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erschien nennen menschenähnlichen

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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 21.07.2013<br />

war jenes Schlittens Wunderbau.<br />

На диво сдаженный возок<br />

Ungeachtet meiner besonderen Begeisterung für den Dichter der „Rache und des Leides“<br />

mußte ich zugeben, daß sich «возок» auf «легок» schlecht reimt. Nekrassow hat wohl selbst<br />

gefühlt, daß die Sache nicht recht stimmt; aber er hat daran nicht nur nicht Anstoß genommen,<br />

sondern etwas weiter unten nochmals gesagt:<br />

Und schnell und wunderbar und glatt<br />

Покоен, прочен и легок<br />

jagt unser Schlitten durch die Stadt.<br />

Катится городом возок<br />

Solchen Verstößen gegen das ästhetische Gefühl begegnet man bei Nekrassow auf Schritt<br />

und Tritt. Seine Verse fließen nicht glatt dahin, sie sind, wie er sie selbst charakterisierte,<br />

schwerfällig und plump. Seine [702] Sprache ist selten klangvoll. In den Ohren von Menschen,<br />

die in den ästhetischen Traditionen der vierziger Jahre herangebildet und durch die<br />

wundervolle Musik der Verse Puschkins und Lermontows verwöhnt waren, mußten solche<br />

Zischlaute schrecklich klingen:<br />

Von denen, die jauchzen, von denen, die schwätzen,<br />

Die ihre Hände besudeln mit Blut,<br />

Führ mich hinweg zu denen, die schätzen... usw.<br />

Das klingt ziemlich schlecht. Doch wäre das nur halb so schlimm; es betrifft nur den Versbau,<br />

d. h. das Äußerliche, sozusagen die Oberfläche des Dichterwerkes. Das Schlimme ist<br />

vielmehr, daß die Dichtungen Nekrassows häufig auch in ihrem inneren Aufbau den künstlerischen<br />

Anforderungen nicht genügen. Als Beispiel will ich eine seiner berühmtesten und,<br />

meiner Ansicht nach, bedeutsamsten Schöpfungen, die „Betrachtungen an der Paradetreppe“,<br />

anführen. Sie erinnern sich dieser Stelle:<br />

Der Herr jedoch im üppigen Palast<br />

Hielt noch in Schlafes Armen süße Rast...<br />

Du hältst im Leben für das allerbeste<br />

Scharwenzeln ohne Scham und Rausch und Feste,<br />

Und treibst’s mit Saufen, Spiel und Frauenraub.<br />

Wach auf! Noch gibt es andre Freud hienieden:<br />

Bring sie zurück! Sie retten – dir ist es beschieden!<br />

Doch ist der Glückliche fürs Gute taub...<br />

Dich schrecken keine himmlischen Gewalten,<br />

Die Erde gängelst du mit deiner Hand;<br />

Doch diesen Menschen hier, den unbekannten,<br />

Hält bittrer Gram das Herz umspannt.<br />

Das ist edel und alles sehr schön gesagt; aber leider ist es nichts als schwungvolle Prosa (böse<br />

Zungen haben gesagt: Rhetorik). Poesie ist nicht darin enthalten, und deshalb ist diese ganze<br />

Stelle, die so viele [703] Tausende russische Herzen höher schlagen ließ (und dadurch überzeugend<br />

bewies, daß mehr als bloße „Rhetorik“ darin war), für das dichterische Werk nicht<br />

nur keine Zierde, sondern das Ganze wird durch sie direkt verdorben, und sie wäre viel eher<br />

am Platze in einem Artikel oder – noch besser – in einer Rede. Das prosaische Element war in<br />

der Dichtung Nekrassows überhaupt sehr stark, was Veranlassung gab, sie als tendenziös zu<br />

bezeichnen. Allein, hier handelt es sich eigentlich nicht um etwas Tendenziöses, sondern einfach<br />

darum, daß das dichterische Talent Nekrassows unzulänglich war und – worauf es wohl<br />

2

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