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erschien nennen menschenähnlichen

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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 23.07.2013<br />

Die Propaganda der „Empörung des Menschengeistes“ hat etwas Hohes und Anziehendes in<br />

das künstlerische Schaffen Ibsens hineingetragen. Doch während er die „Empörung“ predigte,<br />

wußte er eigentlich selbst nicht, wohin sie führen sollte. Deshalb schätzte er, wie es stets<br />

in ähnlichen Fällen vorkommt, die Empörung um ihrer selbst willen. Schätzt aber jemand die<br />

Empörung nur, weil sie Empörung ist, weiß er selbst nicht, wohin sie eigentlich führen soll,<br />

dann nimmt seine Predigt naturgemäß den Charakter von etwas Nebelhaftem an. Denkt er<br />

dabei in Gebilden und Gestalten, ist er ein Künstler, dann führt das Nebelhafte seiner Predigt<br />

notwendigerweise zu ungenügender Bestimmtheit seiner künstlerischen Gebilde. In das von<br />

ihm geschaffene Kunstwerk dringt ein Element des Abstrakten, Schematischen ein. Und eben<br />

dieses negative Element ist es, das in allen Ibsenschen Ideendramen – zu ihrem großen Nachteil<br />

– zu finden ist.<br />

Nehmen wir zum Beispiel seinen „Brand“. Doumic nennt Brands Moral revolutionär. Und sie<br />

ist es zweifellos, solange sie sich gegen die bour-[877]geoise Trivialität und Halbheit „empört“.<br />

Brand ist ein unversöhnlicher Feind alles Opportunismus, und von dieser Seite sieht er<br />

in der Tat einem Revolutionär sehr ähnlich. Doch ist das nur eine äußere Ähnlichkeit, dazu<br />

noch eine einseitige. Hören wir ihn selbst:<br />

„Kommt denn, ihr, die frisch und jung,<br />

Fort aus dieser Niederung,<br />

Abzustäuben, abzuschütteln<br />

Staub von Schuhen und von Kitteln;<br />

Folget meinem Siegeszug!<br />

Aus sei es mit Lug und Trug! – –<br />

Freiheit habt ihr euch erkoren!<br />

Fort, zerreißt die feigen Pakte!<br />

Fort mit Jammer, fort mit Not!<br />

Aus der Halbheit neu geboren,<br />

Schlagt den Feind, der euch verschworen<br />

Krieg auf Leben und auf Tod !“ 1<br />

Das ist nicht übel gesagt. Revolutionäre applaudieren solchen Reden gerne. Doch wo steckt<br />

jener „Feind“, den man mit aller Macht schlagen soll? Wofür soll eigentlich „auf Leben und,<br />

auf Tod“ mit ihm gekämpft werden? Worin beruht jenes „Alles“, dem in Brands hinreißender<br />

Predigt das „Nichts“ gegenübergestellt wird? Brand selbst weiß das nicht. Deshalb kann er<br />

der Menge, die ihm zuruft: „Zeig uns den Weg, wir sind bereit!“ auch nichts anderes bieten,<br />

als folgendes Aktionsprogramm:<br />

„Aus dem Gifthauch des Bezirkes,<br />

Durch die Wüste des Gebirges,<br />

Durch das Land hin, ziehn wir weit;<br />

Lösen alle Geistesschlingen,<br />

Drin das Volk gefesselt schmachtet,<br />

Läutern, leuchten, wo es nachtet. –<br />

Alle Menschen werden Priester,<br />

Aufgehellt wird jedes Düster,<br />

Neu geprägt der matte Stempel,<br />

Und die Erde Gottes Tempel !“ 2<br />

Betrachten wir nun das Resultat.<br />

Brand fordert seine Hörer auf, die Bande des Kompromisses zu sprengen und energisch ans<br />

Werk zu gehen. Worin nun soll das Werk bestehen? In der Läuterung, Erleuchtung der Seelen,<br />

1 [Henrik Ibsens gesammelte Werke, Leipzig, Philipp Reclam jun., Zweiter Band, „Brand“, S. 148/149.]<br />

2 [Ebenda, S. 149.]<br />

2

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