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erschien nennen menschenähnlichen

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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 11.07.2013<br />

Hier sehen wir die Vereinigung des Spiels (Tanzes) mit der Arbeit; aber diese Verbindung<br />

verdeckt nicht die wahre Verkettung der Erscheinungen. Wenn Sie nicht glauben, daß die<br />

Bagobos ihre Spaten ursprünglich nur zum Zeitvertreib in die Erde stießen und Reis säten<br />

und erst in der Folge mit der Bearbeitung des Bodens begannen, um ihre Existenz zu unterhalten,<br />

so müssen Sie zugeben, daß die Arbeit in diesem Falle älter ist als das Spiel und daß<br />

das Spiel unter jenen besonderen Bedingungen entstanden ist, unter denen die Aussaat bei<br />

den Bagobos vor sich geht. Das Spiel ist ein Kind der Arbeit, die ihm zeitlich vorangeht.<br />

Beachten Sie, daß die Tänze selbst in derartigen Fällen eine einfache Wiedergabe der Körperbewegungen<br />

des Arbeiters sind. Zur Bestätigung dessen berufe ich mich auf Bücher<br />

selbst, der in seinem Buche „Arbeit und Rhythmus“ 1 ebenfalls sagt, daß „viele Tänze der<br />

Naturvölker nichts anderes sind als bewußte Nachahmungen bekannter Arbeitsvorgänge...<br />

Bei diesen mimischen Aufführungen muß also doch notwendig die Arbeit früher vorhanden<br />

gewesen sein als der Tanz.“ 2 Ich kann einfach nicht verstehen, wie Bücher nach diesen Worten<br />

noch behaupten kann, das Spiel sei älter als die Arbeit.<br />

Man kann überhaupt ohne jede Übertreibung behaupten, das Buch „Arbeit und Rhythmus“<br />

widerlegt durch seinen ganzen Inhalt völlig und in glänzender Weise jene Ansicht Büchers<br />

über das Verhältnis von Spiel und Kunst zur Arbeit, mit der ich mich gegenwärtig auseinandersetze.<br />

Es ist höchst verwunderlich, wie Bücher diesen schreienden und in die Augen fallenden<br />

Widerspruch selbst nicht bemerkt.<br />

Ihn hat offensichtlich jene Theorie des Spiels irregeführt, die vor kurzem der Gießener Professor<br />

Karl Groos der gelehrten Welt vorgesetzt hat. 3 Deshalb wird es nicht nutzlos sein,<br />

wenn wir uns mit der Theorie von Groos beschäftigen.<br />

Wie Groos meint, wird die Auffassung vom Spiel als Erscheinung überschüssiger Kraft durch<br />

die Tatsachen nicht völlig bestätigt. Junge Hunde spielen miteinander bis zur völligen Erschöpfung<br />

und beginnen das Spiel von neuem nach einer ganz kurzen Pause, die ihnen keinen<br />

Überschuß [101] an Kräften bringt, sondern nur ein Quantum, das gerade ausreicht, ihr ergötzliches<br />

Tun wieder aufzunehmen. Genauso vergessen auch unsere Kinder, sind sie auch<br />

noch so müde, zum Beispiel nach einem langen Spaziergang, sofort ihre Müdigkeit, sobald<br />

sie anfangen zu spielen. Sie brauchen kein langes Ausruhen und kein Anhäufen überschüssiger<br />

Kraft: „... es ist einfach die dämonische Gewalt des Instinktes selbst, der nach Betätigung<br />

drängt und sie erzwingt – nicht nur wenn und so lange (bildlich gesprochen) das Gefäß überläuft,<br />

sondern selbst dann, wenn auch nur ein letztes Tröpfchen darin ist.“ 4 Überschuß an<br />

Kraft ist nicht die conditio sine qua non 5 des Spiels, sondern nur eine sehr günstige Bedingung.<br />

Doch selbst wenn es nicht so wäre, würde die Theorie Spencers (Groos nennt sie die Theorie<br />

Schiller-Spencer) unzulänglich sein. Sie bemüht sich, uns die physiologische Bedeutung des<br />

Spiels zu erklären, aber sie erklärt nicht seine biologische Bedeutung. Und diese Bedeutung<br />

ist sehr groß. Die Spiele, namentlich die Spiele junger Tiere, haben ein ganz bestimmtes biologisches<br />

Ziel. Bei Menschen wie bei Tieren dienen die Spiele der jungen Einzelwesen der<br />

Übung von Eigenschaften, die den Einzelindividuen und der ganzen Gattung nützlich sind. 6<br />

Das Spiel bereitet das junge Tier auf seine künftige Lebenstätigkeit vor. Und eben weil es das<br />

1 Leipzig 1896, S. 79.<br />

2 Ebenda.<br />

3 In dem Buch „Die Spiele der Tiere“, Jena 1896.<br />

4 „Die Spiele der Tiere“, S. 18. [Hervorhebung von Groos.]<br />

5 Bedingung, ohne welche ein Ereignis (ein Zustand) nicht eintreten kann; unerläßliche, nicht wegzudenkende<br />

Voraussetzung.<br />

6 Ebenda, S. 19/20.<br />

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