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erschien nennen menschenähnlichen

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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 11.07.2013<br />

sagt Casalis, „dessen Bedeutung ich mir nicht erklären konnte.“ 1 In der Musik gefällt diesem<br />

Stamm besonders der Rhythmus, und je stärker er in einem Gesang her-[67]vortritt, um so<br />

angenehmer ist ihnen dieser Gesang. 2 Beim Tanzen schlagen die Basutos den Takt mit Füßen<br />

und Armen, und zur Verstärkung der auf diese Weise hervorgebrachten Laute behängen sie<br />

ihren Körper mit Klappern besonderer Art. 3 In der Musik der brasilianischen Indianer tritt<br />

ebenfalls das Gefühl für den Rhythmus stark in Erscheinung, während sie in der Melodie sehr<br />

schwach sind und von der Harmonie offenbar nicht den geringsten Begriff haben. 4 Dasselbe<br />

ist von den Eingeborenen Australiens zu sagen. 5 Mit einem Wort, für alle primitiven Völker<br />

besitzt der Rhythmus eine wirklich kolossale Bedeutung. Das rhythmische Feingefühl wie<br />

überhaupt die musikalische Begabung bildet offenbar eine der Grundeigenschaften der<br />

psychophysiologischen Natur des Menschen. Und nicht nur des Menschen. „Die Wahrnehmung<br />

musikalischer Kadenzen und des Rhythmus, wenn auch nicht die Freude daran, ist<br />

wahrscheinlich allen Tieren gemein“, sagt Darwin, „und hängt ohne Zweifel von der gemeinsamen<br />

physiologischen Natur ihrer Nervensysteme ab.“ 6 In Anbetracht dessen könnte man<br />

doch annehmen, daß das Erscheinen dieser Fähigkeit, die dem Menschen und anderen Lebewesen<br />

gemeinsam ist, nicht von den sozialen Bedingungen seines sozialen Lebens überhaupt<br />

und im besonderen vom Stand seiner Produktivkräfte abhänge. Obgleich eine solche Vermutung<br />

auf den ersten Blick ganz natürlich erscheint, hält sie doch der Kritik der Tatsachen<br />

nicht stand. Die Wissenschaft hat gezeigt, daß eine solche Verbindung existiert. Und beachten<br />

Sie, geehrter Herr, daß die Wissenschaft dies in der Person eines der hervorragendsten<br />

Ökonomen, Karl Büchers, getan hat.<br />

Wie aus den von mir oben angeführten Tatsachen ersichtlich ist, führt die Fähigkeit des Menschen,<br />

den Rhythmus zu bemerken und sich an ihm zu erfreuen, dazu, daß der primitive Produzent<br />

sich im Prozesse seiner Arbeit gern einem gewissen Takt hingibt und seine Arbeitsbewegungen<br />

mit abgemessenen Lauten der Stimme oder mit dem kadenzierten Klang [68]<br />

verschiedener Anhängsel begleitet. Wovon hängt der Takt aber ab, dem sich der primitive<br />

Produzent hingibt? Warum ist in seinen Arbeitsbewegungen gerade dieses und nicht ein anderes<br />

Taktmaß zu bemerken? Das hängt vom technologischen Charakter des gegebenen Produktionsprozesses<br />

ab, von der Technik der gegebenen Produktion. Bei den primitiven Völkern<br />

hat jede Art Arbeit ihren Gesang, ihre Melodie ist immer ganz genau dem Rhythmus der<br />

dieser Produktion eigenen Arbeitsbewegungen angepaßt. 7 Mit der Entwicklung der Produktivkräfte<br />

wird die Bedeutung der rhythmischen Tätigkeit im Produktionsprozeß schwächer,<br />

aber sogar bei zivilisierten Völkern, zum Beispiel in den deutschen Dörfern, hat jede Jahreszeit,<br />

um mit Bücher zu reden, ihre besonderen Arbeitsgeräusche und jede Arbeit ihre eigene<br />

Musik. 8<br />

1 Ebenda, S. 141. [Wir entnehmen dem zitierten Buche folgende Stelle: „Dieser ganze Heidenlärm spielte sich<br />

rund um ein Ochsenfell ab, das so weich gemacht werden sollte, daß es sich dem Körper des Zweibeiners anpasse.<br />

Ein Dutzend hok-[67]kende Männer griffen es ringsum, rieben es zwischen den Händen, wrangen es, schüttelten<br />

es so schnell hin und her, daß ihm bizarre Bewegungen aufgezwungen wurden, so daß es schien, als belebte<br />

es sich unter der schlechten Behandlung, der man es unterwarf. Jede Anstrengung, jede Drehung war von<br />

einem jener befremdenden Laute begleitet, die wir uns nicht erklären konnten“ (S. 140/141).]<br />

2 Ebenda, S. 157.<br />

3 Ebenda, S. 158.<br />

4 Von den Steinen, 1. c. [„Unter den Naturvölkern Zentral-Brasiliens“], S. 325/326.<br />

5 Siehe E. J. Eyre, „Manners and Customs of the Aborigines of Australia“ ‚ in Journals of Expeditions of Discovery<br />

into Central Australia and Overland, London 1847, t. II, p. 229. Vgl. auch Grosse, „[Die] Anfänge der<br />

Kunst“, [Freiburg i. B. und Leipzig 1894,] S. 271.<br />

6 [Charles Darwin,] „Die Abstammung des Menschen“, Bd. II, S. 252. [Stuttgart 1872, zweiter Band, S. 292.]<br />

7 K. Bücher, „Arbeit und Rhythmus“, Leipzig- 1896, S. 21, 22, 23, 35, 50, 53, 54; Burton, 1. c. [„Voyage aux<br />

grands lacs de l’Afrique orientale“], p. 641.<br />

8 Bücher, ibid., S. 29.<br />

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