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erschien nennen menschenähnlichen

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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 22.07.2013<br />

ten Sie auch zu ihnen –‚ die unablässig verlangten, daß Graf Tolstoi „etwas tun“, daß er zum<br />

Beispiel sein Land den Bauern von Jasnaja Poljana geben sollte, und die sehr ungehalten darüber<br />

waren, daß er sich einer solchen „Handlung“ enthielt?<br />

Ich behaupte, daß man von solchen Leuten nur das eine sagen kann: sie haben den Grafen<br />

Tolstoi nicht verstanden.<br />

[776] Und wie lag ihm doch daran, verstanden zu werden! Wie hatte er sich bemüht... 1 „Ich<br />

sage nicht, es erübrigt sich, auf andere einzuwirken oder ihnen zu helfen; im Gegenteil, ich<br />

bin der Auffassung, daß gerade darin der Sinn des Lebens liegt. Aber helfen muß man mit<br />

reinem Herzen und nicht mit unreinem Herzen – mit dem, was wir besitzen. Um wirklich<br />

helfen zu können, müssen wir vor allem, solange wir selbst nicht rein sind, uns läutern.“ 2<br />

Graf Tolstoi strebte stets nach dieser „innren Reinheit“. Von seinem Standpunkt aus war es<br />

und mußte es das sein, worauf es „vor allen Dingen ankam“. Von ihm jedoch erwartete und<br />

verlangte man immer, daß er selbst „handeln“ solle; aber hätte er gehandelt, so wäre er sich<br />

selbst untreu geworden: Ist das nicht eine „Verwirrung der Begriffe“?<br />

Man wird mir natürlich entgegenhalten, daß Graf Tolstoi seinen Grundbesitz „nicht einfach<br />

aufgegeben“, sondern seiner Familie abgetreten, und daß er unter der Erinnerung an diese<br />

Handlung, die zu seiner Anschauung über das Eigentum in Widerspruch stand, seelisch<br />

schwer gelitten habe... 3 Erlös aus dem Verkauf mehrerer, anscheinend posthumer Werke von<br />

ihm für den Rückkauf des Gutes Jasnaja Poljana zur Übergabe an die Bauern.<br />

Ich weiß nicht, ob an diesem Gerücht etwas Wahres ist, aber ich weiß, daß es, sollte es wahr<br />

sein, nicht bedeuten würde, daß ... 4 Grafen Tolstoi nicht irgendeine „Verwirrung der Begriffe“<br />

vorhanden gewesen sei.<br />

Das bedeutet es durchaus nicht!<br />

Ich werde im folgenden zeigen, daß Graf Tolstoi, als er sein Landgut Jasnaja Poljana seinen<br />

Erben vermachte, seiner Lehre bedeutend treuer geblieben ist, als er später selbst gedacht hat.<br />

Das wird man aber nur tun können, wenn man vorher die Schlußfolgerungen untersucht hat,<br />

die sich logischerweise aus der – für den Grafen Tolstoi unbestrittenen – These ergeben, daß<br />

das Eigentum eine Fiktion sei. Das eine aber ist jetzt klar: die vom Grafen Tolstoi getroffene<br />

Anordnung über den Rückkauf des Landgutes Jasnaja Poljana beweist nicht, daß sich seine<br />

Handlungen schließlich in Übereinstimmung mit seiner Lehre befunden haben, sondern daß<br />

er sich moralisch verpflichtet gefühlt hat, seiner Lehre untreu zu werden.<br />

Das braucht man hoffentlich nicht erst zu beweisen; es muß jedem unvoreingenommenen<br />

Menschen ohne weiteres klar sein ... vorausgesetzt, daß er imstande ist, logisch zu denken.<br />

Wenn ein Mensch sterbend in seinem Testament verfügt, daß das Mittel [777] angewandt<br />

werde, das er doch selbst für unrein erklärt hatte, so ist offensichtlich, daß er schließlich<br />

selbst nicht mehr an die Richtigkeit des Kriteriums geglaubt hat, dessen er sich zur Unterscheidung<br />

der unreinen Mittel von den reinen bedient hatte.<br />

Wenn dieser Mensch, sterbend, will, daß den Bauern eine bestimmte Fläche Land als Eigentum<br />

übergeben werde, so ist ganz klar, daß er schließlich nicht mehr das Eigentum als eine<br />

Fiktion angesehen hat, die nur für Mammonanbeter existiert.<br />

1 Hier ist eine weitere Lücke, es fehlen Seite 13 und 14. Die Red.<br />

2 Sammelband „Reife Ähren“, S. 159.<br />

3 Seite 16 fehlt ebenfalls. Die Red.<br />

4 Hier ist auf Seite 17 eine Lücke im Text. Die Red.<br />

3

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