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erschien nennen menschenähnlichen

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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 11.07.2013<br />

schiedene Szenen aus dem Jägerleben? 1 Die Tschuktschen haben sich natürlich zuerst mit der<br />

Jagd befaßt und sind dann erst darangegangen, ihre Jagd in Zeichnungen darzustellen. Wenn<br />

die Buschmänner fast ausschließlich Tiere darstellen: Pfauen, Elefanten, Flußpferde, Strauße<br />

usw. 2 , so kommt das ebenfalls daher, daß die Tiere eine ungeheuere, entscheidende Rolle in<br />

ihrem Jägerleben spielen. Zuerst trat der Mensch zu den Tieren in bestimmte Beziehungen (er<br />

begann sie zu jagen), und dann erst – und eben weil er zu ihnen in solche Beziehungen trat –<br />

entstand bei ihm der Trieb, diese Tiere zu zeichnen. Was ging wem voraus: die Arbeit der<br />

Kunst oder die Kunst der Arbeit?<br />

Nein, geehrter Herr, ich bin fest davon überzeugt, daß wir in der Geschichte der urzeitlichen<br />

Kunst einfach gar nichts verstehen werden, wenn wir nicht von dem Gedanken durchdrungen<br />

sind, daß die Arbeit älter ist als die Kunst und daß überhaupt der Mensch zuerst die Gegenstände<br />

und Erscheinungen vom utilitaristischen Standpunkt aus betrachtet und sich erst in<br />

der Folge, in seinem Verhältnis zu ihnen, auf den ästhetischen Standpunkt stellt.<br />

Viele, nach meiner Meinung ganz überzeugende Beweise dieses Gedankens, werde ich erst<br />

im folgenden Briefe bringen, den ich indes mit einer Behandlung der Frage beginnen muß,<br />

inwiefern dem modernen Stand unserer ethnologischen Kenntnisse das alte, allgemein bekannte<br />

Schema entspricht, das die Völker in Jäger-, Hirten- und Ackerbauvölker einteilt.<br />

[115]<br />

Sehr geehrter Herr!<br />

Vierter Brief<br />

(Dritter Brief) 3<br />

In den vorhergehenden Briefen habe ich nicht selten die Ausdrücke „ Jägervölker“, „niedere<br />

Jägerstämme“ usf. gebraucht. War ich berechtigt, sie zu gebrauchen? Anders ausgedrückt, ist<br />

jenes allgemein bekannte alte Schema befriedigend, nach dem die Völker in Jäger-, Hirtenund<br />

Ackerbauvölker eingeteilt werden?<br />

Viele denken heutzutage, es sei völlig unbefriedigend. Zu diesen vielen gehört Bücher. Er<br />

sagt, das besagte Schema gründe sich auf die stillschweigende Annahme, daß der Urmensch<br />

mit der tierischen Nahrung begann und erst allmählich zur Pflanzennahrung überging. In<br />

Wirklichkeit begann der Mensch jedoch mit der Verwendung der pflanzlichen Nahrung: er aß<br />

Früchte, Beeren, Wurzeln. Die natürliche Ergänzung dieser Pflanzennahrung waren kleine<br />

Tiere: Muscheln, Würmer, Käfer, Ameisen usw. „Sucht man von da“, fährt Bücher fort, „den<br />

Übergang zur nächsten Stufe, so sagt uns einige Überlegung, daß es nicht schwer gewesen<br />

sein kann, die Erfahrung zu machen, daß eine vergrabene Knolle oder Nuß eine neue Pflanze<br />

liefert – gewiß nicht schwerer, als Tiere zu zähmen oder Angelhaken, Bogen und Pfeil zu<br />

erfinden, welche zum Übergang auf die Jagd nötig waren.“ 4 Weiter spricht Bücher seine<br />

Überzeugung aus, daß die nomadischen Hirtenvölker als verwilderte Ackerbauern angesehen<br />

werden müssen, und fügt hinzu, daß sich, wenn man vom äußersten Norden absieht, auch<br />

heutzutage kein Volk finden lasse, bei dem die Pflanzennahrung nicht einen beträchtlichen<br />

Teil der Nahrung bildet. An einer anderen Stelle sagt er, der Gang der ökonomischen Entwicklung<br />

hänge bei den Naturvölkern ganz vom geographischen Milieu ab, und deshalb sei<br />

1 Nordenskjöld, Bd. II, S. 132, 133, 135.<br />

2 Fritsch, „Die Eingeborenen Süd-Afrikas“, I, 426.<br />

3 Die Überschrift stammt von G. W. Plechanow. Die Redaktion des Sammelbandes „Literarischer Nachlaß G.<br />

W. Plechanows“. Weiterhin wird überall in den Fußnoten die Redaktion des Sammelbandes „Literarischer<br />

Nachlaß G. W. Plechanows“ abgekürzt mit „Red. L. N.“ bezeichnet. Die Red.<br />

4 [Bücher,] „Vier Skizzen aus dem Gebiet der Volkswirtschaft“, St. Petersburg 1898, S. 111/12. [Zit. Werk, S. 43.]<br />

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