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erschien nennen menschenähnlichen

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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 11.07.2013<br />

eigenen Gebrauch wie auch zum Tauschhandel mit Nachbarstämmen. 1 Kapitän Ribeiro hat<br />

sogar behauptet, die Weddas äßen überhaupt kein frisches Fleisch, vielmehr schnitten sie es<br />

in Stücke, bewahrten es in Baumhöhlen auf und rührten ihren Vorrat erst nach Ablauf eines<br />

Jahres an. 2 Das ist wahrscheinlich übertrieben, aber auf jeden Fall bitte ich Sie nochmals,<br />

sehr geehrter Herr, zu beachten, daß die Weddas, ebenso wie die Buschmänner, die Meinung<br />

Büchers, die Wilden sammelten keine Vorräte, durch ihr Beispiel ganz entschieden widerlegen.<br />

Ist doch für Bücher die Anlegung von Vorräten eines der unbezweifelbarsten Kennzeichen<br />

einer Wirtschaft.<br />

Die Bewohner der Andamaneninseln, die Minkopies 3 , stehen ihrer kulturellen Entwicklung<br />

nach kaum höher als die Weddas, aber auch sie leben in Clans und unternehmen oft gemeinschaftliche<br />

Jagden. Alles, was die ledige Jugend erbeuten konnte, ist gemeinsames Eigentum<br />

und wird nach den Anweisungen des Clanhäuptlings verteilt. Leute, die an der Jagd nicht<br />

teilgenommen haben, erhalten ihren Anteil an der Beute trotzdem, denn man nimmt an, irgendeine<br />

Arbeit habe sie verhindert, an der Jagd teilzunehmen, eine Arbeit, die im Interesse<br />

der ganzen Gemeinschaft verrichtet wurde. Nach der Rückkehr ins Lager setzen sich die Jäger<br />

ums Feuer, und dann beginnt ein Gelage mit Tänzen und Liedern. An diesem Gelage<br />

nehmen auch solche Pechvögel teil, die auf der Jagd selten etwas erlegen, und sogar ausgemachte<br />

Faulenzer, die es vorziehen, ihre Zeit mit Müßiggang zu verbringen. 4 Sieht das alles<br />

nach „individueller Nahrungssuche“ aus; kann man angesichts all dessen sagen, daß die<br />

Blutsverbände der Minkopies das Leben der einzelnen Individuen nicht erleichtern? Nein! Im<br />

Gegenteil, man muß sagen: das die Lebensweise der Minkopies betreffende empirische Material<br />

stimmt durchaus nicht mit dem uns bekannten „Bilde“ Büchers überein.<br />

Um die Lebensweise der niederen Jägerstämme zu charakterisieren, [85] entlehnt Bücher bei<br />

Schadenberg die Beschreibung der Lebensweise der Negritos der Philippinen. Wer aber den<br />

Aufsatz Schadenbergs 5 aufmerksam durchliest, der wird sich überzeugen, daß auch die Negritos<br />

nicht einzeln für sich um das Dasein kämpfen, sondern mit den vereinten Kräften des<br />

Blutsverbandes. Ein spanischer Geistlicher, den Schadenberg als Zeugen anführt, sagt, daß<br />

bei den Negritos „Vater, Mutter und Kinder, jedes mit seinen Pfeilen ausgerüstet ist und daß<br />

sie gemeinsam auf die Jagd gehen“. Auf Grund dessen könnte man denken, daß sie, wenn<br />

schon nicht einzeln für sich, so doch in kleinen Familien leben. Aber auch das stimmt nicht.<br />

„Die Familie“ der Negritos ist ein Blutsverband, der 20 bis 80 Menschen umfaßt. 6 Die Mitglieder<br />

eines solchen Verbandes ziehen geschlossen unter der Führung eines Häuptlings umher,<br />

der die Lagerplätze aussucht, die Zeit des Aufbruchs bestimmt usw. Tags sitzen die Greise,<br />

Kranken und Kinder um ein großes Lagerfeuer, während die erwachsenen und gesunden<br />

Mitglieder des Clans im Walde jagen. Nachts liegen sie alle nebeneinander ausgestreckt um<br />

dasselbe Feuer. 7<br />

Nicht selten ziehen übrigens auch die Kinder und, was besonders zu beachten ist, die Frauen<br />

auf die Jagd. In solchen Fällen gehen sie alle zusammen, „ähnlich einer Orang-Utan-Herde,<br />

1 Ebenda, Bd. II, S. 440.<br />

2 „Histoire de l’isle de Ceylon, écrite par le capitaine J. Ribeiro et présentée au roi de Portugal en 1685“, trad.<br />

par mr. l’abbé Legrand, Amsterdam MDCCXIX, p. 179.<br />

3 In der Londoner „Nature“ <strong>erschien</strong> einmal eine Notiz, in der behauptet wurde, die Bezeichnung „Minkopies“,<br />

die den Andamanen manchmal beigelegt wird, sei unbegründet und werde weder von den Einheimischen noch<br />

von ihren Nachbarn gebraucht.<br />

4 E. H. Man, „On the Aboriginal Inhabitants of the Andaman Islands“; „Journal of the Anthropological Institute<br />

of Great-Britain and Ireland“, vol. XII, p. 363.<br />

5 [A. Schadenberg,] „Über die Negritos der Philippinen“, in „Zeitschrift für Ethnologie“, Bd. XII.<br />

6 Nach Schadenberg 20 bis 30, nach de la Gironière 60 bis 80 (siehe George Windsor Earle, „The native races of<br />

the Indian Archipelago“, London 1853, p. 153).<br />

7 Earle, op. cit., p. 131.<br />

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