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erschien nennen menschenähnlichen

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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 22.07.2013<br />

Darin liegt die Eigenart seiner Lehre: in der anderen Schlußfolgerung. Warum kommt er dazu?<br />

Er ist einer der konsequentesten Gegner des Materialismus.<br />

Zweite Stunde<br />

Wie er meint, ist der Materialismus, der den Menschen in seiner Entwicklung betrachtet, das<br />

legitime Kind jener christlichen Lehre, derzufolge das Leben auf Erden das Leben nach dem<br />

Sündenfall ist („Mein Glaube“, S. 110).<br />

Über die Materie. Siehe Auszug Nr. 2. 2 Dem entspricht auch die Geschichtsauffassung. Siehe<br />

„Reife Ähren“, S. 95. 3*<br />

Man darf Verbrecher nicht bestrafen, vielmehr dafür sorgen, daß es keine gibt. Meine Herren!<br />

Das ist einer Wahrheit, ganz derselben Wahrheit, die wir soeben von Herzen gehört haben,<br />

sehr ähnlich. Denn auch er war, wie wir wissen, sowohl gegen Gefängnisse als auch gegen<br />

Ruten und Galgen. Auch er hätte natürlich erklärt, daß wir mit der Hinrichtung eines Mörders<br />

nichts als einen weiteren Mord begehen. Also deckt sich die Lehre Tolstois – wohlgemerkt:<br />

in gewissen Grenzen – völlig mit der [827] Lehre der Sozialisten. Aber sie <strong>erschien</strong> erst ziemlich<br />

lange nach der sozialistischen Lehre über Verbrechen und Strafe; so dürfen wir behaupten,<br />

daß in der Lehre Tolstois nur eine Wahrheit wiederholt wurde, die schon lange von den<br />

Sozialisten und vielleicht sogar schon von ihren Vorläufern: den Aufklärern des 18. Jahrhunderts,<br />

entdeckt worden war. Und wir brauchen nicht zu fürchten, uns zu irren, wenn wir hinzufügen,<br />

daß unter denen, die sich am moralischen Inhalt der Tolstoischen Lehre begeisterten<br />

und begeistern, nicht wenige waren und sind, die nicht im entferntesten ahnen, wieviel<br />

Tolstoi den Sozialisten entlehnt hat. Es ist sogar sehr wohl möglich, daß sich manche von<br />

ihnen, die die in der Lehre Tolstois enthaltene, aus den sozialistischen Systemen übernommene<br />

Wahrheit gutheißen, vom Sozialismus abwenden, weil sie naiverweise der Ansicht<br />

sind, daß er der festen moralischen Grundlage entbehre.<br />

Nun hat in die Lehre Tolstois durchaus nicht jene ganze Wahrheit Eingang gefunden, die in<br />

der sozialistischen Theorie des Verbrechens enthalten war und die Herzen der theologischen<br />

Moral Samarins entgegengestellt hatte. Die Lehre Tolstois ist nicht die volle Wahrheit, und<br />

eine unvollständige Wahrheit, die sich für volle Wahrheit ausgibt, ist ein Irrtum. Man darf<br />

Verbrecher nicht töten, man muß ihr Aufkommen verhindern. Das ist richtig. Hierin stimmt<br />

Tolstoi mit Herzen überein. Aber wie soll man das verhindern? Hier gehen die Ansichten der<br />

beiden in einem äußerst wichtigen und wesentlichen Punkte auseinander. Herzen sagt: Die<br />

Ursache des Verbrechertums liegt in der schlechten Organisation der gesellschaftlichen Verhältnisse.<br />

Tolstoi lehrt: Das Reich Gottes ist in euch. Der eine schließt daraus, die Gesellschaft<br />

müsse umgestaltet werden, der andere, die einzelnen Menschen müssen moralisch gebessert<br />

werden. Hier haben wir vor uns These und Antithese. Nebenbei ist zu bemerken, daß<br />

die These meist falsch verstanden wird.<br />

Als Herzen aus seiner Lehre über den Hang zum Verbrechen schloß, daß die gesellschaftli-<br />

1 Auszug Nr. 1, von Plechanow „Einwirkung mittels des Eigentums“ überschrieben, ist ein Zitat aus dem Sammelband<br />

„Reife Ähren“, S. 159; man findet es im Text des Aufsatzes „Verwirrung der Begriffe“, S. 760. Die Red.<br />

2 Auszug Nr. 2, überschrieben „Die Materie“, wird aus dem Sammelband „Reife Ähren“, S. 95, in der Disposition<br />

des Vortrags ‚Tolstoi und Herzen“ angeführt; siehe 8. 836, Fußnote 2. Die Red.<br />

3* Auf Seite 95 des Sammelbandes „Reife Ähren“ findet sich eine scharfe ablehnende Äußerung L. Tolstois über<br />

die Geschichtslehrbücher, auf die Plechanow in seiner Disposition des Vortrags „Tolstoi und Herzen“ hingewiesen<br />

hat: „Könnte es wohl eine schädlichere Lektüre für die jungen Leute geben als diese Bücher?... – Man sagt, ein<br />

Mensch müsse wissen, woher er stammt. Ja, stammt denn jeder von uns daher? Woher ich und jeder von uns mit<br />

seiner Weltanschauung stammt, das steht nicht in dieser Geschichte. Und das braucht man nicht zu lehren. Ebenso<br />

wie ich alle physischen Züge meiner Vorfahren in mir trage, trage ich das ganze psychische Sein – die ganze wirkliche<br />

Geschichte – aller meiner Vorfahren in mir. Ich und jeder von uns kennt sie jederzeit.“<br />

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