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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 21.07.2013<br />

erfreuliche, aber sehr seltene Ausnahme; sie waren die wenigen Schwalben, die noch nicht<br />

Frühling machten, und erstickten in der drückenden Atmosphäre der allgemeinen Erstarrung.<br />

„Wozu sind wir erwacht?“ ruft Herzen in seinem Tagebuch verzweifelt aus.<br />

[710] Erst als die ökonomische Entwicklung die Grundlagen der Leibeigenschaft erschütterte<br />

und eine ganze Schicht gebildeter Rasnotschinzen den Schauplatz der Geschichte betrat, erst<br />

dann setzte bei uns eine fast ununterbrochene gesellschaftliche Bewegung ein, die sich auf<br />

mehr oder weniger fortschrittliche, mehr oder weniger großzügige staatsbürgerliche Ideale<br />

berief. Je mehr Hindernisse sich dieser Entwicklung in den Weg stellten, desto entschiedener<br />

wurden die an dieser Entwicklung Beteiligten aus ihrer gewohnten Lebensbahn gedrängt und<br />

desto klarer erkannten sie, daß ihre spezielle Lebensaufgabe darin bestand, sich auf keinem<br />

Gebiet zu betätigen als eben nur auf dem speziellen Gebiet des kämpferischen Staatsbürgers,<br />

der um eine bessere Zukunft des Landes kämpft. Nekrassow gereicht es zu großer Ehre, daß<br />

er, der selbst nie ein Kämpfer gewesen ist, mit seinem dichterischen Instinkt die geistige Haltung<br />

des neuen gesellschaftlichen Typs erfaßt hat. Bereits in seinem Gedicht „Dichter und<br />

Bürger“ (1856) finden wir folgende aufschlußreiche Zeilen:<br />

Genug, ach, nun der Händler und Kadetten,<br />

Genug Beamte, Leute aus dem Adelsstand,<br />

Genug, genug auch der Poeten –<br />

Wir brauchen Bürger jetzt im Land!<br />

Wo sind sie denn? Die Senatoren,<br />

Die Pflanzer und die Herrn vom Heer,<br />

Die Helden schließlich, die Autoren:<br />

Wo ist, der seiner Heimat Bürger wär?<br />

Wo bist du? He! Ja, alles schweigt,<br />

Und auch das Herz des Dichters zeigt<br />

Uns nicht sein hehres Ideal!<br />

Doch sollte einer unter uns wohl sein –<br />

Wie tränenvoll wär seine Pein!<br />

Wie wenig Nekrassow das machtvolle Ideal des Staatsbürgers fremd war, zeigt eine andere<br />

Stelle des gleichen Gedichts:<br />

[711]<br />

Es kann sich nicht befreit gebärden<br />

Der Sohn bei seiner Mutter Schmerz,<br />

Der Bürger wird nicht würdig werden<br />

Des Vaterlands, wenn kalt sein Herz;<br />

Kein Vorwurf, der ihm härter wäre...<br />

So weih dein Blut der Heimat Ehre,<br />

Weih’s deiner Meinung, deines Herzens Glut...<br />

Nichts wird dir höhern Ruhm bereiten;<br />

Dein Tod ist groß: Das Werk währt Ewigkeiten,<br />

Das sich gegründet auf dein Blut.<br />

An einer anderen Stelle sagt der Dichter, sich an die Mutter wendend, die tief bekümmert ist<br />

um das Los, das ihre drei jungen Söhne erwartet:<br />

Oh, weine nicht um sie, du Schmerzensmutter!<br />

Nein, lehre sie in ersten Jugendjahren:<br />

Daß da sind Zeiten, Ewigkeiten oft, o glaubt,<br />

Da kann euch nichts Erwünschtres widerfahren,<br />

Nichts schöner sein als Dornen um das Haupt! ...<br />

7

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