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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 21.07.2013<br />

nicht gewartet, in der Wirtschaft kann man auch nichts machen lassen, wenn man nicht ein<br />

bißchen Geld hat, und wo man das hernehmen soll, das bißchen Geld...? Wer viel Pferde hat<br />

und recht viel Zeit, der lädt sein Getreide auf den Wagen und fährt in die Stadt T...; da macht<br />

er ein gutes Geschäft und kommt zu Geld, aber unsereiner kann so was nicht machen, weil<br />

man die armen Pferde zusammenschindet und weil man auch seine [680] Zeit nicht verlieren<br />

darf... Und da sitzt man denn da mit seinem Getreide, und das Unglück kann nicht ausbleiben...‘“<br />

(Bd. I, S. 54).<br />

Die Richtigkeit dieses Gedankens, daß es dem Bauer recht schlecht ergehen kann, selbst<br />

wenn er Getreide genug hat, geht auch ganz klar aus den Äußerungen des schon obenerwähnten<br />

Kulaken Kusma Terentitsch hervor. Auf die naive Frage, warum er nicht Ackerbau treibe,<br />

antwortet der Krämer trocken: „Das haben wir aufgegeben!“, und als der Verfasser fragt, ob<br />

denn bei ihnen im Dorfe niemand mehr sich mit Ackerbau befasse 1 , sagt er:<br />

„‚Einige bauen schon noch was an, solche gibt’s auch, aber für uns ist das nichts! So viele<br />

Dörfer um uns herum treiben Ackerbau, die haben ganze Haufen von Getreide, und sind doch<br />

alle bettelarm, alle um uns herum müssen sich kümmerlich durchschlagen. Wohin soll man es<br />

denn verkaufen? Bei denen stehen die Getreidehaufen fünf, sechs Jahre lang da, und dabei<br />

können sie sich keine warmen Überschuhe kaufen. Und da soll man Getreide anbauen. Nein,<br />

verehrter Herr, das ist nicht die Sache!‘“ (Bd. I, S. 65.)<br />

An einer anderen Stelle (in der Skizze „Auf dem Marktplatz“) stellt ein Bauer, der einem<br />

Kulaken Fische verkaufen möchte, folgende Erwägungen an:<br />

„‚... Da sitzen wir bei unserem Getreide, sind immer brav und ehrlich, aber mit unserem Getreide<br />

können wir nichts anfangen. Meinst du vielleicht, wir würden nicht auch gern Fische<br />

essen? Wir möchten ab und zu auch gern mal Fisch essen... Aber man braucht bloß einmal<br />

Fisch zu essen, schon weiß man nicht, wie man die Kopfsteuer bezahlen soll. Womit soll man<br />

die Löcher in seiner Wirtschaft stopfen? Ach, es fehlt doch an allen Ecken und Enden! Man<br />

wird ja nicht mal damit fertig, wenn man ein bißchen was machen lassen will! Man könnte<br />

auch was in die Stadt bringen, dann hätte man was für seine Wirtschaft; aber wo soll man es<br />

denn hinfahren? Mit dem einzigen Gaul einen Weg von dreihundert Werst – da kriegt man<br />

warme Füße, aber warme Füße kriegt man auch, wenn man nicht so weit fährt; der ganze<br />

Erlös geht fürs Essen drauf und für das, was man dem Gaul verfüttern muß, und dann kommt<br />

man nach Hause und hat höchstens viel Zeit mit dem Herumfahren verloren; und wer arbeitet<br />

denn, wenn man selber nicht daheim ist? Man kann die Arbeit zu Hause auch nicht stehenlassen,<br />

da ist mitunter jede Stunde kostbar. Jetzt kannst du dir einen Begriff machen, wie es uns<br />

Bauern geht...‘“ (Bd. I, S. 353).<br />

Wir meinen, diese Auszüge genügen vollauf, sich eine Vorstellung von der Volkswirtschaft<br />

in den von Naumow geschilderten Gegenden zu [681] machen. Das ist eine Wirtschaft, die in<br />

der Wissenschaft als Naturalwirtschaft bezeichnet wird. Aber diese Naturalwirtschaft geht<br />

schon in Warenwirtschaft über. Der Bauer braucht nicht nur die natürlichen Erzeugnisse seines<br />

eigenen Feldes, seines Gemüsegartens und seiner Viehhaltung; er braucht auch die „allgemeine<br />

Ware“, d. h. das Geld, und sogar verhältnismäßig recht viel Geld. Er braucht das<br />

Geld nicht nur, um den Forderungen des Staates nachkommen zu können, d. h. um die Steuern<br />

zu bezahlen, sondern auch für seine eigene „Hauswirtschaft“, in der, wie sich herausstellt,<br />

so viele Löcher sind, die man allein mit Geld verstopfen kann. Aber das Geld fällt dem Bauern<br />

nicht in den Schoß. Weil die natürlichen Erzeugnisse der Landwirtschaft in reichlicher<br />

Fülle vorhanden sind und weil es keine richtige Absatzmöglichkeit in großem Maßstab für sie<br />

1 Das ist eines der Dörfer, deren Bewohner sich fast allgemein damit beschäftigen, die Goldgrubenarbeiter betrunken<br />

zu machen und auszuplündern.<br />

9

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