18.09.2015 Views

erschien nennen menschenähnlichen

Zur PDF-Datei... - Max Stirner Archiv Leipzig

Zur PDF-Datei... - Max Stirner Archiv Leipzig

SHOW MORE
SHOW LESS
  • No tags were found...

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 20.07.2013<br />

seiner Wirtschaft zufriedener Bauer geworden, der bloß genug Brot und Mist, einen guten<br />

Gaul und eine aus dicken Balken gezimmerte Hütte, zwei Schweine und ein Dutzend Schafe<br />

zu haben brauchte, um sich glücklich zu schätzen.“ Er wäre, mit einem Wort, ein richtiger<br />

Iwan Jermolajewitsch geworden und hätte die Herren Volkstümler durch die „Logik“ seiner<br />

Weltanschauung entzückt. Er hat aber kein Brot und keinen Mist, keine schöne Hütte, keine<br />

Schweine, keine Schafe, und deshalb ist seine Weltanschauung ohne jegliche „Logik“. Er ist<br />

voller Wut, verachtet seine „Vorfahren“, quält sich mit der Frage, wie er „als Mensch“ leben<br />

könnte, und schließlich, nach verschiedenen Schicksalsschlägen, nach Zusammenstößen mit<br />

dem Dorfältesten und dem Kulaken Treschnikow, läßt er sich vom Vater seine Papiere geben<br />

und verläßt das Dorf. Und damit schließt die Skizze „Jugend in Jama“.<br />

Die Novelle „Von unten nach oben“ schildert uns seine weiteren Abenteuer. Michailo war<br />

kaum in die Stadt gekommen, da wurde er auch schon wegen einer Gaunerei, zu der ihn die<br />

verhängnisvolle Geldnot getrieben hatte, ins Gefängnis gesteckt. Ein Glück für ihn, daß die<br />

Gefängnisstrafe nur für kurze Zeit bemessen war und daß er das Arbeiten nicht verlernte und<br />

das einmal erweckte Denken in ihm nicht ertötet wurde. Nach seiner Entlassung aus dem<br />

Gefängnis kommt er in eine Ziegelei, wo sein Leben nichts anderes ist als eine ununterbrochene<br />

Aufeinanderfolge schwerer Arbeit und moralischer Erniedrigungen. Er kann dieses<br />

Leben nicht aushalten. Getrieben von seinem Drang, „ehrlich, als Mensch zu leben“, verläßt<br />

er die Ziegelei und beschließt, neuen Verdienst zu suchen. Er braucht nicht viel Lohn, aber er<br />

will, daß die Arbeitgeber mit ihm nicht wie mit einer Marionette umspringen und seine Würde<br />

respektieren. Er will nicht „Sklave“ werden, er will seine Freiheit um jeden Preis verteidigen.<br />

Es fällt einem Arbeiter nicht leicht, eine solche Aufgabe zu lösen, aber ein glücklicher<br />

Zufall kam Michailo zu Hilfe.<br />

Als er in der Ziegelei arbeitete, hatte er viel von einem gewissen Fomitsch gehört, einem einfachen<br />

Schlosser, von dem die Arbeiter mit der größten Achtung sprachen. Einmal war Fomitsch<br />

sogar nach der Ziegelei gekommen, wobei Michailo sein würdiges Äußeres und seine<br />

europäische Kleidung auffielen. An ihn wandte sich nun unser junger Mann, „der von einer<br />

ungewöhnlichen Kampfeslust erfüllt war und von einer gewissen Kraft getrieben wurde, die<br />

ihn nirgends zur Ruhe kommen ließ“.<br />

Als Michailo nun die Wohnung Fomitschs betrat, glaubte er zunächst, er sei versehentlich zu<br />

irgendwelchen Herrschaften geraten. „Das Licht [606] der hell brennenden Lampe blendete<br />

ihn, und die vier Personen, die am Tische saßen und Tee tranken, machten auf ihn durch den<br />

bloßen Anblick einen solchen Eindruck, daß er wie angewurzelt in der Tür stehenblieb... Der<br />

Samowar, der Tisch, die Möbel, das Zimmer – all das war so sauber und angenehm, daß er<br />

aus dem Staunen gar nicht mehr herauskam.“ Und der Inhaber der Wohnung war niemand<br />

anders als Fomitsch.<br />

„Da schau mal an, das ist nun ein Schlosser“, fuhr es Michailo blitzschnell durch den Kopf.<br />

Mit größter Verlegenheit setzte er Fomitsch den Zweck seines Kommens auseinander und<br />

erklärte, er werde auf keinen Fall mehr in die Ziegelei zurückkehren, weil die Verhältnisse<br />

ihn dort völlig abstumpften.<br />

„Da hat man den ganzen Tag nichts im Kopf“, so drückte er sich zur näheren Erklärung in<br />

seiner groben Sprechweise aus.<br />

Fomitsch machte viel Heimarbeit, und er nahm Michailo zu sich in die Lehre. Nun begann<br />

für diesen ein neues Leben. Er sah, daß Fomitsch die Frage, wie man als Mensch leben muß,<br />

zu lösen verstand. Deshalb empfand er eine Art Ehrfurcht vor seinem Lehrherrn, seiner Frau<br />

und allen ihren Freunden. Er war ganz überwältigt von ihrer geistigen Überlegenheit. „Im<br />

Vergleich zu ihnen kam er sich für gewöhnlich wie ein richtiger Dummkopf vor. Aber eines<br />

34

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!