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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 08.07.2013<br />

ableiten, die mit Gewalt aufgestellt, von Unwissenheit eingegeben wurden und immer der<br />

Aufrichtung einer wahren Ordnung hinderlich sein werden?“ (Œuvres, t. III, p. 266).<br />

An einer anderen Stelle sagt er: „Montesquieu ist zu sehr Feudalist, und die Feudalordnung<br />

ist der Gipfel des Unsinns“ (Œuvres, t. III, p. 314).<br />

So findet Helvétius, daß der Feudalismus, d. h. ein ganzes System gesellschaftlicher und politischer<br />

Einrichtungen, der Gipfel des Unsinns sei und folglich seine Entstehung der Unwissenheit<br />

oder, mit anderen Worten, falschen Ideen verdanke. Das Resultat ist: die Welt, sei sie<br />

gut, sei sie schlecht, wird immer von Ideen regiert.<br />

Ich habe früher gesagt, daß wir diese Theorie nicht kritisieren, sondern genau erklären und<br />

ihren Charakter bestimmen wollen. Aber nun, da wir sie kennen, ist es nicht nur erlaubt, sondern<br />

sogar erforderlich, sie einer kritischen Analyse zu unterziehen.<br />

Ist diese Theorie nun richtig oder falsch?<br />

Ist es richtig, daß Menschen, die sich ihrer Interessen nicht bewußt sind, nicht imstande sind,<br />

sie in vernünftiger Weise zu vertreten? Freilich, das ist wahr, unbestreitbar. Ist es wahr, daß<br />

die Unwissenheit der Menschheit viel Schaden zugefügt hat und daß eine gesellschaftliche<br />

und politische Ordnung, die auf Unterdrückung und Ausbeutung des Menschen durch den<br />

Menschen gegründet ist, wie es der Feudalismus war, nur möglich ist, wenn tief verwurzelte<br />

Vorurteile und Unwissenheit herrschen?<br />

Ja, das ist völlig wahr, und ich kann mir nicht vorstellen, wie man eine solche unbezweifelbare<br />

Wahrheit leugnen kann.<br />

Kurz gesagt: Ist es wahr oder nicht, daß die Ideen in dem von Suard festgelegten Sinne großen<br />

Einfluß auf das Tun und Treiben der Menschen haben?<br />

Wer Menschen kennt, wird sagen, das sei nicht zu bezweifeln und nicht zu bestreiten.<br />

Auf diese Weise kommt es gewissermaßen so heraus, als beruhe die [14] idealistische Geschichtsauffassung<br />

auf Wahrheit und als müßten wir sie annehmen.<br />

Ich antworte: ja und nein. Und damit will ich sagen:<br />

Die idealistische Geschichtsauffassung ist richtig in dem Sinne, daß sie einen Teil der Wahrheit<br />

einschließt. Ja, einen Teil der Wahrheit birgt sie in sich. Ideen haben einen sehr großen<br />

Einfluß auf die Menschen. Wir können darum mit Recht sagen, daß Ideen die Welt regieren.<br />

Aber wir haben das Recht zu fragen: Werden nicht die die Welt regierenden Ideen ihrerseits<br />

von irgend etwas gelenkt?<br />

Mit anderen Worten, wir können und müssen uns fragen: Hängen die Ideen und Launen der<br />

Menschen nur vom Zufall ab? Diese Frage stellen heißt schon, sie in negativem Sinne zu lösen.<br />

Nein, die Ideen und Launen der Menschen hängen nicht vom Zufall ab. Ihre Entstehung<br />

und ihre Entwicklung sind Gesetzen unterworfen, die wir studieren können und müssen. Aber<br />

sowie Sie dies einräumen – und wie wäre es möglich, dies nicht einzuräumen? –‚ müssen Sie<br />

zugeben, daß die Ideen, wenn sie die Welt regieren, nicht wie ein höchster Herrscher regieren,<br />

sondern daß sie ihrerseits auch durch irgend etwas gelenkt werden und daß folglich derjenige,<br />

der sich auf die Ideen beruft, bei weitem nicht die grundlegende, tiefste Ursache des<br />

historischen Prozesses aufdeckt.<br />

Es ist also ein Körnchen Wahrheit in der idealistischen Geschichtsauffassung; aber es steckt<br />

in ihr noch nicht die ganze Wahrheit.<br />

Um die ganze Wahrheit zu erfahren, müssen wir die Untersuchung an dem Punkte fortsetzen,<br />

an dem die idealistische Geschichtsauffassung sie abgebrochen hat. Wir müssen versuchen<br />

9

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