Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
Antwort: „,N<strong>ein</strong>, Ich nicht, aber m<strong>ein</strong>e Großmutter.‘ Siehst Du, so geht Mir‘s auch: Ich selbst<br />
habe k<strong>ein</strong>en gesehen, aber M<strong>ein</strong>er Großmutter liefen sie aller Wege zwischen die B<strong>ein</strong>e, und<br />
aus Vertrauen zur Ehrlichkeit Unserer Großmutter glauben Wir an die Existenz von Geistern.<br />
Aber hatten Wir denn k<strong>ein</strong>e Großväter, und zuckten die nicht jederzeit die Achseln, so oft<br />
die Großmutter von ihren Gespenstern erzählte? Ja, es waren das ungläubige Männer und die<br />
Unserer guten Religion viel geschadet haben, diese Aufklärer! Wir werden das empfinden!<br />
Was läge denn dem warmen Gespensterglauben zu Grunde, wenn nicht der Glaube an das<br />
,Das<strong>ein</strong> geistiger Wesen überhaupt‘, und wird nicht dieser letztere selbst in <strong>ein</strong> unseliges<br />
Wanken gebracht, wenn man gestattet, daß freche Verstandesmenschen an jenem rütteln dürfen?“<br />
1<br />
Gegen wen diese Polemik gerichtet ist, läßt sich erahnen. Und er setzt sie auch ungeniert<br />
fort, indem er behauptet, daß, wer „an k<strong>ein</strong> Gespenst mehr glaubt, der braucht nur in s<strong>ein</strong>em<br />
Unglauben konsequent fortzuwandeln, um <strong>ein</strong>zusehen, daß überhaupt hinter den Dingen k<strong>ein</strong><br />
apartes Wesen stecke, k<strong>ein</strong> Gespenst oder ... k<strong>ein</strong> ,Geist‘“. 2<br />
[249] Aber dennoch „existieren Geister!“, man braucht sich doch nur in der Welt umblicken<br />
und man werde schon sehen, „ob nicht aus allem Dich <strong>ein</strong> Geist anschaut. Aus der Blume, der<br />
kl<strong>ein</strong>en, lieblichen, spricht der Geist des Schöpfers zu Dir, der sie so wunderbar geformt hat;<br />
die Sterne verkünden den Geist, der sie geordnet, von den Berggipfeln weht <strong>ein</strong> Geist der Erhabenheit<br />
herunter, aus den Wassern rauscht <strong>ein</strong> Geist der Sehnsucht herauf, und <strong>–</strong> aus den<br />
Menschen reden Millionen Geister. Mögen die Berge <strong>ein</strong>sinken, die Blumen verblühen, die<br />
Sternenwelt zusammenstürzen, die Menschen sterben <strong>–</strong> was liegt am Untergang dieser sichtbaren<br />
Körper? Der Geist, der ,unsichtbare‘, bleibt ewig!“ 3<br />
Mit anderen Worten ausgedrückt, „es spukt in der ganzen Welt“. 4<br />
Aber nicht nur in ihr, sie selber spukt, „sie ist der wandelnde Sch<strong>ein</strong>leib des Geistes, sie ist<br />
<strong>ein</strong> Spuk“. 5<br />
Dieser sch<strong>ein</strong>bare Leib ist aber wirklicher Geist; die Welt ist blendender „Sch<strong>ein</strong>“, aber „ihre<br />
Wahrheit ist all<strong>ein</strong> der Geist“. 6<br />
Dir <strong>–</strong> Menschl<strong>ein</strong> <strong>–</strong> „ist die ganze Welt vergeistigt“ 7 , darum darfst du dich nicht wundern,<br />
wenn „Du ebenso in Dir nichts als <strong>ein</strong>en Spuk findest“. 8<br />
<strong>Stirner</strong> zitiert das Bibelwort vom „zum Fleisch gewordenen Wort“, das als Geist in der Welt<br />
erschienen ist, und „seitdem ist die Welt vergeistigt, verzaubert, <strong>ein</strong> Spuk“. 9 Er führt s<strong>ein</strong>e<br />
Ausführungen über den Gedanken weiter, hin zur „Heiligkeit der Wahrheit“. 10<br />
[250] „Du hast Geist, denn Du hast Gedanken. Was sind D<strong>ein</strong>e Gedanken? <strong>–</strong> Geistige Wesen.<br />
<strong>–</strong> Also k<strong>ein</strong>e Dinge? <strong>–</strong> N<strong>ein</strong>, aber der Geist der Dinge, die Hauptsache an allen Dingen,<br />
ihr Innerstes, ihre <strong>–</strong> Idee. <strong>–</strong> Was Du denkst, ist mithin nicht bloß D<strong>ein</strong> Gedanke? <strong>–</strong> Im Gegenteil,<br />
es ist das Wirklichste, das eigentliche Wahre an der Welt: es ist die Wahrheit selber;<br />
wenn Ich nur wahrhaft denke, so denke Ich die Wahrheit. Ich kann Mich zwar über die Wahrheit<br />
täuschen und sie verkennen; wenn Ich aber wahrhaft erkenne, so ist der Gegenstand M<strong>ein</strong>er<br />
Erkenntnis die Wahrheit. <strong>–</strong> So trachtest Du wohl allezeit die Wahrheit zu erkennen? <strong>–</strong> Die<br />
1 EE 36.<br />
2 EE 36.<br />
3 EE 37.<br />
4 EE 37.<br />
5 EE 37.<br />
6 EE 37.<br />
7 EE 37.<br />
8 EE 37.<br />
9 EE 38.<br />
10 Mackay: <strong>Stirner</strong>. S. 135.