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erschien nennen menschenähnlichen

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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 23.07.2013<br />

doch alles so verhaßt, was auch nur im entferntesten nach „friedlicher Revolution“ aussieht. 1<br />

Aber da die extremen Bestrebungen, die sich [941] nur auf die „Dummheit“ und den „sinnlosen<br />

Zufall“ stützen, alle Voraussetzungen dafür haben, daß sie nicht verwirklicht werden<br />

können, so müssen die Leute vom Schlage des Herrn Falk schon deshalb beim ersten Konflikt<br />

mit dem Leben „enttäuscht werden“. Nachdem sie „enttäuscht worden sind“, beginnen<br />

sie, an die Adresse der „Masse“ Liebenswürdigkeiten loszulassen wie die, von denen die<br />

oben angeführten Auszüge aus den Gedichten von Kasprowicz einen Begriff geben. Sie verachten<br />

die „Majorität“ nicht weniger als der Doktor Stockmann. Indes, in ihren Angriffen<br />

gegen diese liegt nicht mehr und kann auch nicht mehr die Naivität liegen, die den Angriffen<br />

des Doktors Stockmann eigen ist. Sie haben Gelegenheit gehabt, das kennenzulernen, was<br />

Stockmann unbekannt war, und sie haben begriffen, daß keiner gegenüber der Arbeiterbewegung<br />

teilnahmslos bleiben kann, sondern daß man entweder entschlossen zu ihnen übergehen<br />

oder ebenso entschlossen sich gegen sie wenden muß. Es versteht sich von selbst, daß sie als<br />

Enttäuschte nur die letztere Wahl treffen können.<br />

III<br />

Wenn wir nach all dem Gesagten zu dem Stück „An des Reiches Pforten“ zurückkehren, so<br />

werden wir ohne Mühe sehen, woher die „freien Ideen“ Ivar Karenos stammten. Sie sind das<br />

negative ideologische Produkt des Klassenkampfes in der modernen kapitalistischen Gesellschaft.<br />

Hierbei ist natürlich nicht anzunehmen, daß jeder einzeln für sich genommene Vertreter<br />

der uns hier interessierenden Gesellschaftsschicht beide angegebenen Phasen der persönlichen<br />

Entwicklung durchmacht. Nein, ich habe ein allgemeines Schema aufgestellt, das bei<br />

weitem nicht [942] immer auf jeden Einzelfall anwendbar ist. So kommt es zum Beispiel<br />

durchaus nicht immer vor, daß jemand zuerst mit der Arbeiterbewegung sympathisiert, um<br />

dann am Schluß Verachtung und Haß dafür zu haben. Sehr oft, und wahrscheinlich in den<br />

meisten Fällen, macht der heutige Proletarier der geistigen Arbeit in bezug auf das Proletariat<br />

weder positive noch negative leidenschaftliche Stimmungen durch, sondern macht sich von<br />

frühester Jugend an ohne Leidenschaft und gelassen all die Vorurteile zu eigen, wie sie im<br />

Durchschnitt bei der Bourgeoisie hinsichtlich des Proletariats gang und gäbe sind. Hierbei<br />

denke ich besonders an den westlichen Proletarier der geistigen Arbeit. Manchmal ist es der<br />

Fall, daß er sogleich von der negativen Einstellung der „Enttäuschten“ durchdrungen ist.<br />

Dann beginnt er sogleich mit dem, womit Kasprowicz endete: mit wütenden Diatriben an die<br />

Adresse der „mißgünstigen“ Arbeiter,,masse“. Man kann glauben, daß Knut Hamsun uns in<br />

der Person des Ivar Kareno gerade einen von diesen Lästerern des heutigen Proletariats vorführt.<br />

In allem, was Kareno sagt, findet sich nicht die geringste Andeutung, daß er früher<br />

einmal mit der Arbeiterbewegung sympathisiert habe. In seinem bewußten Leben hat er diese<br />

sozusagen immer leidenschaftlich gehaßt. Freilich ist Kareno Bürger eines Landes, in wel-<br />

1 Wie allgemein bekannt ist, hat sich ein beträchtlicher Teil unserer Dekadenten vor einigen Jahren unserer<br />

Arbeiterbewegung angeschlossen, wobei sie in die Fraktion eintraten, die ihnen als am weitesten „links“ stehend<br />

<strong>erschien</strong>: Herr Minski war [941] Redakteur der „Nowaja Shisn“; Balmont erklärte sich um diese Zeit für einen<br />

Schmied, der in den Spalten der gleichen Zeitung Verse schmiedete, usw. Es ist auch allgemein bekannt, daß<br />

diese Herrschaften in die genannte Fraktion die ihnen eigenen bürgerlichen ideologischen Vorurteile hineinbrachten.<br />

Diese Fraktion hat sich bis auf den heutigen Tag weder von den „Proletariern“ dieses Kalibers noch<br />

von der für sie so charakteristischen scheinrevolutionären Taktik völlig loslösen können. Aber zu ihrer Ehre<br />

muß man sagen, daß sie schon einige wichtige Schritte getan hat, um damit zu brechen. Was im besonderen<br />

unseren Autor betrifft, so hat er, wie aus einem in der „Retsch“ (vom 1. September 1909) <strong>erschien</strong>enen Feuilletonartikel<br />

unter dem Titel „Ausschnitt aus dem Leben Knut Hamsuns“ hervorgeht, ebenfalls für die „extreme“<br />

Lehre geschwärmt: er hat mit den Anarchisten sympathisiert. Folglich ist er keine Ausnahme von der von mir<br />

angegebenen allgemeinen Regel. Knut Hamsun war nicht immer ein „Proletarier der geistigen Arbeit“. Er war<br />

früher einmal Handlungsgehilfe (in Gjövik in Norwegen). Eine solche gesellschaftliche Mittelstellung trägt am<br />

meisten bei zu den politischen und allen anderen Schwankungen zwischen Bourgeoisie und Proletariat.<br />

9

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