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erschien nennen menschenähnlichen

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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 21.07.2013<br />

‚Versuch mal, sie für das Geld zu kaufen! Schau bloß mal, jetzt laufen sie beide gar im Trab,<br />

und in der Farbe sind sie ganz gleich... Gerade als ob sie von einer Mutter wären.‘<br />

‚Und wenn man jetzt nach dem Unterschied bei ihnen geht, liebe Leute, was für eines schaut<br />

besser aus: das Deichselpferd oder das Beipferd ... he?‘<br />

‚Das Deichselpferd selbstverständlich, dem sind zwar die Haare ausgegangen, aber die Haut<br />

ist doch noch ganz, beim Beipferd aber flimmert es einem ja vor Augen vor lauter Flecken!‘<br />

schrien die Witzbolde des Dorfes, indem sie auf die vielen, vielen bunten Flicken anspielten,<br />

die den einzigen Halbpelz Jaschniks verzierten, den er weder im Winter noch im Sommer<br />

vom Leibe brachte“ (Bd. I, S. 212).<br />

Eine solche gefühlsrohe Verhöhnung der Armut ist nur möglich, wo der harte Grundsatz allgewaltig<br />

herrscht: Jeder ist sich selbst der nächste, und Gott hilft allen; und wo jemand, der<br />

sich nicht aus eigener Kraft aus der Not heraushelfen kann, bei den Menschen seiner Umgebung<br />

nichts als Verachtung erregt. Nicht übel hat Naumow die Gleichgültigkeit der Bauern<br />

gegen fremdes Leid in der Skizze „Auktion im Dorfe“ dargestellt. Bei einem Bauern wird die<br />

ganze Habe versteigert. Aus den geöffneten [686] Fenstern seiner Bauernhütte hört man<br />

dumpfes Schluchzen, er selbst sitzt auf der Treppe und läßt traurig den Kopf hängen, und die<br />

Bauern, die aus den benachbarten Dörfern zur Versteigerung zusammengekommen sind, stehen<br />

in dichtem Haufen um ihn herum und betrachten die zum Verkauf bereitgestellten Gegenstände,<br />

ohne seinen echten Kummer auch nur im geringsten zu beachten. Irgendeiner hat<br />

vorteilhaft seinen Wallach gekauft, ein alter Bauer ist mit zwei Pferdegeschirren „hereingefallen“<br />

und jammert vor dem Beisitzer und bittet, daß man den viel zu hohen Preis des Geschirrs<br />

herabsetze: „Hab Erbarmen, ich bin so arm“, sagt er. Nun, dieser „Arme“ wollte sich<br />

eben auf Kosten seines Mitbruders bereichern, den eine ungünstige Verquickung der Umstände<br />

ruiniert hatte. Er ruft laut: „Der Teufel soll sie holen, alle diese Xionen...“ Aber er<br />

schreit einzig und allein, weil er nicht auf seine Rechnung gekommen ist, und durchaus nicht,<br />

weil die „Xion“ einen Menschen, einen Bauern wie er selbst, an den Bettelstab gebracht hat.<br />

Man kann natürlich sagen, in derartigen Fällen sei das Fehlen der Solidarität unter den Bauern<br />

ein Ergebnis der neuaufgekommenen Warenwirtschaft und durchaus nicht ein Ergebnis<br />

der alten, der Naturalwirtschaft. Aber das ist dann nicht richtig. Die Warenwirtschaft bringt<br />

keinen Zustand von Interessengemeinsamkeit zwischen den Bauern; sie bringt vielmehr eine<br />

Verschärfung der ganzen Verhältnisse, denn sie stützt sich in ihrer Entwicklung auf den Zustand<br />

der Interessenverschiedenheit Wir haben schon gesehen, wie abscheulich jene Ausbeutungsformen<br />

sind, die beim Übergang der Naturalwirtschaft in die Warenwirtschaft entstehen:<br />

der Wucherer macht die Warenerzeuger völlig zu seinen Sklaven. Aber wodurch wird<br />

diese schreckliche, alles zu Boden drückende Kraft des Wucherkapitals geschaffen? Gerade<br />

durch die Beziehungen, die es bei seinem Aufkommen unter den Erzeugern antrifft, die unter<br />

den Bedingungen der Naturalwirtschaft groß geworden sind. Voneinander abgesondert; völlig<br />

unfähig zu gemeinsamer Arbeit zum gemeinsamen Nutzen, sobald diese Arbeit über die<br />

Grenzen des jahrhundertelang Gewohnten hinausgeht, bilden die Erzeuger eine ganz natürliche<br />

Beute des Wucherers, der mit ihnen so leicht fertig wird wie der Geier mit den Kücken.<br />

Und sie selbst sehen nicht nur ihre wirtschaftliche Ohnmacht vor dem Wucherer, sondern<br />

auch seine geistige Überlegenheit.<br />

„Und ein Kopf ist das, mein Lieber, o–oh!“ sagt bei Naumow der Kutscher von dem Kulaken<br />

Kusma Terentitsch.<br />

„‚Ist er so gescheit?‘<br />

‚Der ist so gescheit, daß man’s nicht fassen möchte. Und Sie können ja selbst sehen, was das<br />

für einer ist, der Kusma Terentitsch...‘“ usw. (Bd. I, S. 56, „Das Spinngewebe“).<br />

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