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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

dung; endlich den Sieg des Mannes, des Egoisten, des Interesses über das Ideal, der sich<br />

selbst in zweiter Selbstfindung leibhaftig entdeckt und Eigner des Gedankens und der Welt<br />

wird, in dem er sich über Alles setzt.“ 1<br />

Wohl kann angenommen werden, daß <strong>Stirner</strong> den natürlichen Entwicklungsprozeß des<br />

menschlichen Individuums nicht leugnet, aber s<strong>ein</strong>e Darstellung gibt sich wesentlich kämpferischer.<br />

Dies findet auch in s<strong>ein</strong>er Sprache Ausdruck. Er sieht nicht, wie Hegel, in diesem<br />

Entwicklungsprozeß <strong>ein</strong>en vernünftig wachsenden, sich immer von neuem hervorbringenden<br />

und fortschreitenden Prozeß, sondern er betrachtet ihn von Beginn an als Kampf, als tätige<br />

Selbstbehauptung zur Erlangung s<strong>ein</strong>er nur auf sich gerichteten Interessen.<br />

So sieht er bereits vom Moment der Geburt an, den Menschen, auf der Suche aus dem<br />

„Wirrwarr, in welchem ... er mit allem Andern bunt durch<strong>ein</strong>ander herumgewürfelt wird, sich<br />

herauszufinden und sich zu gewinnen“. 2<br />

[228] Auf dieser Suche tritt dem Kinde Alles entgegen, was mit ihm in Berührung kommt,<br />

um sich gegen dessen Eingriffe zur Wehr zu setzen und s<strong>ein</strong> eigenes Bestehen zu behaupten.<br />

Da „Jegliches auf sich hält“ 3 , ist die Kollision vorprogrammiert und „der Kampf der Selbstbehauptung<br />

unvermeidlich“. 4<br />

Diesem Kampf liegen nur zwei Ziele zu Grunde, entweder „Siegen oder Unterliegen“ 5 ,<br />

wobei der Sieger zum Herren, der Verlierer zum Untertanen wird: „jener übt die Hoheit und<br />

,Hoheitsrechte‘, dieser erfüllt in Ehrfurcht und Respekt die ,Untertanenpflichten‘.“ 6<br />

Beide bleiben jedoch „F<strong>ein</strong>de“ und sind auf der ständigen Lauer auf die „Schwächen“ des<br />

anderen.<br />

Dies bezieht <strong>Stirner</strong> auch auf das Verhältnis der Kinder zu ihren Eltern. Das Moment, daß<br />

das Kind „in Unschuld, ohne dauernden Schmerz, in Liebe zu den Eltern und in Gefühl, von<br />

ihnen geliebt zu werden“ 7 , lebt <strong>–</strong> wie Hegel es darstellt <strong>–</strong> wird von <strong>Stirner</strong> nicht <strong>ein</strong>mal ansatzweise<br />

erwähnt und somit braucht er es nicht <strong>ein</strong>mal zu negieren, da es ja als nicht existent<br />

angenommen wird.<br />

Für ihn wird die Familie sch<strong>ein</strong>bar zu <strong>ein</strong>er „Kampfgem<strong>ein</strong>schaft“, in der entweder „der<br />

Stock ... den Menschen oder der Mensch ... den Stock“ 8 überwindet.<br />

Der Stock als Sinnbild für Familie, Erziehung, Zucht, aber auch als sinnlich erfahrene wirkliche<br />

Außenwelt, die zu ergründen das Kind unternimmt.<br />

„Im Kindesalter nimmt die Befreiung den Verlauf, daß Wir auf den Grund der Dinge oder<br />

,hinter die Dinge‘ zu kommen suchen: daher lauschen Wir Allen ihre Schwächen ab ...“ 9<br />

[229] Aufdecken, Entlarven heißt die Devise, denn: „sind Wir erst dahinter gekommen, daß<br />

die Rute zu schwach ist gegen Unsern Trotz, so fürchten Wir sie nicht mehr, ,sind ihr entwachsen‘.“<br />

10<br />

Hinter der Rute und ihrem Betreiber, der Autorität, die zu entlarven es galt, steht gegen sie<br />

gerichtet und „mächtiger als sie, unser <strong>–</strong> Trotz, unser trotziger Mut“. 11<br />

Da wir ja mit der Zeit hinter alles kommen <strong>–</strong> so m<strong>ein</strong>t <strong>Stirner</strong> <strong>–</strong> finden wir hinter allem „Unsere<br />

<strong>–</strong> Ataraxie, d. h. Unerschütterlichkeit, Unerschrockenheit, unsere Gegengewalt, Über-<br />

1 Mackay: <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong>. S. 133 f.<br />

2 EE 9.<br />

3 EE 9.<br />

4 EE 9.<br />

5 EE 9.<br />

6 EE 9.<br />

7 Hegel: Werke. Bd. 10. S. 77.<br />

8 EE 9.<br />

9 EE 9.<br />

10 EE 9.<br />

11 EE 10.

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