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erschien nennen menschenähnlichen

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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 20.07.2013<br />

eigenen Interesse liegt. Etwas Besseres kann sie sich wahrhaftig überhaupt nicht ausdenken<br />

als einen solchen Ausgang der Sache. Jahrzehntelang hat sie erfolglos alle Anstrengungen<br />

gemacht, den „Intellektuellen“ niederzuhalten, hat ihm den Maulkorb der Zensur angelegt,<br />

hat ihn an „nicht so üble“, aber manchmal recht weit abgelegene Orte verbannt, ihn vor Gericht<br />

abgeurteilt und sogar gehängt, und auf einmal – welches Glück! – vergißt der Intellektuelle<br />

all sein „Büchergeschwätz“, zieht sich zurück „in den kühlenden Schatten“, pflanzt Kohl<br />

und „denkt an die Ente“. Jetzt ist Schluß mit all den verfluchten Problemen! Nun haben all<br />

die „Unruhen“ ein Ende! Der Aufruhr stirbt, weil er keinen Lebenssaft mehr hat, und im Departement<br />

der Staatspolizei zieht Frieden und menschliches Wohlwollen ein. Kann man etwas<br />

Verderblicheres für die gesellschaftliche Entwicklung Rußlands ausdenken?<br />

Ja, und was würde die „Sache des Volkes“ gewinnen, wenn unsere gebildeten Rasnotschinzen<br />

einige hundert oder tausend Deßjatinen Land bearbeiteten? Könnte das die Zersetzung<br />

der alten bäuerlichen landwirtschaftlichen Ideale aufhalten? Könnte das der Bildung des dritten<br />

und vierten Standes im Dorfe Einhalt gebieten? Uspenski selbst sagt, es werde bald eine<br />

Dorfflucht kommen, alle kräftigen und energischen Menschen werden es verlassen. Glaubt<br />

er, dieser Ausfall werde durch das Erscheinen des Intellektuellen auf der „heimatlichen Flur“<br />

wieder ersetzt?<br />

Offensichtlich haben solche Pläne, von „seiner Hände Arbeit“ zu leben, nicht das Wohl des<br />

Volkes im Auge, sondern nur der Intelligenz als eine Art Opium zu dienen, es ihr zu ermöglichen,<br />

der schweren Wirklichkeit aus dem Wege zu gehen, „im Schlummer alles zu vergessen“.<br />

Doch solange die heutige politische Ordnung in Rußland noch besteht, ist ihr [597]<br />

nicht bestimmt, Vergessenheit zu suchen. Die Regierung Alexanders III. wird sie schon wieder<br />

aufzuwecken verstehen und mit den brennenden Fragen der Zeit in unmittelbare Berührung<br />

bringen.<br />

XI<br />

Oben wurde gesagt, unser gebildeter Rasnotschinze, der schlechte Kenntnisse in fremden<br />

Sprachen hat, sei mit der Literatur des Auslandes wenig vertraut. Deshalb kennt er die westeuropäischen<br />

Gesellschaftstheorien, so sehr er sich dafür auch interessieren mag, nur ganz<br />

oberflächlich, bruchstückweise, aus zufälligen Artikeln in Zeitschriften und aus gelegentlichen<br />

Übersetzungen. Der unentwickelte Zustand der gesellschaftlichen Verhältnisse in Rußland<br />

hatte bei uns die Ausarbeitung ernsthafterer selbständiger sozialer Lehren verhindert. All<br />

das mußte im Kopfe des Rasnotschinzen große Verwirrung anrichten. Tylor sagt in seiner<br />

„Anthropologie“, daß die Chinesen die englischen Schiffe, die sie zwar gekauft haben, aber<br />

nicht zu gebrauchen wußten, absichtlich verunstalten und ihre häßlichen Dschunken daraus<br />

machen. Genauso geht unser Rasnotschinze mit den gesellschaftlichen Lehren des Westens<br />

um.<br />

Hat er zufällig eine soziale Idee aufgegriffen, arbeitet er sie sofort auf russische Verhältnisse<br />

um, und dabei kommt nicht selten eine wahrhaft reaktionäre Utopie heraus.<br />

So finden sich auch in den Werken Gl. Uspenskis nicht wenige Beispiele einer solchen Behandlung<br />

der westeuropäischen sozialen Theorien. Er vergleicht die russischen gesellschaftlichen<br />

Verhältnisse gern mit den westeuropäischen. Zugunsten seiner Pläne bezüglich der Bindung<br />

der russischen Intelligenz an das Land schreibt er fast eine ganze Abhandlung über die<br />

schädlichen Folgen der Arbeitsteilung. Aber was ist das für eine Abhandlung! Der so talentvolle<br />

Belletrist wird zu einem ganz unbegabten Publizisten und zeigt eine völlige Unkenntnis<br />

des behandelten Gegenstandes. Er verwechselt Sozialismus mit Anarchismus, wobei, seiner<br />

Meinung nach, sowohl Sozialismus als auch Anarchismus nach „Kaserne und Stumpfsinn“<br />

riechen. Er wendet sich verächtlich von ihnen ab und sucht eilends Erquickung beim russi-<br />

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