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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 21.07.2013<br />

lächerlich gewesen, auch nur im geringsten von der „Harmonie“ seiner landwirtschaftlichen<br />

„Ideale“ zu sprechen. Solche Ideale waren bei ihm überhaupt nicht mehr vorhanden.<br />

„In ihm vollzog sich ein völliger Zusammenbruch der alten Anschauungen und Bestrebungen,<br />

mit denen er im Dorfe gelebt hatte.“<br />

Und doch, so groß ist die Macht der Gewohnheit, daß sich in Djoma, als er zum letztenmal<br />

nach Hause kam, ein Gefühl des Bedauerns regte, weil er von seinem alten bäuerlichen Leben<br />

Abschied nehmen mußte. „Bist du einmal fort, dann hast du die Wirtschaft aufgegeben und<br />

kommst nicht mehr zurück“, sagte er traurig, als er mit gleich ihm „herumziehenden [628]<br />

Leuten“ beisammen saß, die am nächsten Tag fort wollten, um sich irgendwo Arbeit zu suchen.<br />

Dasselbe Gefühl hatten auch alle anderen, mit denen er sich unterhielt. Aber sie verstanden<br />

alle, daß die Entscheidung für sie unwiderruflich gefallen war, und deshalb ärgerten sie sich<br />

über Djoma, weil es diesem unnützerweise so leid tat. „Es ist auch nicht notwendig“, entgegnete<br />

Potapow mit finsterer Miene, als Djoma meinte, daß „man nicht mehr zurück kann“.<br />

„‚Wieso nicht notwendig? Es ist doch die Heimat!‘ sagte Djoma erstaunt.<br />

‚Darum nicht notwendig. Was mich betrifft, mich bringen keine zehn Pferde zurück, ich hab’<br />

mehr als genug.‘<br />

‚Nun, die Hütte tut einem doch leid, wenn sie noch mehr zusammenfällt‘, bemerkte Pjotr<br />

Bespalow.<br />

‚Meinetwegen soll sie zusammenfallen. Satt wird man in ihr ja doch nicht, wenn es so eine<br />

lumpige Hütte ist!‘ witzelte Klim Dalni, aber keiner hatte Verständnis dafür.<br />

‚Und darum sag’ ich ja: wenn man fort ist, dann ist alles futsch‘, sagte Djoma, in dessen Kopf<br />

sich anscheinend die fixe Idee seines endgültigen Ruins festgesetzt hatte, mit besonderem<br />

Nachdruck.<br />

‚Wer weiß denn das nicht?‘ sagte Kirjuschka Sawin ungeduldig; er ärgerte sich über die<br />

grämliche Einförmigkeit der Unterhaltung. ‚Was hast du bloß immer mit deinem: bist fort,<br />

bist fort! Laß uns lieber zufrieden damit! Es ist ja nicht auszuhalten!‘“<br />

Der unerwartete Tod seiner übrigens „schon seit langem dahinsiechenden“ Frau verzögerte<br />

Djomas Fortgehen nur um die kurze Zeit, die das Begräbnis in Anspruch nahm. Am Tage<br />

nach der Beerdigung machten sich die „herumziehenden Leute“ frühmorgens auf den Weg.<br />

„‚Laß dich wieder mal sehen‘, sprach Djomas alte Mutter gelassen, weil sie sich ihre Erregung<br />

nicht anmerken lassen wollte.<br />

‚Kann sein, daß wir uns nicht wiedersehen‘, entgegnete er nachdenklich.“<br />

Auf Djoma folgten andere. Die Zersetzung der Dorfgemeinde Paraschkino ging rasch vor<br />

sich. Die unerbittliche Macht der wirtschaftlichen Notwendigkeit trieb den Bauern vom Land<br />

und verwandelte all seine Bindungen an die Landwirtschaft in nichts. Da haben wir den lustigen<br />

Bauer Minai Ossipow vor uns („Die phantastischen Einfälle Minais“). Er ist der größte<br />

Phantast im Mir, eine Art Don Quijote der Landwirtschaft. Ihn zu „betäuben“, wie der Autor<br />

sich ausdrückt, d. h. ihm die ganze Hoffnungslosigkeit seiner wirtschaftlichen Lage vor Augen<br />

zu führen, war sehr schwierig. „Es war, als ob er von den Vorfahren die Gewohnheit,<br />

alles auf die leichte Schulter zu nehmen, ererbt habe.“ Das Brot reicht bei [629] ihm niemals<br />

bis zur neuen Ernte, da er den ihm zugeteilten „Sümpfen“ nicht einmal den Preis seiner Arbeit<br />

entringen kann. Vieh hat er nur wenig, die Hütte ist baufällig. Aber Don Quijote von<br />

Paraschkino ist unverzagt. Er tröstet sich mit seinen „phantastischen“ Zukunfts,,plänen“.<br />

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