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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 21.07.2013<br />

nen ja als Grund angeben, daß wir anderswo arbeiten müssen‘, erwiderte Jerschow; er wurde<br />

jetzt selbst unsicher.<br />

‚Und wenn sie uns fangen?‘<br />

‚Mit dir ist doch nichts anzufangen. Uns fangen ... Wer soll uns denn fangen, wenn sie nicht<br />

auf uns wegen unbezahlter Steuern aufpassen [635] müssen? Und wir machen alles, wie<br />

sich’s gehört, ganz ehrlich, mit Pässen...‘“<br />

Um sich ganz gründlich beraten zu können, wie sie sich „davonmachen“ sollten, beschlossen<br />

sie, nachts heimlich im Walde, weit weg von dem wachsamen Auge der Kreisbehörden, zusammenzukommen.<br />

Auf dieser Zusammenkunft wurde beschlossen, daß man sich gleich am<br />

nächsten Tag Pässe ausstellen lassen und dann unverzüglich auf den Weg machen sollte.<br />

Überaus charakteristisch ist folgende Einzelheit. In demselben Maße, wie die Bewohner von<br />

Paraschkino neue Lebenskraft in sich verspürten, stellte sich bei ihnen auch wieder das Bewußtsein<br />

der fatalen Notwendigkeit zu zahlen ein, und sie begriffen sogleich, daß ihr Verschwinden,<br />

obwohl man, wie Jerschow gesagt hatte, „nicht wegen unbezahlter Steuern auf sie<br />

aufpassen mußte“‚ den Behörden vielleicht trotzdem mißfallen werde.<br />

Und so baten denn die Verschwörer ihren Dorfschriftkundigen namens Frol, der bei ihnen immer<br />

die Rolle des Sachwalters spielte, „sich unverzüglich an die vorgesetzte Behörde zu wenden und<br />

für sie Fürsprache einzulegen; wenn auch nachträglich – so werde man vielleicht doch gegen sie<br />

Nachsicht üben“! Gesagt – getan. Die Bewohner von Paraschkino nahmen ihre Pässe und machten<br />

sich auf den Weg. Am alten Heimatort blieben nur vier Familien zurück und die alte Iwanicha<br />

(die Mutter des uns bekannten Djoma) und noch Großväterchen Tit, der das Vorhaben der Bewohner<br />

von Paraschkino heftig mißbilligte. „Ihr kommt nicht weit, ihr Schafsköpfe“, schrie er,<br />

und stieß seine Krücke heftig in den Boden, „sie drehen euch den Hals um! Denkt an das, was ich<br />

sage, den Hals drehen sie euch um!“ Dieser Alte war mit dem heimatlichen Boden überhaupt viel<br />

stärker verbunden als die übrigen Bewohner von Paraschkino, die schon der anderen Generation<br />

angehörten. Wo er geboren sei, da müsse er auch sterben; in die Erde, die ihm lieb geworden,<br />

müßten auch seine Gebeine kommen, das antwortete er auf alle Überredungsversuche seiner<br />

Dorfgenossen, die ihm wie leichtsinnige dumme Jungen vorkamen. Dieser Zug ist sehr beachtenswert.<br />

N. Slatowratski zeigt ebenfalls in vielen seiner Skizzen, daß die Gewöhnung an die<br />

„Stützen“ bei den alten Leuten viel stärker ist als bei den Bauern der jungen Generation.<br />

„Und so machten sich die Bewohner von Paraschkino auf den Weg nach der neuen Gegend.<br />

Sie gingen leichten Herzens, munter und fröhlich. Aber ihre Freude sollte nur von recht kurzer<br />

Dauer sein. Hinter ihnen war der Gendarm her wie Pharao hinter den Israeliten auf ihrer<br />

Flucht aus Ägypten.<br />

‚Wohin, meine Lieben?‘ schrie er, als er sie nach fünfzehn Werst einholte.<br />

[636] Die Bewohner von Paraschkino erstarrten vor Schrecken und schwiegen.<br />

‚Herumstrolchen wollt ihr, he?‘<br />

Die Bewohner von Paraschkino nahmen ihre Mütze ab und bewegten die Lippen.<br />

‚Herumstrolchen, sag’ ich, wollt ihr? Und wohin?‘ fragte der Gendarm, und dann redete er<br />

mit plötzlich veränderter Stimme heftig auf sie ein. ‚Was fällt euch denn ein ... he? Umsiedeln?<br />

– Daß ich euch nicht... Ich habe euch bis dahin satt! Euretwegen hab’ ich schon zwei<br />

Nächte nicht geschlafen... Marsch zurück... Los! Mit euch hat man aber auch keine Ruhe!‘<br />

Die Bewohner von Paraschkino standen immer noch wie versteinert, aber bei dem Wort ‚zurück‘<br />

kam plötzlich Bewegung in sie, und sie sagten fast alle zu gleicher Zeit:<br />

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