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erschien nennen menschenähnlichen

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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 20.07.2013<br />

Leider dürfen wir das gar nicht erwarten. Als orthodoxer Volkstümler, jederzeit bereit, ein<br />

Loblied auf die Dorfgemeinschaft zu singen, wird Herr Karonin unsere Schlußfolgerungen<br />

als gänzlich unzutreffend und auf die russischen Verhältnisse durchaus nicht anwendbar erklären.<br />

Das wird natürlich ihre Richtigkeit nicht erschüttern und der weiteren literarischen<br />

Tätigkeit des Herrn Karonin nur schaden.<br />

XIII<br />

Oben haben wir bemerkt, daß in den Werken unserer Volkstümler-Belletristen weder scharf<br />

umrissene Charaktere noch eine feine Darstellung seelischer Regungen zu finden sind. Wir<br />

haben dies damit erklärt, daß die gesellschaftlichen Interessen bei den volkstümlerischen Belletristen<br />

die rein literarischen Interessen überwiegen. Dann haben wir diese Erklärung ergänzt.<br />

Wir haben gesagt, die „logische“ und ausgeglichene Weltanschauung von Menschen<br />

wie Iwan Jermolajewitsch müsse solche Regungen ausschließen, sie treten nur auf einer höheren<br />

Stufe ihrer geistigen und moralischen Entwicklung in Erscheinung und gelangen erst<br />

dann zu ihrer vollen Entfaltung, wenn diese Menschen anfangen, selber Geschichte zu machen,<br />

an den großen Bewegungen der Menschheit teilzunehmen.<br />

Mit anderen Worten, wir haben darauf hingewiesen, daß der „kollektive“ Charakter der ländlichen<br />

Bevölkerung keine großen Möglichkeiten einer großzügigen künstlerischen Darstellung<br />

bietet. Aber wir haben hinzugefügt, man könnte sich mit diesem Umstand abfinden, wäre<br />

es den volkstümlerischen Belletristen wirklich gelungen, unserer Intelligenz zu zeigen, was<br />

sie für das Volk tun kann.<br />

Sodann stellte sich heraus, daß der volkstümlerische Standpunkt unsere Volkstümler zu unlösbaren<br />

Widersprüchen führt. Und wir haben uns für berechtigt gehalten zu sagen, daß der künstlerische<br />

Wert der Werke der genannten Belletristen einer falschen gesellschaftlichen Lehre<br />

geopfert wurde. Jetzt bleibt uns nur zu fragen übrig: Welcher Standpunkt könnte zu einem<br />

Ausgleich zwischen den Erfordernissen künstlerischer Gestaltung und dem Interesse für gesellschaftliche<br />

Fragen führen, auf das der fortschrittliche Teil unserer Belletristen nicht verzichten<br />

kann und auf keinen Fall verzichten darf? Wir wollen dies in wenigen Worten abtun. [614] Das<br />

Milieu, das Michailo Lunin umgibt, läßt, wie wir gesehen haben, eine sehr bedeutende geistige<br />

und sittliche Entwicklung der Persönlichkeit zu. Zugleich bringt es den zu ihm gehörenden<br />

Menschen zur Ablehnung der ihn umgebenden Wirklichkeit. Es erweckt in ihm den Geist des<br />

Protestes und den brennenden Wunsch, um eine bessere Zukunft, um ein „menschenwürdiges“<br />

Leben zu kämpfen. Es führt „von unten nach oben“ den Arbeiter zu denselben Problemen hin,<br />

an die unsere Intelligenz von oben nach unten herangetreten ist. Und wenn diese großen Fragen<br />

einmal im Kopf der Arbeiter auftauchen, so kann man sagen, daß im Lande bereits die geschichtliche<br />

Bewegung einsetzt, die imstande ist, den größten Künstler zu begeistern.<br />

„Was ich“, so sagt Lassalle, „dagegen seit lange für die höchste Aufgabe der historischen<br />

Tragödie, und somit der Tragödie überhaupt, halte, ist, die großen kulturhistorischen Prozesse<br />

der Zeiten und Völker, zumal des eigenen, zum eigentlichen Subjekte der Tragödie, zur dramatisch<br />

zu gestaltenden Seele derselben zu machen, die großen Kulturgedanken solcher<br />

Wendeepochen und ihren ringenden Kampf zu dem eigentlichen zu dramatisierenden Gegenstand<br />

zu nehmen. So daß es sich in einer solchen Tragödie nicht mehr um die Individuen als<br />

solche handelt, die vielmehr nur die Träger und Verkörperungen dieser tiefinnersten kämpfenden<br />

Gegensätze des allgemeinen Geistes sind, sondern um jene größesten und gewaltigsten<br />

Geschicke der Nationen, – Schicksale, welche über das Wohl und Wehe des gesamten<br />

allgemeinen Geistes entscheiden und von den dramatischen Personen mit der verzehrenden<br />

Leidenschaft, welche historische Zwecke erzeugen, zu ihrer eigenen Lebensfrage gemacht<br />

werden... vor der Größe solcher welthistorischer Zwecke und der ergreifenden Leidenschaft,<br />

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