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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

wir ihn.<br />

„Die Werke oder Kinder des Geistes sind aber nichts anderes als <strong>–</strong> Geister.“ 1<br />

Diese Geister finden ihre H<strong>ein</strong>at im „Himmel“, der „ist das Geisterreich, das Reich der Geistesfreiheit.<br />

Das Himmelreich, das Reich der Geister und Gespenster, hat in der spekulativen Philosophie<br />

s<strong>ein</strong>e rechte Ordnung gefunden. Hier wurde es ausgesprochen als das Reich der Gedanken,<br />

Begriffe und Ideen: der Himmel ist von Gedanken und Ideen bevölkert, und dies<br />

,Geisterreich‘ ist dann die wahre Wirklichkeit“. 2<br />

Da der Geist nur ist, indem er Geistiges schafft, besieht sich <strong>Stirner</strong> nun dessen erste Schöpfung.<br />

Diese „muß ,aus dem Nichts‘ hervorgehen, d. h. der Geist hat zu ihrer Verwirklichung<br />

nichts als sich selber, oder vielmehr, er hat sich noch nicht <strong>ein</strong>mal, sondern muß sich erschaffen:<br />

s<strong>ein</strong>e erste Schöpfung ist daher er selber, der Geist“. 3<br />

Diesen „mystisch“ 4 klingenden Schöpfungsakt überträgt <strong>Stirner</strong> auf die „alltägliche Erfahrung“<br />

des Menschen, auf s<strong>ein</strong> Denken, und so läßt er verlauten: [247] „Indem Du den ersten<br />

Gedanken erschaffst, erschaffst Du Dich, den Denkenden; denn Du denkst nicht, bevor Du<br />

<strong>ein</strong>en Gedanken denkst, d. h. hast. Macht Dich nicht erst D<strong>ein</strong> Singen zum Sänger, D<strong>ein</strong><br />

Sprechen zum sprechenden Menschen? Nun so macht Dich auch das Hervorbringen von Geistigem<br />

erst zum Geiste.<br />

Wie Du indes vom Denker, Sänger und Sprecher Dich unterscheidest, so unterscheidest Du<br />

Dich nicht minder vom Geiste und fühlst sehr wohl, daß Du noch etwas anderes als Geist<br />

bist. ... Du sehnst Dich nun mit aller Gewalt, ganz Geist zu werden und im Geiste aufzugehen.<br />

Der Geist ist D<strong>ein</strong> Ideal, das Unerreichte, das Jenseitige: Geist heißt D<strong>ein</strong> <strong>–</strong> Gott,<br />

,Gott ist Geist‘.<br />

Gegen alles, was nicht Geist ist, bist Du <strong>ein</strong> Eiferer, und darum eiferst Du gegen Dich selbst,<br />

der Du <strong>ein</strong>en Rest von Nichtgeistigem nicht los wirst.“ 5<br />

Darin liegt der unauflösbare Zwiespalt der Diesseitigkeit und der Jenseitigkeit des „r<strong>ein</strong>en<br />

Geist[es] ... den Ich ,Gott‘ nenne“. 6<br />

Für <strong>Stirner</strong> liegt es in der Natur der Sache, „daß der Geist, der als r<strong>ein</strong>er Geist existieren soll,<br />

<strong>ein</strong> jenseitiger s<strong>ein</strong> muß, denn da Ich‘s nicht bin, so kann er nur außer Mir s<strong>ein</strong>, da <strong>ein</strong><br />

Mensch überhaupt nicht völlig in dem Begriffe ,Geist‘ aufgeht, so kann der r<strong>ein</strong>e Geist, der<br />

Geist als solcher, nur außerhalb der Menschen s<strong>ein</strong>, nur jenseits der Menschenwelt, nicht irdisch,<br />

sondern himmlisch“. 7<br />

Mit Bestimmtheit aber ist der Geist „etwas anderes als Ich“. 8<br />

[248] Nach der ersten „Ergründung des Geistes“ 9 geht <strong>Stirner</strong> in s<strong>ein</strong>er Darstellung der<br />

„Neuen“ über „zu der <strong>ein</strong>gehenden Betrachtung der von ihm [dem Geist] Besessenen.“ 10<br />

Hier wird die <strong>Stirner</strong>sche Trivialisierung der <strong>Hegels</strong>chen Vorstellungen, auf die bereits<br />

Karl Löwith hinweist und die anderenorts schon erwähnt wurde, besonders deutlich.<br />

Belegt soll dies durch die <strong>Stirner</strong>sche Frage werden: „Hast Du schon <strong>ein</strong>en Geist gesehen?“<br />

11<br />

1 EE 30.<br />

2 EE 75.<br />

3 EE 32.<br />

4 EE 32 f.<br />

5 EE 33.<br />

6 EE 33.<br />

7 EE 33.<br />

8 EE 36.<br />

9 Mackay: <strong>Stirner</strong>. S. 135.<br />

10 Ebd.<br />

11 EE 36.

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