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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 11.07.2013<br />

gleich Null setzen. Das erleichtert unsere Aufgabe natürlich bedeutend. Aber sie bleibt trotzdem<br />

sehr kompliziert: zu den nicht zivilisierten Völkern gehören doch ‹sowohl die australischen<br />

als auch die polynesischen Stämme und die ungeheure Mehrzahl der Bewohner Afrikas›<br />

Stämme, die auf sehr verschiedenen Stufen der Wildheit und der Barbarei stehen. Wie<br />

soll man sich in diesem Material zurechtfinden?<br />

Warum betrachten wir die Kunst der Naturvölker gesondert von der Kunst der zivilisierten<br />

Völker? Weil der Einfluß der Technik und Ökonomik bei diesen letzteren in beträchtlichem<br />

Maße durch die Teilung der Gesellschaft in Klassen und durch den daraus entspringenden<br />

Klassenantagonismus verdunkelt wird. Also liefert irgendein Stamm, je weiter [119] er von<br />

dieser Teilung entfernt ist, ein um so geeigneteres Material zu meiner Untersuchung. Welche<br />

Stämme haben aber den größten Abstand von der gesellschaftlichen Ordnung, die den zivilis[ierten]<br />

Völkern eigen ist, das heißt von der Teilung der Gesellschaft in Klassen? Die<br />

Stämme, bei denen die Produktivkräfte am schwächsten entwickelt sind. Durch die geringste<br />

Entwicklung der Produktivkräfte zeichnen sich die sogenannten Jägerstämme aus, die ihre<br />

Existenz durch Fischfang, Jagd und durch Samm[eln] von Früchten und Wurzeln wild wachsender<br />

Pflanzen unterhalten. Ihnen wende ich mich vor allem zu und ebenso denen, die ihnen<br />

ihrer kulturellen Entwicklung nach am nächsten stehen. Die höher stehenden Stämme, zum<br />

Beispiel die afrikanischen Neger, sollen mir nur insoweit dienlich sein, als Beobachtungen an<br />

ihnen die durch das Studium der Jägerstämme gewonnenen Ergebnisse abändern oder bestätigen.<br />

1<br />

Tänze<br />

Ich beginne mit den Tänzen, denen im Leben aller Naturvölker eine sehr große Bedeutung<br />

zukommt.<br />

„Das charakteristische Merkmal des Tanzes ist die rhythmische Ordnung der Bewegungen“,<br />

sagt E. Grosse. „Es gibt keinen Tanz ohne Rhythmus.“ 2 Wir wissen bereits aus dem ersten<br />

Brief, daß die Fähigkeit, die Musikalität des Rhythmus zu bemerken und sich daran zu erfreuen,<br />

in den Eigenschaften der menschlichen (und nicht nur der menschlichen) Natur wurzelt.<br />

Wie tritt diese Fähigkeit im Tanz in Erscheinung? Was bedeuten die rhythmischen Bewegungen<br />

der Tanzenden? In welcher Beziehung stehen sie zu ihrer Lebensweise, zu ihrer<br />

Produktionsweise?<br />

Manchmal sind die Tänze eine einfache Nachahmung tierischer Bewegungen. So zum Beispiel<br />

die australischen Frosch-, Schmetterlings-, Emu-, Dingo-, Känguruhtänze. So auch die<br />

nordamerikanischen Bären- und Bisontänze. Schließlich gehören hierher wahrscheinlich auch<br />

solche Tänze der brasilianischen Indianer wie der Fischtanz und der Fledermaustanz bei dem<br />

Stamm der Bakaïri. 3<br />

In diesen Tänzen tritt die Fähigkeit der Nachahmung zutage. Beim Känguruhtanz ahmt der<br />

Australier alle Bewegungen dieses Tieres in so [120] gelungener Weise nach, daß, wie Eyre<br />

bemerkt, seine Mimik in jeden europäischen Theater einen Beifallssturm hervorrufen würde. 4<br />

... [wie] sie auf den Baum klettert, um das Opossum zu fangen; oder wie sie taucht, um Mu-<br />

1 Siehe unten: „Variante zu S. 1-6 des Manuskripts“ [S. 146/147 des vorl. Bandes]. Die Varianten werden hier<br />

und fernerhin nach den entsprechenden Aufsätzen oder Fragmenten gebracht. Red. L. N.<br />

2 [E. Grosse,] „[Die] A[nfänge] d[er] K[unst]“, S. 198.<br />

3 Von den Steinen, „Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens“, S. 300.<br />

4 „Journal of Expeditions of Discovery“, t. II, p. 223. – Im Manuskript fehlen Seite 9-11. Sie werden zum Teil<br />

ergänzt in den weiter unten gedruckten Exzerpten der Vorlesungen über die Kunst (siehe erste Vorlesung des<br />

dritten Zyklus und ihre Variante). Red. L. N.<br />

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