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erschien nennen menschenähnlichen

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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 11.07.2013<br />

Ich komme jetzt zu den Weddas. Diese Jäger (ich spreche von den ganz wilden, die die Engländer<br />

rock veddahs <strong>nennen</strong>) leben, ähnlich den Buschmännern, in kleinen Blutsverbänden,<br />

die die „Nahrungssuche“ mit gemeinsamen Kräften vornehmen. Allerdings stellen die deutschen<br />

Forscher Paul und Fritz Sarasin, die Autoren des neuesten und in vieler Hinsicht vollständigsten<br />

Werkes über die Weddas 1 ‚ sie als richtige Individualisten hin. Sie sagen, in der<br />

Zeit, als die urgesellschaftlichen Verhältnisse der Weddas noch nicht durch die Einflüsse der<br />

benachbarten, auf einer höheren Kulturstufe stehenden Völker zerstört waren, sei ihr gesamtes<br />

Jagdterritorium unter die einzelnen Familien aufgeteilt gewesen.<br />

Das ist eine ganz irrige Ansicht. Die Zeugnisse, auf die die Brüder Sarasin ihre Annahme<br />

über die urgesellschaftliche Ordnung der Weddas [83] gründen, sagen durchaus nicht das,<br />

was diese Forscher darin sehen. So führen die Sarasins die Aussage eines gewissen van Huns<br />

an, der im 17. Jahrhundert Gouverneur auf Ceylon war. Aus der Erzählung van Huns’ ist<br />

zwar ersichtlich, daß das von den Weddas besiedelte Territorium in einzelne Abschnitte eingeteilt<br />

war, aber durchaus nicht, daß diese Abschnitte einzelnen Familien gehörten. Ein anderer<br />

Schriftsteller des 17. Jahrhunderts, Knox, spricht davon, daß es bei den Weddas in den<br />

Wäldern „Grenzen gibt, die sie voneinander trennen“, und daß die „Parteien diese Grenzen<br />

während der Jagd und während des Einsammelns der Früchte nicht überschreiten dürfen“.<br />

Hier ist die Rede von Parteien, nicht aber von einzelnen Familien, und wir müssen deshalb<br />

annehmen, daß Knox die Grenzen der Abschnitte im Auge hatte, die mehr oder weniger starken<br />

Blutsverbänden gehörten, nicht aber einzelnen Familien. Ferner berufen sich die Brüder<br />

Sarasin auf den Engländer Tennent. Aber was sagt denn Tennent eigentlich? Er sagt, das Territorium<br />

der Weddas ist unter die Clans aufgeteilt (clans of families associated by relationship<br />

[Clans von verwandtschaftlich verbundenen Familien]). 2<br />

Der Clan und die einzelne Familie ist nicht ein und dasselbe. Natürlich sind die Clans der<br />

Weddas nicht groß: Tennent nennt sie geradezu klein – small clans. Und das ist durchaus<br />

verständlich. Die Blutsverbände können auf jener niedrigen Entwicklungsstufe der Produktivkräfte<br />

nicht groß sein, auf der die Weddas stehen. Aber darum geht es gar nicht. Wichtig<br />

ist uns hier nicht, die Größe des Clans der Weddas zu kennen, sondern die Rolle, die er in der<br />

Existenz der einzelnen Individuen dieses Stammes spielt. Kann man sagen, diese Rolle sei<br />

gleich Null, der Clan erleichtere nicht die Existenz der einzelnen Personen? Ganz und gar<br />

nicht. Bekanntlich streifen die Blutsverbände der Weddas unter der Führung ihrer Häuptlinge<br />

umher. Bekannt ist auch, daß Kinder und Halbwüchsige sich beim Schlafen im Kreis um den<br />

Anführer niederlegen und die erwachsenen Mitglieder des Claus sich als eine lebendige Kette<br />

wieder um die Kinder herum lagern, bereit, sie gegen feindliche Überfälle zu verteidigen. 3<br />

Durch diese Gewohnheit wird das Dasein sowohl der einzelnen Person wie auch das des ganzen<br />

Stammes zweifellos sehr erleichtert. Nicht weniger erleichtert wird es durch andere Äußerungen<br />

der Solidarität. So zum Beispiel erhalten Witwen von allem, was dem Clan in die<br />

Hände fällt, stets ihren Anteil. 4<br />

Gäbe es bei ihnen keinen gesellschaftlichen Zusammenschluß und herrschte bei ihnen die<br />

„individuelle Nahrungssuche“, so würde die [84] Frauen, die die Unterstützung ihrer Männer<br />

verlieren, natürlich ein völlig anderes Los erwarten.<br />

Um mit den Weddas zu Ende zu kommen, will ich noch hinzufügen, daß sie ähnlich den<br />

Buschmännern Vorräte an Fleisch und anderen Produkten der Jagd anlegen sowohl zum<br />

1 Sarasin, „Die Weddas von Ceylon und die sie umgebenden Völkerschaften“, Wiesbaden 1892/1893.<br />

2 [Tennent,] „Ceylon, an Account of the Island“ etc., London 1880, vol. II, p. 440.<br />

3 Tennent, genanntes Werk, Bd. II, S. 441.<br />

4 Ebenda, Bd. II, S. 445. Bekanntlich herrscht bei den Weddas die Einehe.<br />

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