Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
Jetzt beginnt „der Kampf der nächsten zwei Jahrtausende: der Kampf der Gottesgelahrtheit“.<br />
1<br />
Auch diesem Abschnitt stellt er wieder die Absicht zur Entlarvung der Wahrheit als Unwahrheit<br />
voran. Mit s<strong>ein</strong>en Worten heißt es: „Wurde oben gesagt: ,den Alten war die Welt <strong>ein</strong>e<br />
Wahrheit‘, so müssen Wir hier sagen: ,den Neuen war der Geist <strong>ein</strong>e Wahrheit‘, dürfen<br />
aber, wie dort, so hier den Zusatz nicht auslassen: <strong>ein</strong>e Wahrheit, hinter deren Unwahrheit sie<br />
zu kommen suchten und endlich wirklich kommen.“ 2<br />
Sehen wir dabei zu, welchen Weg <strong>Stirner</strong> geht, um zu dem Schluß [zu] kommen, „daß der<br />
Geist <strong>ein</strong>e <strong>–</strong> Lüge ist“. 3<br />
Für ihn steht fest, daß <strong>ein</strong> „ähnlicher Gang, wie das Altertum ihn genommen, ... sich auch am<br />
Christentum nachweisen“ läßt. 4<br />
Bevor er den Geist als solchen selbst s<strong>ein</strong>er Untersuchung unterzieht, zieht er noch <strong>ein</strong>mal<br />
<strong>ein</strong> kurzes Resümée des Vorangegangenen.<br />
[245] „Die Alten dienten, Wir sahen es, dem Natürlichen, Weltlichen, der natürlichen Weltordnung,<br />
aber sie fragten sich unaufhörlich, ob sie denn dieses Dienstes sich nicht entheben<br />
könnten, und als sie in stets erneuten Empörungsversuchen sich todmüde gearbeitet hatten, da<br />
ward ihnen unter ihren letzten Seufzern der Gott geboren, der ,Weltüberwinder‘. All ihr Tun<br />
war nichts gewesen als Weltweisheit, <strong>ein</strong> Trachten hinter und über die Welt hinaus zu kommen.<br />
Und was ist die Weisheit der vielen folgenden Jahrhunderte? Hinter was suchten die<br />
Neuen zu kommen? Hinter die Welt nicht mehr, denn das hatten die Alten vollbracht, sondern<br />
hinter Gott, den jene ihnen hinterließen, hinter Gott, ,der Geist ist‘, hinter alles, was des<br />
Geistes ist, das Geistige. Die Tätigkeit des Geistes aber, der ,selbst die Tiefen der Gottheit erforscht‘,<br />
ist die Gottesgelahrtheit. Haben die Alten nichts aufzuweisen als Weltweisheit, so<br />
brachten und bringen es die Neuen niemals weiter als zur Gottesgelahrtheit. Wir werden später<br />
sehen, daß selbst die neuesten Empörungen gegen Gott nichts als die äußersten Anstrengungen<br />
der ,Gottesgelahrtheit‘, d. h. theologische Insurrektionen sind.“ 5<br />
Gemäß s<strong>ein</strong>er ontologischen Darstellung geht der Geist um „wie <strong>ein</strong> Jüngling, mit<br />
Welterlösungs- und Weltverbesserungsplänen“. 6<br />
Was ist nun dieser Geist, dessen „Geisterreich“ 7 so ungeheuer groß ist?<br />
Solange er sich nicht mit sich selbst beschäftigt, nicht mit s<strong>ein</strong>er Welt, der geistigen Welt,<br />
„ist er nicht freier Geist, sondern nur der ,Geist dieser Welt‘, der an sie gefesselte. Der Geist<br />
ist freier Geist, d. h. wirklich Geist erst in <strong>ein</strong>er ihm eigenen Welt; in ,dieser‘, der irdischen<br />
Welt, ist er <strong>ein</strong> Fremdling. Nur mittels <strong>ein</strong>er [246] geistigen Welt ist der Geist wirklicher<br />
Geist, denn ,diese‘ Welt versteht ihn nicht und weiß ,das Mädchen aus der Fremde‘ nicht bei<br />
sich zu behalten“. 8<br />
Der Geist ist für <strong>Stirner</strong> „der Schöpfer <strong>ein</strong>er geistigen Welt“. 9<br />
Zu diesem Zweck muß er sich „offenbaren, und die Worte, die er spricht, die Offenbarungen,<br />
in denen er sich enthüllt, die sind s<strong>ein</strong>e Welt“. 10<br />
Nur mit s<strong>ein</strong>em Geschöpf, dem Geistigen zusammen ist der Geist wirklich, daran erkennen<br />
1 Mackay: <strong>Stirner</strong>. S. 134.<br />
2 EE 26.<br />
3 EE 27.<br />
4 EE 26.<br />
5 EE 28 f.<br />
6 EE 28.<br />
7 EE 29.<br />
8 EE 29 f.<br />
9 EE 30.<br />
10 EE 30.