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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

mutet wird, <strong>ein</strong>e fremde Sache, hat er die Sache der Wahrheit, der Liebe zur s<strong>ein</strong>igen gemacht?<br />

... Ihr belehrt Uns, daß Gottes Sache allerdings die Sache der Wahrheit und Liebe sei,<br />

daß aber diese Sache k<strong>ein</strong>e ihm fremde genannt werden könne, weil Gott ja selbst die Wahrheit<br />

und Liebe sei; ... ,Gott sollte der Sache der Wahrheit sich annehmen, wenn er nicht selbst<br />

die Wahrheit wäre‘? Er sorgt nur für s<strong>ein</strong>e Sache, aber weil er Alles in Allem ist, darum ist<br />

alles s<strong>ein</strong>e Sache! ... Gott bekümmert sich nur um‘s S<strong>ein</strong>e, beschäftigt sich nur mit sich, denkt<br />

nur an sich und hat nur sich im Auge. ... Er dient k<strong>ein</strong>em Höheren und befriedigt nur sich.<br />

S<strong>ein</strong>e Sache ist <strong>ein</strong>e <strong>–</strong> r<strong>ein</strong> egoistische Sache.“ 1<br />

Ebenso sieht es <strong>Stirner</strong> in der Frage der Menschheit, denn sie „sieht nur auf sich, die<br />

Menschheit will nur die Menschheit fördern, die Menschheit ist sich selber ihre Sache“. 2<br />

Darum ist für ihn die Sache der Menschheit <strong>ein</strong>e <strong>–</strong> „r<strong>ein</strong> egoistische Sache“ 3<br />

An alle diese und anderen „glänzenden Beispielen“ 4 , die alle ihre Sache auf Nichts, als sich<br />

selbst gestellt haben, knüpft <strong>Stirner</strong> die programmatische Frag: „...wollt Ihr nicht lernen, daß<br />

der Egoist am besten fährt?“ 5<br />

Er für s<strong>ein</strong>en Teil nimmt sich <strong>ein</strong>e Lehre daran und „will, statt jenen großen Egoisten ferner<br />

uneigennützig zu dienen, lieber selber der Egoist s<strong>ein</strong>“. 6<br />

[214] Damit setzt sich <strong>Stirner</strong> <strong>–</strong> „der Ich der Einzige bin“ 7 <strong>–</strong> an den „Anfang <strong>ein</strong>er neuen<br />

Epoche, in der das je <strong>ein</strong>zige Ich zum Eigner s<strong>ein</strong>er je eigenen Welt wird“ 8 , indem er sich aus<br />

sich selbst schafft.<br />

S<strong>ein</strong>e Selbstkreatürlichkeit wissend <strong>–</strong> „Ich bin [nicht] Nichts im Sinne der Leerheit, sondern<br />

das schöpferische Nichts, das Nichts, aus welchem Ich selbst als Schöpfer Alles schaffe“ 9 <strong>–</strong><br />

wirft er jede fremde Sache über Bord.<br />

„Das Göttliche ist Sache Gottes, das Menschliche Sache ,des Menschen‘. M<strong>ein</strong>e Sache<br />

ist weder das Göttliche noch das Menschliche, ist nicht das Wahre, Gute, Rechte, Freie<br />

usw., sondern all<strong>ein</strong> das M<strong>ein</strong>ige, und sie ist k<strong>ein</strong>e allgem<strong>ein</strong>e, sondern ist <strong>–</strong> <strong>ein</strong>zig, wie<br />

Ich <strong>ein</strong>zig bin.<br />

Mir geht nichts über Mich!“ 10<br />

3. <strong>Hegels</strong> „Ontogenese“ versus <strong>Stirner</strong>s „Ein Menschenleben“<br />

Von diesem Standpunkt aus beginnt <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> nun s<strong>ein</strong>e Fäden zu spinnen und er entwirft<br />

vorerst „die Geschichte der ,alten‘ und ,neuen‘ Welt des Heidentums und des Christentums in<br />

<strong>ein</strong>en endgeschichtlichen Horizont“ 11 , ehe er daran geht, <strong>ein</strong>e neue Zeit <strong>ein</strong>zuläuten, deren<br />

Anfang im „Ich“ liegt.<br />

Daraus ergeben sich für ihn die zwei Abteilungen s<strong>ein</strong>es Werkes: 1. Der Mensch und 2.<br />

Ich.<br />

Löwith weist darauf hin, daß Karl Marx, der dieses Buch heftig kritisiert hat, es „als <strong>ein</strong>e Geschichtskonstruktion<br />

nach dem Muster von Hegel begriffen und dafür im <strong>ein</strong>zelnen [215] den<br />

Nachweis erbracht“ 12 habe. Daß <strong>Stirner</strong> s<strong>ein</strong>e Abkunft von Hegel bekennt, wurde bereits bei<br />

1 EE 3f.<br />

2 EE 4.<br />

3 EE 4.<br />

4 EE 5.<br />

5 EE 5.<br />

6 EE 5.<br />

7 EE 5.<br />

8 Löwith, K.: Von Hegel zu Nietzsche. S. 118.<br />

9 EE 5.<br />

10 EE 5.<br />

11 Löwith, K.: Von Hegel zu Nietzsche. S. 118.<br />

12 Ebd.

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