Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
der Besprechung „Über B. Bauers ,Posaune des jüngsten Gerichts‘“ erwähnt.<br />
An dieser Stelle will ich mich nicht mit <strong>Stirner</strong>s Kritikern <strong>ein</strong>lassen, sondern <strong>ein</strong>zig und all<strong>ein</strong><br />
<strong>Stirner</strong> selbst zu Wort kommen lassen bei s<strong>ein</strong>er Erklärung der Weltgeschichte, und<br />
wende mich der ersten Abteilung zu. Dem Menschen.<br />
„Der Mensch ist dem Menschen das höchste Wesen, sagt Feuerbach.<br />
Der Mensch ist nun erst gefunden, sagt Bruno Bauer.<br />
Sehen Wir Uns denn dieses höchste Wesen und diesen neuen Fund genauer an.“ 1<br />
Genau diese Worte stellt <strong>Stirner</strong> voran, ehe er die „Onotgenese (,Ein Menschenleben‘) und<br />
<strong>ein</strong>e verwickelte Phylogenese (epochal: ,Die Alten‘, ,Die Neuen‘ und ,Die Freien‘, ,Ich‘)“ 2<br />
entwickelt.<br />
<strong>Stirner</strong> überschaut zuerst „<strong>ein</strong> Menschenleben“, dessen Inhalt dem Zusatz zum § 396 von<br />
<strong>Hegels</strong> „Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften“ entnommen ist.<br />
Jedoch verkürzt er durch s<strong>ein</strong>e allegorische Sprache den Sinn <strong>Hegels</strong> und schneidert daraus<br />
<strong>ein</strong> Mäntelchen für s<strong>ein</strong>en „egoistischen Einzigen“, auf welchen er alles bezieht.<br />
3.1. <strong>Hegels</strong> „Verlauf der Menschenalter“ im § 396 der „Enzyklopädie“<br />
Hegel betrachtet im § 396 der Enzyklopädie den natürlichen [216] „Verlauf der Lebensalter<br />
... von dem Kinde an, dem in sich <strong>ein</strong>gehüllten Geist, <strong>–</strong> durch den entwickelten Gegensatz,<br />
die Spannung <strong>ein</strong>er selbst noch subjektiven Allgem<strong>ein</strong>heit (Ideale, Einbildung, Sollen, Hoffnungen<br />
usf.) gegen die unmittelbare Einzelheit, d. i. gegen die vorhandene, denselben nicht<br />
angemessene Welt, und die Stellung des auf der anderen Seite noch unselbständigen und in<br />
sich unfertigen Individuums in s<strong>ein</strong>em Das<strong>ein</strong> zu derselben (Jüngling), <strong>–</strong> zu dem wahrhaften<br />
Verhältnis, der Anerkennung der objektiven Notwendigkeit und Vernünftigkeit der bereits<br />
vorhandenen, fertigen Welt, an deren sich an und für sich vollbringendem Werke das Individuum<br />
s<strong>ein</strong>er Tätigkeit <strong>ein</strong>e Bewährung und Anteil verschafft, dadurch etwas ist, wirkliche<br />
Gegenwart und objektiven Wert hat (Mann), <strong>–</strong> bis zur Vollbringung der Einheit mit dieser<br />
Objektivität, welche Einheit als reell in die Untätigkeit abstumpfender Gewohnheit übergeht,<br />
als ideell die Freiheit von den beschränkten Interessen und Verwicklungen der äußerlichen<br />
Gegenwart gewinnt (Greis)“. 3<br />
Wohl erkennt <strong>Stirner</strong> die Enwicklungsmomente (Kind <strong>–</strong> Jüngling <strong>–</strong> Mann <strong>–</strong> Greis) an, aber<br />
er setzt andere Vorzeichen.<br />
Im Zusatz zu diesem Paragraphen heißt es bei Hegel weiter: „Indem die zuerst vollkommen<br />
allgem<strong>ein</strong>e Seele ... sich besondert und zuletzt zur Einzelheit, zur Individualität sich bestimmt,<br />
so tritt sie in den Gegensatz gegen ihre innere Allgem<strong>ein</strong>heit, gegen ihre Substanz.<br />
Dieser Widerspruch ... begründet den Lebensprozeß der individuellen Seele <strong>–</strong> <strong>ein</strong>en Prozeß,<br />
durch welchen deren unmittelbare Einzelheit dem Allgem<strong>ein</strong>en entsprechend gemach, dieses<br />
in jener verwirklicht und so die erste, <strong>ein</strong>fache Einheit der Seele mit sich zu <strong>ein</strong>er durch den<br />
Gegensatz vermittelten Einheit erhoben, die zuerst abstrakte Allgem<strong>ein</strong>heit zur konkreten<br />
Allgem<strong>ein</strong> entwickelt wird.“ 4<br />
[217] Diese Entwicklungsphase ist für Hegel „die Bildung“. 5 Bereits das animalisch Lebendige<br />
„stellt auf s<strong>ein</strong>e Weise jenen Prozeß ... dar“, aber es hat „nicht die Macht, wahrhaft die<br />
Gattung in sich zu verwirklichen“ und „durch diese s<strong>ein</strong>e Unfähigkeit zur vollkommenen<br />
Darstellung der Gattung geht das nur lebendige zugrunde. Die Gattung erweist sich an ihm als<br />
1 EE 7.<br />
2 Mayer, Ahlrich: Nachwort in: EE 432.<br />
3 Hegel: Werke Bd. 10. S. 75.<br />
4 Ebd., S. 75 f.<br />
5 Ebd., S. 76.