Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
<strong>ein</strong>e Macht, vor welcher dasselbe verschwinden muß.“ 1<br />
Ihre wahrhafte Verwirklichung findet die Gattung „im Geiste, im Denken, diesem homogenen<br />
Elemente“. 2<br />
Im Anthropologischen hat diese Verwirklichung ... „noch die Weise der Natürlichkeit. Sie<br />
fällt ... in die Zeit. So entsteht <strong>ein</strong>e Reihe von unterschiedenen Zuständen, welche das Individuum<br />
als solches durchläuft, <strong>–</strong> <strong>ein</strong>e Folge von Unterschieden, die ... an <strong>ein</strong>em und denselben<br />
Individuum als fließend, als in<strong>ein</strong>ander übergehende Formen ersch<strong>ein</strong>en“. 3 Dieses Auf<strong>ein</strong>anderfolgen<br />
in<strong>ein</strong>ander übergehender Zustände „ist die Reihe der Lebensalter“. 4<br />
Sie beginnt mit „dem abstrakten Entstehen der unmittelbaren Einzelheit, mit der Geburt des<br />
Individuums, und endigt ... mit der abstrakten Negation“ der Einzelheit, „mit dem Tode“. 5<br />
Was dem Lebendigen die Gattung, ist dem Geistigen die Vernünftigkeit. „In dieser Einheit<br />
der Gattung und des Vernünftigen liegt der Grund, daß die im Verlauf der Lebensalter hervortretenden<br />
geistigen Ersch<strong>ein</strong>ungen den in diesem Verlauf sich entwickelnden psychischen<br />
Veränderungen des Individuums entsprechen.“ 6<br />
[218] Hegel m<strong>ein</strong>t jedoch, daß man nicht so weit gehen darf, „in der physiologischen Entwicklung<br />
des Individuums das markierte Gegenbild der geistigen Entfaltung desselben zu suchen“<br />
7 , denn „der Geist offenbart hier s<strong>ein</strong>e Unabhängigkeit von s<strong>ein</strong>er Leiblichkeit dadurch,<br />
daß er sich früher als diese entwickeln kann“. 8<br />
Für Hegel zerfällt der Entwicklungsprozeß des natürlichen menschlichen Individuums „in<br />
<strong>ein</strong>e Reihe von Prozessen, deren Verschiedenheit auf dem verschiedenen Verhältnis des Individuums<br />
zur Gattung beruht und den Unterschied des Kindes, des Mannes und des Greises<br />
begründet“ und „diese Unterschiede ... Darstellungen der Unterschiede des Begriffs“ 9 sind.<br />
Hegel schreitet daran, die verschiedenen Lebensalter begrifflich zu bestimmen und wir wollen<br />
ihm dabei folgen, damit wir anschließend die <strong>Stirner</strong>sche Interpretation gegenüberstellen<br />
können.<br />
Das Kindesalter ist bei Hegel „die zeit der natürlichen Harmonie, des Friedens des Subjekts<br />
mit sich und mit der Welt, <strong>–</strong> der ebenso gegensatzlose Anfang, wie das Greisenalter das gegensatzlose<br />
Ende ist“. 10<br />
In ihm lebt das Kind „in Unschuld, ohne dauernden Schmerz, in Liebe zu den Eltern im Gefühl,<br />
von ihnen geliebt zu s<strong>ein</strong>“. 11<br />
Dieser unmittelbare, ungeistige, bloß natürliche Zustand der Einheit des Individuums mit<br />
s<strong>ein</strong>er Gattung und der Welt muß jedoch aufgehoben werden.<br />
„Das Individuum muß dazu fortschreiten, sich dem allgem<strong>ein</strong>en, als der an und für sich seienden,<br />
fertigen und bestehenden Sache, gegenüberzustellen, sich in s<strong>ein</strong>er Selbständigkeit zu<br />
erfassen.“ 12<br />
[219] Diesen Schritt unternimmt der Jüngling, in dem er „die in der Welt verwirklichte Idee<br />
auf die Weise“ auflöst, „daß er sich selber die zur Natur der Idee gehörende Bestimmung des<br />
Substantiellen, das Wahre und Gute, der Welt dagegen die Bestimmung des Zufälligen, Ak-<br />
1 Ebd.<br />
2 Ebd.<br />
3 Ebd.<br />
4 Ebd.<br />
5 Ebd.<br />
6 Ebd.<br />
7 Ebd., S. 77.<br />
8 Ebd.<br />
9 Ebd.<br />
10 Ebd.<br />
11 Ebd.<br />
12 Ebd., S. 77 f.