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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 11.07.2013<br />

Die große Bedeutung, die dieser Kampf ums Dasein mit gemeinsamen Kräften für die Indianer<br />

hat, geht auch aus der starken Verbreitung der [87] gemeinsamen Jagd und des gemeinsamen<br />

Fischfangs hervor. 1 Offenbar sind aber solche Fischzüge und Jagden bei den Indianern<br />

Südamerikas noch stärker verbreitet. Ich verweise als Beispiel auf die brasilianischen Bororo,<br />

deren Fortbestehen, den Worten von den Siemens zufolge, nur durch das beständige Zusammenhalten<br />

des männlichen Teils des Stammes aufrechterhalten wurde, der oft sehr ausgedehnte<br />

gemeinschaftlich Jagden unternahm. 2 Und sehr würde sich jener irren, der etwa sagte,<br />

die gemeinsamen Jagden hätten ihre außergewöhnlich große Bedeutung im Leben der amerikanischen<br />

Indianer erst dann gewonnen, als diese Indianer die niedere Stufe der Lebensweise<br />

als Jäger bereits hinter sich hatten. Als eine der wichtigsten kulturellen Errungenschaften der<br />

Eingeborenen der Neuen Welt muß man natürlich den Ackerbau ansehen, mit dem sich mit<br />

mehr oder weniger großem Eifer und mit mehr oder weniger großer Ausdauer sehr viele<br />

Stämme beschäftigten. Aber der Ackerbau konnte die Bedeutung der Jagd in ihrem Leben<br />

überhaupt und folglich der Jagd mit gemeinsamen Kräften vieler Mitglieder des Stammes im<br />

besonderen nur schwächen. Deshalb muß man die gemeinsamen Jagden der Indianer als eine<br />

natürliche und sehr charakteristische Schöpfung gerade ihres Jägerlebens betrachten.<br />

Der Ackerbau hat jedoch den Anteil der Kooperation im Leben der primitiven Stämme Amerikas<br />

nun auch nicht verringert. Bei weitem nicht! Wenn die gemeinsamen Jagden mit dem<br />

Aufkommen des Ackerbaus bis zu einem gewissen Grade ihre Wichtigkeit verloren, so schuf<br />

die Bearbeitung der Felder doch ein neues und sehr weites Gebiet der Kooperation: bei den<br />

amerikanischen Indianern werden sie (oder wurden sie wenigstens) gemeinschaftlich durch<br />

die Frauen bearbeitet, denen der Ackerbau als Aufgabe zufällt. Hinweise darauf finden sich<br />

schon bei Lafitau. 3 Die moderne amerikanische Ethnologie läßt in dieser Beziehung nicht den<br />

geringsten Zweifel aufkommen; ich berufe mich bloß [88] auf die von mir oben angeführte<br />

Arbeit von Powell: „The Wyando Government“. „Die Bearbeitung der Felder geschieht bei<br />

ihnen gemeinschaftlich“, sagt Powell, „d. h., alle arbeitsfähigen Frauen nehmen an der Bearbeitung<br />

jedes einzelnen Familienabschnittes teil.“ 4 Ich könnte eine Menge Beispiele anführen,<br />

die auf die große Bedeutung der gesellschaftlichen Arbeit im Leben der primitiven Völker<br />

anderer Kontinente hinweisen, aber aus Raummangel muß ich mich mit dem Hinweis auf<br />

die gemeinsamen Fischfänge bei den Neuseeländern begnügen.<br />

Mit den vereinten Kräften des ganzen Blutsverbandes haben die Neuseeländer mehrere tausend<br />

Fuß lange Netze hergestellt und im Interesse aller Mitglieder der Sippe benutzt. „Dieses<br />

System der gegenseitigen Hilfe“, sagt Pollak, „gründete sich augenscheinlich auf ihre ganze<br />

primitive gesellschaftliche Ordnung und existierte von der Schöpfung der Welt (from the<br />

creation) bis auf unsere Tage.“ 5 Das Gesagte, glaube ich, genügt zur kritischen Würdigung<br />

des von Bücher entworfenen Bildes der Lebensweise der Wilden. Die Tatsachen legen mit<br />

genügender Überzeugungskraft dar, daß bei den Wilden nicht die individuelle Nahrungssuche<br />

vorherrscht, von der Bücher spricht, sondern jener Kampf ums Dasein mit den vereinten<br />

Daraus folgt, daß man die Erklärung des seltenen Vorkommens der Adoption bei den Swanen in etwas anderem<br />

zu suchen hat, aber durchaus nicht in der Stärke der Sippe.<br />

1 Vgl. die Beschreibung der gemeinsamen Bisonjagd bei O. G. Catlin, „Letters and Notes on the Manners,<br />

Customs and Condition of the North American Indians“, London 1842, t. I, S. 199 ff.<br />

2 [Von den Steinen,] „Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens“, Berlin 1894, S. 481: „Der Lebensunterhalt<br />

konnte nur erworben werden durch die geschlossene Gemeinsamkeit der Mehrheit der Männer, die vielfach<br />

lange Zeit miteinander auf Jagd abwesend sein mußte, was für den einzelnen undurchführbar gewesen wäre.“<br />

3 [Lafitau,] „Les mœurs des sauvages...“, II, 77. Vgl. Heckewelder, „Histoire des Indiens“ etc., p. 258.<br />

4 Es ist fast überflüssig, hinzuzufügen, daß die Parzellen nicht das Eigentum der einzelnen Familien bilden,<br />

sondern sich nur in ihrer Nutzung befinden und ihnen durch den Sippenrat zugeteilt werden, der, nebenbei bemerkt,<br />

aus Frauen besteht. Powell, ibid., p. 65.<br />

5 [Pollack,] „Manners and Customs of the New-Zealanders“, vol. II, p. 107.<br />

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