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erschien nennen menschenähnlichen

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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 21.07.2013<br />

Übrigens ist die Sache ganz einfach zu erklären. Die Bewohner von Paraschkino sind außer<br />

Fassung. In ihrem Dorfe gehen häufiger und häufiger seltsame Dinge vor sich. Ganz überraschender-<br />

und unerwarteterweise erklärt bald das eine, bald das andere Mitglied der Dorfgemeinschaft<br />

bei Erscheinen in der Versammlung ganz entschieden, daß es sich nicht länger mit<br />

der Landwirtschaft beschäftigen wolle, und bittet darum, daß man ihm den „Anteil“ abnehme.<br />

[625] Man hält ihm vor, was das für eine Schande sei, man schimpft ihn aus, redet ihm zu, aber<br />

er läßt sich durch nichts von seinem Vorhaben abbringen, und die Bewohner von Paraschkino<br />

müssen schließlich und endlich nachgeben. Es hat schon viele solche Fälle im Dorf Paraschkino<br />

gegeben. „Pjotr Bespalow – Nummer eins? Potapow – Nummer zwei? Klim Dalni – Nummer<br />

drei?“ zählen die Bewohner von Paraschkino. „Wer noch? Und Kirjuschka Sawin ...<br />

Nummer vier? Simeon Bely... der wievielte ist das? Nummer fünf! Simeon Tscherny – sechs...<br />

man kann sie gar nicht alle aufzählen... Ach, ihr Lumpenpack... Nomaden!“ Wie sollten sich da<br />

die Bewohner von Paraschkino nicht aufregen? Die Frage der Nomaden nimmt in ihren Augen<br />

die Form eines völlig unlösbaren Finanzproblems an. „Ich gebe die Wirtschaft auf, ein zweiter<br />

gibt sie auch auf, und dann ein dritter“, schreien die Sprecher aus dem Dorfe, „wir laufen alle<br />

davon, da kannst du uns suchen, pfeif nur, aber wer bleibt denn da?... Wer wird zahlen, wenn<br />

wir alle davonlaufen? he? Wer denn?!“ An jenem Tage, von dem in der Erzählung die Rede ist,<br />

bemühte man sich, den Bauern Djoma mit dieser schicksalhaften Frage zur Vernunft zu bringen,<br />

der beschlossen hatte, das „Nomaden“leben zu wählen. So friedfertig Djoma auch war, er<br />

blieb doch unerschütterlich bei seinem Vorhaben – wie die anderen vor ihm. Die Bewohner<br />

von Paraschkino mußten, ob sie wollten oder nicht, wieder einmal nachgeben und sich mit dem<br />

Gedanken abfinden, daß die Dorfgemeinde in ihm noch ein Mitglied verliere.<br />

Schweren Herzens gingen sie auseinander und begaben sich nach Hause.<br />

„Hat es früher so etwas gegeben? Hat man jemals davon gehört, daß die Bauern von Paraschkino<br />

an nichts anderes mehr dachten, als aufeinander zu pfeifen und nach allen Richtungen<br />

davonzulaufen?“ fragt der Autor. Das hat es nicht gegeben, und in Paraschkino hat man nie<br />

etwas davon gehört, ist seine Antwort.<br />

„Früher hat man sie von dem Platz, an dem sie seßhaft waren, verjagt, und sie sind wieder<br />

zurückgekommen; man trieb sie weg, und siehe da – sie kamen wieder an den Platz, von dem<br />

man sie vertrieben hatte!<br />

Diese Zeit ist vorbei. Heutzutage läuft der Bauer von Paraschkino davon und denkt nicht daran<br />

zurückzukehren; er ist froh, daß er so gut davongekommen ist. Oft geht er nur, weil er<br />

eben fort will, weil er verschwinden will. Zu Hause, im Dorfe ekelt ihn alles an; er braucht<br />

irgendeinen Ausweg, und wäre es auch nur ein Eisloch, wie man es im Winter schlägt, um<br />

die nach Luft schnappenden Fische zu fangen.“ Die vom Autor in wenigen Worten erzählte<br />

Geschichte Djomas zeigt sehr schön, wie der Drang des Landarbeiters entsteht, heranreift und<br />

schließlich unwiderstehlich wird, von der „Macht der Erde“ loszukommen, auf der seine<br />

[626] Vorfahren jahrhundertelang gelebt haben, ohne daß ihnen auch nur der Gedanke gekommen<br />

wäre, daß für Menschen ihres Standes ein Leben anderer Art möglich sei. Es hat<br />

eine Zeit gegeben, als Djoma beständig im Dorfe gelebt und überhaupt alle Anstrengungen<br />

gemacht hat, ein „richtiger“ Bauer zu bleiben. Aber diese Anstrengungen waren vergeblich.<br />

Die wirtschaftliche Lage der Bauern von Paraschkino ruhte überhaupt auf sehr schwankender<br />

Grundlage.<br />

Bei der Abschaffung der Leibeigenschaft oder, besser gesagt, in der Epoche, als an die Stelle<br />

der Abhängigkeit des Leibeigenen von den Gutsbesitzern die Abhängigkeit vom Staate trat,<br />

hatte man ihnen lauter „Sumpf“ zugeteilt. Auf diese Weise könnte, mit Bezug auf die Bauern<br />

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