und zum Reden zu<br />
bringen sucht: der Mensch ist <strong>–</strong> Geist“. 1<br />
Und so taucht er dann aus „allen Winkeln“ 2 hervor <strong>–</strong> der Mensch und s<strong>ein</strong> Geist, d. h. die<br />
Schöpfung s<strong>ein</strong>es Geistes.<br />
In Wahrheit aber, Mensch, spukt es nur „in D<strong>ein</strong>em Kopfe; Du hast <strong>ein</strong>en Sparren zu viel!<br />
Du bildest Dir große Dinge <strong>ein</strong> und malst Dir <strong>ein</strong>e ganze Götterwelt aus, die für Dich da sei,<br />
<strong>ein</strong> Geisterreich, zu welchem Du berufen seist, <strong>ein</strong> Ideal, das Dir winkt. Du hast <strong>ein</strong>e fixe<br />
Idee!“ 3<br />
[253] Für <strong>Stirner</strong> aber ist <strong>ein</strong>e „fixe Idee“ <strong>ein</strong>e solche, die „den Menschen sich unterworfen<br />
hat“. 4<br />
Deswegen unterstellt er denen, die sich ihr Geisterreich malen, ihre Welt idealisieren,<br />
daß sie wie die Jünglinge verfahren, daß ihnen die fixe Idee „das wahrhaft Heilige“<br />
werde, und wer dies bezweifle, „greift das Heilige an!“ 5<br />
Der quälende „Sparren“, die „fixe Idee“, das „wahrhaft Heilige“ hat sich in so vielen<br />
Köpfen festgesetzt, daß „fast die ganze Menschenwelt für veritable Narren, Narren im Tollhause“<br />
6 anzusehen sei und es begegnen uns sowohl „vom Teufel Besessene“, als auch „entgegengesetzte<br />
Besessene, die vom Guten, von der Tugend, Sittlichkeit, dem Gesetze,<br />
oder irgend welchem ,Prinzip‘ besessen sind“. 7<br />
So wirkt beides auf jene, sowohl das Gute als auch das Böse.<br />
„Besessene sind auf ihre M<strong>ein</strong>ungen versessen.“ 8<br />
<strong>Stirner</strong> versteift sich jedoch nicht auf den Ausdruck der Besessenheit, sondern versucht auf<br />
semantische Weise, diesen Begriff zu umgehen.<br />
„Mißfällt Euch das Wort ,Besessenheit‘, so nennt es Eingenommenheit, ja nennt es, weil der<br />
Geist Euch besitzt, und von ihm alle ,Eingebungen‘ kommen, <strong>–</strong> Begeisterung und Enthusiasmus.<br />
Ich setze hinzu, daß der vollkommene Enthusiasmus <strong>–</strong> denn bei dem faulen und halben<br />
kann man nicht stehen bleiben <strong>–</strong> Fanatismus heißt.“ 9<br />
Dieser Fanatismus aber heißt nichts anderes als „<strong>ein</strong> fanatisches Interesse für das Heilige<br />
(fanum)“. 10<br />
[254] Er ist es, der „die Ketzer, die nicht an ihre sittlichen Gebote glauben“ 11 verfolgt.<br />
S<strong>ein</strong> Zuhause sch<strong>ein</strong>t der Fanatismus gerade bei den Gebildeten zu haben und so m<strong>ein</strong>t <strong>Stirner</strong>,<br />
daß man darauf achten soll, „wie <strong>ein</strong> ,Sittlicher‘ sich benimmt, der heutigen Tages häufig<br />
mit Gott fertig zu s<strong>ein</strong> m<strong>ein</strong>t, und das Christentum als <strong>ein</strong>e Verlebtheit abwirft ... Soviel er<br />
1 EE 44.<br />
2 EE 45.<br />
3 EE 46.<br />
4 EE 46.<br />
5 EE 47.<br />
6 EE 46.<br />
7 EE 47.<br />
8 EE 48.<br />
9 EE 48.<br />
10 EE 48.<br />
11 Mackay: <strong>Stirner</strong>. S. 136.