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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 11.07.2013<br />

junge Tier auf seine künftige Tätigkeit vorbereitet, geht es ihr voran, und Groos will nicht<br />

zugeben, daß das Spiel ein Kind der Arbeit ist: er sagt, daß umgekehrt die Arbeit ein Kind des<br />

Spiels ist. 1<br />

Das ist, wie Sie sehen, die Ansicht, der wir schon bei Bücher begegnet sind. Deshalb bezieht<br />

sich alles, was ich über die wahre Beziehung der Arbeit zum Spiel gesagt habe, voll und ganz<br />

auch darauf. Aber Groos tritt an diese Frage von einer anderen Seite heran: er hat vor allem<br />

die Spiele der Kinder und nicht die der Erwachsenen im Auge. Wie stellt sich uns die Sache<br />

dar, wenn auch wir sie, wie Groos, unter diesem Gesichtspunkt betrachten?<br />

Nehmen wir wieder ein Beispiel. Eyre sagt 2 , die Kinder der australischen Eingeborenen spielen<br />

oft Krieg und werden zu solchem Spiel von den Erwachsenen sehr angehalten, da es die<br />

Geschicklichkeit der künftigen Krieger entwickelt. Das sehen wir auch bei den Indianern<br />

Nordamerikas, bei denen an solchem Spiel manchmal viele Hunderte von Kindern unter der<br />

Leitung erfahrener Krieger teilnehmen. Nach den Worten Catlins bilden derartige Spiele bei<br />

den Indianern das Hauptfach ihres [102] Erziehungssystems. 3 Hier haben wir einen markanten<br />

Fall jener Vorbereitung der jungen Individuen zu ihrer künftigen Lebenstätigkeit vor uns,<br />

von der Groos spricht. Aber bestätigt dieser Fall seine Theorie? Ja und nein! Das bei den von<br />

mir erwähnten primitiven Völkern vorhandene „Erziehungssystem“ führt dazu, daß im Leben<br />

der Individuen das Kriegsspiel der wirklichen Teilnahme am Kriege vorangeht. 4 Es ergibt<br />

sich folglich, daß Groos recht hat: vom Standpunkt der einzelnen Person besteht das Spiel<br />

wirklich vor der utilitaristischen Tätigkeit. Warum hat sich aber bei den genannten Völkern<br />

ein solches Erziehungssystem herausgebildet, bei dem das Kriegsspiel einen so großen Platz<br />

einnimmt? Es ist begreiflich, warum: weil es ihnen äußerst wichtig ist, gut ausgebildete Krieger<br />

zu haben, die von Kindheit auf an die verschiedenen kriegerischen Übungen gewöhnt<br />

sind; vom Gesichtspunkt der Gesellschaft (der Sippe) stellt sich nämlich die Sache in einem<br />

ganz anderen Lichte dar: zuerst der wirkliche Krieg und das aus ihm geborene Bedürfnis an<br />

guten Kriegern, und dann das Kriegsspiel zur Befriedigung dieses Bedürfnisses. Mit anderen<br />

Worten: vom Standpunkt der Gesellschaft besteht die utilitaristische Tätigkeit vor dem Spiel.<br />

Ein anderes Beispiel. Die australische Frau stellt im Tanze unter anderem auch dar, wie sie<br />

aus der Erde die zur Nahrung dienenden Pflanzenwurzeln ausreißt. 5 Diesen Tanz sieht ihre<br />

Tochter, und aus dem den Kindern eigenen Nachahmungstrieb reproduziert sie die Körperbewegungen<br />

ihrer Mutter. 6<br />

Das tut sie in einem Alter, wo sie sich noch nicht ernstlich mit der Nahrungssuche zu beschäftigen<br />

hat. Also geht in ihrem Leben das Spiel (der Tanz) des Herausreißens der Wurzeln<br />

ihrem wirklichen Herausreißen voraus; für sie ist das Spiel älter als die Arbeit. Aber im Leben<br />

der Gesellschaft ging das wirkliche Herausreißen der Wurzeln natürlich der Reproduktion<br />

dieses Prozesses in den Tänzen der Erwachsenen und in den Spielen der Kinder voraus.<br />

1 Ebenda, S. 125.<br />

2 [E. J. Eyre,] „Manners and Customs of the Aborigines of Australia“, p. 228.<br />

3 Catlin, „Letters and Notes on the Manners, Customs and Condition of the North American Indians“, I, 131.<br />

4 Letourneau, „L’évolution littéraire dans les diverses races humaines“, Paris 1894, p. 34.<br />

5 „An other favourite amusement among the children is to practise the dances and songs of the adults.“ [„Ein<br />

anderes Lieblingsvergnügen der Kinder ist die Nachahmung der Tänze und Gesänge der Erwachsenen.“] Eyre,<br />

op. cit., p. 227.<br />

6 „Les jeux des petits sont l’imitation du travail des grands.“ [„Die Spiele der Kleinen sind eine Nachahmung<br />

der Arbeit der Großen.“] „Dernier journal du docteur David Livingstone“, t. II, p. 267.<br />

„... der Zeitvertreib der Mädchen besteht in der Nachahmung der Arbeiten ihrer Mütter... Die Knaben spielen<br />

mit ... Bogen und Pfeilen“ („Forschungen am Sambesi“ von David und Charles Livingstone). „The amusements<br />

of the natives are various but they generally have a reference to their future occupations“ [„Die Vergnügungen<br />

der Eingeborenen sind mannigfaltig, aber sie haben immer eine Beziehung zu ihren zukünftigen Beschäftigungen.“],<br />

Eyre, p. 227.<br />

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