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erschien nennen menschenähnlichen

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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 22.07.2013<br />

III<br />

Graf Tolstoi hat sich immer von neuem mit der Frage des Eigentums befaßt. Nachdem er es<br />

für eine Fiktion erklärt hat, gesteht er: „Ich kann mir immer noch nicht erklären, was es ist.“<br />

Unter dem Einfluß der Unzufriedenheit mit der eigenen Lösung der Frage setzt er seine Analyse<br />

fort und sagt, daß Eigentum und Eigentum nicht dasselbe sind.<br />

„Das Eigentum, wie es jetzt besteht, ist vom Übel.<br />

Das Eigentum an und für sich, als Freude darüber, was und womit und wie ich geschaffen<br />

habe, ist etwas Gutes.“<br />

Also ist das Gute das sogenannte durch Arbeit erworbene Eigentum, geschaffen durch die<br />

Arbeit des Eigentümers; und das Übel ist das Eigentum, das durch die Arbeit eines anderen<br />

Menschen geschaffen worden ist. Tolstoi äußert sich hier als Volkstümler.<br />

Seine Beweisgründe lassen hierüber keinerlei Zweifel. Er sagt:<br />

„Da gab es keinen Löffel, aber ein Stück Holz war da. Ich überlegte, machte mich an die Arbeit<br />

und schnitzte einen Löffel. Was kann es Zweifelhaftes daran geben, daß er mir gehört,<br />

wie das Nest dieses Vogels sein Nest ist, von dem er Gebrauch machen kann, wann er will<br />

und wie er will.<br />

Das Eigentum jedoch, das durch Gewalt (vom Polizisten mit der Pistole) bewacht wird, ist<br />

vom Übel.<br />

Mach dir einen Löffel und iß damit, und auch das nur, solange ein anderer ihn nicht braucht –<br />

das ist klar.“ 1<br />

Wenn nun ein anderer den Löffel braucht, den ich gemacht habe, so muß ich ihm diesen geben.<br />

Das ist der unzweifelhafte Sinn der Worte des Grafen Tolstoi.<br />

Aber vier Seiten weiter finden wir in demselben Buch die von mir oben angeführte Ansicht<br />

des Grafen Tolstoi, daß man den Menschen „mit reinem Herzen helfen muß“ und nicht mit<br />

unreinem Herzen, mit seinem „Eigentum“. Wie soll man das verstehen? Es bleibt nur die<br />

Annahme [778] übrig, daß der Ausdruck: „unreines Mittel“ sich nur auf das Eigentum bezieht,<br />

das auf fremder Arbeit beruht und mit Gewalt beschützt wird.<br />

Zugunsten dieser Annahme läßt sich als Beweis anführen, daß das durch die Arbeit des Eigentümers<br />

geschaffene Eigentum etwas Gutes ist und daß kein logischer Grund besteht, daß<br />

wir dieses Gut für unrein erklären müßten.<br />

Und dann ergibt sich folgendes.<br />

Wenn ich mir den Löffel geschnitzt habe und mein Nächster braucht ihn, so werde ich gut<br />

handeln, ihm den Löffel zu geben. An dem Mittel, das ich gebrauche, um ihm zu helfen, wird<br />

nichts Unreines sein.<br />

Anders aber ist es, wenn ich Gutsbesitzer bin. Mein Eigentum ist nicht durch meine Arbeit<br />

geschaffen, und es wird durch das Gesetz, d. h. nach der Lehre L. Tolstois, durch Gewalt geschützt.<br />

Und da das Eigentum dieser Art ein Übel ist, würde seine Übergabe an die Bauern<br />

bedeuten, daß ich ihnen mit einem „unreinen Mittel“ helfe. Und da man, um seinem Nächsten<br />

zu helfen, nicht zu unreinen Mitteln greifen darf, ist es besser, sein Land „einfach aufzugeben“<br />

und „keinem zu geben“.<br />

So muß man den Grafen Tolstoi verstehen. So wird auch klar, was man zunächst nicht ver-<br />

1 „Reife Ähren“, S. 154.<br />

4

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