18.09.2015 Views

erschien nennen menschenähnlichen

Zur PDF-Datei... - Max Stirner Archiv Leipzig

Zur PDF-Datei... - Max Stirner Archiv Leipzig

SHOW MORE
SHOW LESS
  • No tags were found...

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 21.07.2013<br />

unserer Zeit ein für die Entwicklung des bäuerlichen Denkens sehr ungünstiges Milieu ist.<br />

Michailo Lunin hat das Dorf frühzeitig verlassen, und das war sein Heil. Sein Lebensschicksal<br />

ist ein anderes als das Onkel Iwans, aber im Charakter sind die beiden nicht verschieden.<br />

Hätte Onkel Iwan das gleiche Lebensschicksal gehabt wie Lunin, er wäre aller Wahrscheinlichkeit<br />

nach dahin gelangt, wo Lunin hingelangte. Onkel Iwan verhält sich zu Michailo wie<br />

ein Mensch, der sich ein bestimmtes Ziel gesteckt hat, zu einem Menschen, der dieses Ziel<br />

erreicht hat. Und das ist alles. Onkel Iwan ist der Antipode Iwan Jermolajewitschs in seinem<br />

Streben, Michailo Lunin ist sein Antipode in der Wirklichkeit. Man wird uns wahrscheinlich<br />

entgegenhalten, daß nicht viele Arbeiter so günstige Bedingungen für die geistige Entwicklung<br />

antreffen wie Lunin. Das ist richtig. Aber nicht darum handelt es sich. Worauf es ankommt,<br />

ist die Tatsache, daß die heutigen russischen Verhältnisse infolge des Zerfalls der<br />

kollektiven Lebensweise solche Persönlichkeiten wie Jegor Pankratow, Onkel Iwan und Michailo<br />

Lunin hervorbringt und mit der Zeit in immer größerer Zahl hervorbringen wird. Worauf<br />

es ankommt, ist die Tatsache, daß das Leben in der Stadt, so schlecht auch die Lage des<br />

russischen Arbeiters sein mag, für die weitere geistige und sittliche Entwicklung solcher Persönlichkeiten<br />

immerhin viel günstiger ist als das Leben im Dorfe.<br />

Wollt ihr, daß es noch günstiger sei? Das hängt in bedeutendem Maße von euch selbst ab...<br />

Geht unter die Arbeiter und helft ihnen, sich mit den Fragen auseinanderzusetzen, die das<br />

Leben ihnen stellt. In diesem Milieu wächst jene neue historische Kraft, die mit der Zeit die<br />

ganze werktätige Bevölkerung des Landes befreien wird.<br />

Die Menschen taugen nichts, die dasitzen, die Hände in den Schoß legen und das ganze Heil<br />

vom natürlichen Ablauf der Ereignisse erwarten. Das sind die Drohnen der Geschichte. Sie<br />

machen niemand warm und niemand kalt. Aber nicht viel besser als sie sind auch die, welche<br />

starr rückwärts schauen und fortwährend von der fortschreitenden Bewegung des [667] Volkes<br />

sprechen. Diese Menschen sind zu Mißerfolgen und Enttäuschungen verurteilt, weil sie<br />

der Geschichte aus freien Stücken den Rücken zuwenden. Ein nützlicher Mann der Tat kann<br />

nur sein, wer den Kampf nicht scheut und es versteht, seine Anstrengungen dem Gang der<br />

gesellschaftlichen Entwicklung anzupassen. Das russische Volk macht den Zersetzungsprozeß<br />

der alten bäuerlichen Einrichtungen nicht erst seit gestern durch. Es hat Zeit gehabt, sich<br />

schon ganz bedeutend zu verändern. Aber unsere demokratische Intelligenz fährt noch immer<br />

fort, in den alten „Idealen“ des Volkes eine Stütze zu suchen. Wenn sie einst ihren Irrtum<br />

einsieht, dann wird sie vielleicht dasselbe sagen, was die Bewohner von Paraschkino zu dem<br />

Abgeordneten aus dem Gouvernement gesagt haben: „Das dauert nun schon so lange, aber<br />

wir haben uns immer durchgeschlagen, haben immer gedacht, mit Gottes Hilfe wird es vielleicht<br />

schon werden... Das ist es eben, unsere Blindheit!“<br />

Wahrlich, Blindheit! Vorwärtsstürmen – und zugleich für das Alte eintreten, das sich bereits<br />

überlebt hat! Es gut meinen mit dem Volke – und zu gleicher Zeit Einrichtungen verteidigen,<br />

die seine Sklaverei nur verewigen können! Das Tote für lebendig und das Lebendige für tot<br />

halten! – Man muß blind sein, um solche abgründigen Widersprüche nicht zu bemerken. Wer<br />

Augen hat zu sehen, der fürchtet sich weder vor der historischen Entwicklung im allgemeinen<br />

noch vor dem Sieg des Kapitalismus im besonderen. Er sieht im Kapitalismus nicht nur lauter<br />

Schlechtes, er bemerkt auch das „Zerstörende und Revolutionäre daran, das die alte Gesellschaft<br />

stürzen wird“. Deshalb wird jeder Sehende, wenn er die Zersetzung der ganzen vorsintflutlichen<br />

„Stützen“ des russischen sozialen und politischen Lebens unserer Zeit beobachtet,<br />

erleichterten Herzens ausrufen: Leb wohl, du altes Rußland der Oblomows, du hast deine<br />

Schuldigkeit getan!<br />

34

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!