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erschien nennen menschenähnlichen

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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 11.07.2013<br />

besonderer Stärke und Überzeugungskraft von den Steinen. Er spricht von der Gewohnheit<br />

der brasilianischen Indianer, sich mit farbigem Lehm einzuschmieren, und weist darauf hin,<br />

daß sie zuerst bemerken mußten, wie der Lehm die Haut erfrischt und vor Moskitos schützt,<br />

und erst dann darauf aufmerksam werden konnten, daß der eingeschmierte Körper schöner<br />

wird. „Auch ich glaube, daß der Schmuck aus dem Vergnügen, daß er wie Spiel und Tanz aus<br />

einem Überschuß an Spannkräften hervorgeht, aber die Dinge, die man braucht, um sich zu<br />

schmücken, hat man vorher durch ihren Nutzen kennengelernt.“ „Überall können wir bei unsern“<br />

(d. h. den brasilianischen) „Indianern Methoden, die dem Nutzen, und solche, die der<br />

Verschönerung dienen, einträchtiglich nebeneinander im Gebrauch sehen, und wir haben allen<br />

Grund anzunehmen, daß jene die älteren sind.“ 1<br />

So hat sich der Mensch anfänglich mit Lehm, Fett oder Pflanzensaft eingerieben, weil es<br />

nützlich war. 2 Dann fing der auf diese Weise eingeriebene Körper an, ihm schön zu erscheinen,<br />

und er begann sich um des ästhetischen Genusses willen einzureiben. War dieser Punkt<br />

einmal erreicht, dann <strong>erschien</strong> eine Menge der verschiedenartigsten „Faktoren“, die durch<br />

ihren Einfluß die weitere Evolution der ursprünglichen Kosmetik bedingten. So zum Beispiel<br />

lieben es, nach den Worten Burtons, die [130] Neger vom Stamme Wuashishi (in Ostafrika),<br />

sich den Kopf mit Kalk zu bedecken, dessen weiße Farbe ihre schwarze Haut schön schattiert.<br />

Dieselben Wuashishi lieben aus demselben Grunde Verschönerungen, die aus Nilpferdzähnen<br />

hergestellt sind und sich durch ein blendendes Weiß auszeichnen. 3 Genauso ziehen es<br />

die brasilianischen Indianer, nach den Worten von den Steinens vor, Glasperlen von blauer<br />

Farbe zu kaufen, die schöner als andere auf ihrer Haut hervortreten. 4 Überhaupt hat die<br />

Kontrastwirkung (das Prinzip der Antithese) in ähnlichen Fällen sehr große Bedeutung. 5<br />

Ebenso groß, wenn nicht größer, ist natürlich der Einfluß der Lebensweise der Naturvölker.<br />

Der Wunsch, seinen Feinden möglichst schrecklich zu erscheinen, konnte – neben der oben<br />

erwähnten – eine weitere Ursache des Aufkommens der Gewohnheit sein, den Körper einzureiben<br />

und zu schmücken. „Der Wilde, der zum erstenmal im siegreichen Kampf mit dem<br />

Nebenbuhler oder auf der Jagd sich mit Blut und Schlamm besudelte“, sagt Joest, „wird sicher<br />

bemerkt haben, welch abscheu- und schreckenerregenden Eindruck er hierdurch auf seine<br />

Umgebung machte, die ihrerseits diesen Zufall gewiß nicht vorübergehen ließ, ohne für<br />

eigene Zwecke Nutzen daraus zu ziehen.“ 6<br />

In der Tat, wir wissen, daß sich manche wilden Stämme nach einer erfolgreichen Jagd mit<br />

dem Blute der erlegten Tiere einschmieren. 7 Wir wissen auch, daß sich die Krieger der Naturvölker<br />

mit roter Farbe anstreichen, wenn sie in den Krieg ziehen oder einen Kriegstanz<br />

aufführen wollen. Die unter den Kriegern allmählich aufkommende und zur ständigen Gewohnheit<br />

werdende Sitte, sich rot zu bemalen, nämlich mit der Farbe des Blutes, hatte sicherlich<br />

ihre Ursache auch in ihrem Wunsch, den Frauen zu gefallen, die bei ihrer häuslichen<br />

Lebensweise den Männern mit Verachtung begegnen mußten, die nicht kriegerisch aussaäußerst<br />

stinkend und schmutzig ... Aber sie brauchen diese Öle unbedingt, und werden vom Ungeziefer aufgefressen,<br />

wenn sie ihnen fehlen.“]<br />

1 „Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens“, S. 174; vgl. auch S. 186.<br />

2 „Hier liegen ja auch Beispiele aus dem Tierleben vor“, bemerkt Joest richtig, „Büffel, Elefanten, Nilpferde<br />

usw. nehmen häufig Schlammbäder mit der unverkennbaren Absicht, sich durch den irdnen Panzer vor Fliegen-,<br />

Mücken- usw. Stichen zu schützen. Daß also der Mensch dasselbe tat, bzw. es noch tut, ist naheliegend.“ („Tätowieren,<br />

Narbenzeichnen und Körperbemalen“, Berlin 1887, S. 19.)<br />

3 Burton, „Voyage aux grands lacs de l’Afrique Orientale“, pp. 411-413.<br />

4 L. c., S. 185.<br />

5 Siehe Ratzel, „Völkerkunde“, I, Einleitung, S. 69; Grosse, „[Die] Anfänge der Kunst“, S. 61 ff.<br />

6 Gen. Werk [Joest, „Tätowieren...“ etc.], S. 19.<br />

7 Ratzel, „Völkerkunde“, [1. Auflage,] Bd. II, S. 567.<br />

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