Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
In der ‚Kritik der r<strong>ein</strong>en Vernunft‘ verdeutlicht Kant, daß empirische Anschauungen und<br />
rationales Denken von apriorischen (vorgeprägten) Kategorien (Zeit, Raum, logischen Gesetzen)<br />
abhängen und die Welt von uns nur so erkannt werden kann, „wie sie uns ersch<strong>ein</strong>t“ und<br />
nicht „wie sie ist“, was <strong>ein</strong>er exakten Trennung von Glauben und Wissen gleichkommt.<br />
[21] Das Sittengesetz, wie es in der ‚Kritik der praktischen Vernunft‘ dargestellt wird, postuliert<br />
die Existenz von Gott, Freiheit und Unsterblichkeit. Ethische Gebote sind nur dann<br />
sittlich, wenn sie frei von persönlichem Nutzen (Erfolg, Neigung) als kategorische Imperative<br />
vom Menschen selbst gesetzt und freiwillig erfüllt werden, was <strong>ein</strong>e sittliche Autonomie der<br />
Persönlichkeit bedeutet. Kants Auftreten fällt auch in <strong>ein</strong>e Zeit, in der große Dichter lebten,<br />
„deren künstlerische Leistungen zum Teil weltanschaulichen Charakter trugen, philosophisch<br />
befruchtet waren und auch ihrerseits auf die Weiterbildung der philosophischen Gedanken<br />
den bedeutendsten Einfluß gewannen“. 1<br />
Genannt seien hier Goethe und Schiller, als Vertreter der deutschen Klassik. Auf <strong>ein</strong>e mögliche<br />
Wechselwirkung zwischen Literatur und Philosophie sei hier nicht <strong>ein</strong>gegangen, obwohl<br />
zwischen „trunkenen Begriffsdichtern“ (Kroner) und Dichtern durchaus <strong>ein</strong>e Relation bestehen<br />
mag.<br />
Das Kapitel Kant möchte ich dennoch mit <strong>ein</strong>em Dichter beschließen <strong>–</strong> H<strong>ein</strong>rich H<strong>ein</strong>e <strong>–</strong>,<br />
um in Folge auf Johann Gottlieb Fichte überzugehen.<br />
H<strong>ein</strong>e gilt als Dichter des „Jungen Deutschland“.<br />
Aus den Jahren 1833/34 <strong>–</strong> zwei Jahre nach <strong>Hegels</strong> Tod <strong>–</strong> stammt die Schrift ‚Zur Geschichte<br />
der Religion und Philosophie in Deutschland‘, welche vorerst in der Pariser Zeitschrift<br />
‚Revue des deux mondes‘ in Fortsetzungen abgedruckt wurde. Mit dieser Arbeit hat H<strong>ein</strong>e in<br />
den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts, zu Beginn der Vorbereitungsperiode der bürgerlich-demokratischen<br />
Revolution, in die Entwicklung der philosophischen Gedanken <strong>ein</strong>gegriffen.<br />
Ursprünglich war diese Schrift für <strong>ein</strong> französisches Publikum vorgesehen, um ihm<br />
<strong>ein</strong>e Überschau deutscher Geistesvorgänge zu vermitteln.<br />
[22] Zu diesem Zwecke galt es ihm zunächst, „die Ausdrücke <strong>ein</strong>er Schulsprache zu vermeiden,<br />
die den Franzosen gänzlich unbekannt ist.“ 2 Dennoch habe er weder die „Subtilitäten der<br />
Theologie noch die der Metaphysik“ so tief ergründet, daß er „imstande wäre, dergleichen<br />
nach den Bedürfnissen des französischen Publikums ganz <strong>ein</strong>fach und kurz zu formulieren.<br />
Ich werde daher nur von den großen Fragen handeln, die in der deutschen Gottesgelahrtheit<br />
und Weltweisheit zur Sprache gekommen, ich werde nur ihre soziale Wichtigkeit beleuchten,<br />
und immer werde ich die Beschränktheit m<strong>ein</strong>er eigenen Verdeutlichungsmittel und das Fassungsvermögen<br />
des französischen Lesers berücksichtigen“. 3<br />
H<strong>ein</strong>e m<strong>ein</strong>te zwar, daß „große deutsche Philosophen ... vornehm die Achsel zucken“ werden<br />
„über den dürftigen Zuschnitt alles dessen“, was er hier vorbringe, aber „das Volk hungert<br />
nach Wissen“ und es dankt ihm „für das Stückchen Geistesbrot“, das er „ehrlich mit ihm<br />
teile“. 4<br />
Um der Verteilung des „Geistesbrotes“ nachzukommen, spinnt er <strong>ein</strong>en Faden durch das<br />
deutsche Geistesleben, welcher sich von Martin Luther bis hin zu Hegel erstreckt.<br />
Bezüglich der Philosophie Kants bemerkt er zur ‚Kritik der r<strong>ein</strong>en Vernunft‘: „Dieses Buch<br />
ist das Schwert, womit der Deismus hingerichtet worden in Deutschland.“ 5 Im weiteren vergleicht<br />
er Kant sogar mit Robespierre, den „dieser große Zerstörer im Reich der Gedanken“<br />
1 Ebd. S. 769 f.<br />
2 H<strong>ein</strong>e, H<strong>ein</strong>rich: Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland. Leipzig 1970. Reclam. S. 51.<br />
3 Ebd. S. 51.<br />
4 Ebd. S. 51 f.<br />
5 Ebd. S. 137.