Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
der Polizei ... nie in irgend <strong>ein</strong>en Conflict gekommen“ 1 ist.<br />
[211]<br />
2. „Ich hab‘ M<strong>ein</strong>‘ Sach‘ auf Nichts gestellt“<br />
Bernd Kast zitiert in s<strong>ein</strong>er Dissertation das Gedicht Goethes „Vanitas: vanitatum vanitas!“<br />
aus den „Geselligen Liedern“, welches mit dem Vers beginnt, „Ich hab‘ m<strong>ein</strong>‘ Sach‘ auf<br />
Nichts gestellt“, und deren erste Verse der letzten Strophe lauten:<br />
„Nun hab ich m<strong>ein</strong> Sach auf Nichts gestellt.<br />
Juchhe!<br />
Und m<strong>ein</strong> gehört die ganze Welt.<br />
Juchhe!“ 2<br />
Er stellt weiter <strong>ein</strong>e Verbindung her zu dem „Schriftsteller und jungdeutschen Publizisten<br />
Karl Grün“ für den „diese Verse Programm zur Verwirklichung der menschlichen Freiheit“ 3<br />
sind:<br />
„Auf Nichts, das heißt auf Alles, was wesentlich und wirklich ist, auf den Menschen, auf die<br />
menschliche Natur, auf das menschliche Bedürfnis, auf den menschlichen Genuß, auf sonst<br />
Nichts, auf gar Nichts!<br />
Und m<strong>ein</strong> gehört die ganze Welt! Wir werden die Herren über alles s<strong>ein</strong>, weil wir die Sklaven<br />
von nichts mehr sind, wir werden Götter und Könige werden, weil von Göttern und Königen<br />
nicht mehr die Rede ist.“ 4<br />
[212] Der Überlieferung nach soll diesen Vers <strong>ein</strong> „Freier“ bei Hippel getrillert haben. 5<br />
In dieser Ausführung von Karl Grün <strong>–</strong> in diesem „Alles im Nichts“ 6 <strong>–</strong> m<strong>ein</strong>t Kast „<strong>ein</strong>e Paraphrase<br />
von <strong>Stirner</strong>s ,Einzigem‘“ 7 herauslesen zu können. Sicher dürfte es s<strong>ein</strong>, daß Karl<br />
Grün <strong>Stirner</strong>s Buch bekannt war, denn auch „Der Einzige und s<strong>ein</strong> Eigentum“ beginnt und<br />
endet mit dem Vers „Ich hab‘ M<strong>ein</strong>‘ Sach‘ auf Nichts gestellt“. 8<br />
Bereits in dem <strong>–</strong> diesem Motto nachgestellten <strong>–</strong> Vorwort gibt uns <strong>Stirner</strong> die Richtung an, in<br />
welche er tendiert. So stellt sich für ihn vorerst die Frage: „Was soll nicht alles M<strong>ein</strong>e Sache<br />
s<strong>ein</strong>! Vor allem die gute Sache, dann die Sache Gottes, die Sache der Menschheit, der Wahrheit,<br />
der Freiheit, der Humanität, der Gerechtigkeit; ferner die Sache M<strong>ein</strong>es Volkes, M<strong>ein</strong>es<br />
Fürsten, M<strong>ein</strong>es Vaterlandes; endlich gar die Sache des Geistes und tausend andere Sachen.<br />
Nur M<strong>ein</strong>e Sache soll niemals M<strong>ein</strong>e Sache s<strong>ein</strong>. ,Pfui über den Egoisten, der nur an sich<br />
denkt!‘“ 9<br />
Wie machen es nun diejenigen „mit ihrer Sache ..., für deren Sache Wir arbeiten, Uns hingeben<br />
und begeistern sollen“? 10 Wie steht es mit den Gottesgelahrten, die „‚die Tiefen der<br />
Gottheit erforscht‘“, wie „steht es mit der Menschheit, deren Sache Wir zur unsrigen machen<br />
sollen?“ 11<br />
Schon hier wird <strong>Stirner</strong>s Aus<strong>ein</strong>andersetzung mit Hegel und den Junghegelianern deutlich,<br />
die er mit <strong>ein</strong>er bis dahin nicht dagewesenen Radikalität betreibt.<br />
[213] Was ist nun die „Sache Gottes“? „Was ist nun s<strong>ein</strong>e Sache? Hat er, wie es Uns zuge-<br />
1 Ebd., S. 128.<br />
2 Goethe, J. W.: Poetische Werke, Bd. 1. Stuttgart 1949 (1806), S. 86 f. in: Kast, B.: Thematik des „Eigners“, S.<br />
217. (vgl. Löwith 1969. Anm. 294.)<br />
3 Kast, B.: Eigner. S. 217.<br />
4 Grün, Karl: Über Göthe vom menschlichen Standpunkte. Darmstadt 1846. S. 256. In: Kast, S. 217.<br />
5 Vgl. Kast, B.: Eigner. S. 217. Anm. 2.<br />
6 Ebd.<br />
7 Ebd., S. 218.<br />
8 EE 3, 412.<br />
9 EE 3<br />
10 EE 3<br />
11 EE 3f.