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erschien nennen menschenähnlichen

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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 20.07.2013<br />

klopfen, und es kommt eine Unruhe über mich. Der Schnaps war meine einzige Rettung.<br />

Gleich ein Gläschen Schnaps. Sie sind vorbei. Nun, Gott sei Dank, da ist mir wieder leichter<br />

ums Herz.<br />

[595] Sind sie aber in den Hof eingebogen, trinke ich gleich aus der Flasche... Anders als<br />

betrunken kennt mich der Polizeikommissar überhaupt nicht... Kam da eines Morgens doch<br />

der Polizeivorsteher an... Natürlich, wie ich das Glöckchen höre, hab ich sofort nach der<br />

Schnapsflasche gegriffen.<br />

Ich schiele durchs Fenster und sehe die Pferde des Vorstehers – noch einen Zug!<br />

Ich war plötzlich ganz fröhlich. Das ist wegen der Steuer, dachte ich. Nein. Nur so Papiere,<br />

die nichts zu bedeuten hatten. Da sitzt er da, plaudert, schaut so ein bißchen seltsam, und<br />

dann fragt er mich, wer zu mir kommt. Er erkundigt sich nach fremden Personen, die bei uns<br />

die Landwirtschaft lernen wollen. Später hab ich erfahren, daß auch im Dorf so einer gewesen<br />

ist und namentlich die Weiber ausgefragt hat: wer da alles zu mir kommt, und was die<br />

machen. Was ich für ein Leben führe. Wie ich mich aufführe. ‚Das heißt, wie Sie zum weiblichen<br />

Geschlecht stehen‘ – haben die Bauern mir zur näheren Erklärung gesagt. Und ein paar<br />

Tage darauf kommt wieder ein Beamter, ein unterer, ein neuer. Der Pope hat mich auch besucht.<br />

Da sehe ich, der tut so seltsam, redet so um die Sache herum, macht so Andeutungen,<br />

als wenn er sich entschuldigen möchte. Und dann kriegte ich’s mit der Einbildung zu tun, und<br />

das ist schon das allerschlimmste. Die Bauern sagen, wenn man plötzlich krank wird, das<br />

kommt meistens auch von der Einbildung. Und dann hab ich immer mehr und mehr getrunken.<br />

Dann hab ich gehört, wie die Bauern so unter sich reden, wie sie es als gewiß hinstellen,<br />

wie sie sagen: Sie und der Herr, Sie werden sich zu verantworten haben. Was da bei ihm gemacht<br />

wird, was für Leute da zu ihm hinkommen? So was hat’s doch noch nie gegeben, daß<br />

Herren selber arbeiten. 1<br />

Entweder bilde ich mir schon alles ein, aber ich merke doch: wenn ich dem Bauern einen Geldschein<br />

gebe, dann wendet er ihn um und immer wieder um, schaut ihn genau an. Aha, denk ich<br />

– die haben mich im Verdacht, daß bei mir falsche Scheine hergestellt werden... Im Frühjahr<br />

sind dann noch häufiger Amtspersonen gekommen: sie verlangten von allen die Ausweise zu<br />

sehen, trugen sie ein, untersuchten sie genau, die neu Ankommenden untersuchten sie, von ihnen<br />

wurde das Signalement aufgenommen: es ist befohlen, daß man jeden persönlich kennt,<br />

sagten sie... Dann hab ich angefangen, stark zu trinken, ohne Unterlaß... Ich bin krank geworden<br />

und konnte nicht mehr gehen... Wenn ich aufs Feld ging, war ich zu schwach zum Gehen...<br />

Kam ich heim und nahm das Zeitungsblatt in die Hand, dann war ich noch aufgeregter. Die<br />

Buchstaben [596] flossen ineinander, es war wie so ein Nebel. Und dann tauchte durch den<br />

Nebel das Gesicht des Polizeibeamten mit dem Käppi auf“ (S. 417, 418, 419).<br />

Das ist also das Glück, das Herr Engelhardt der russischen Intelligenz zu bieten hat!<br />

Mit einem solchen Glück kann man gar leicht „die Welt in Erstaunen setzen“, aber es sind<br />

nicht viele, die sich damit zufriedengeben.<br />

Damit unser intellektueller Rasnotschinze die Möglichkeit habe, über seine Persönlichkeit<br />

frei zu verfügen, ohne sich vor der Willkür der Behörden fürchten zu müssen, muß er sich vor<br />

allem die „Menschen- und Bürgerrechte“ erkämpfen, und dazu muß er den Absolutismus<br />

bekämpfen, und im Kampf gegen den Absolutismus muß er sich irgendwo eine feste Stütze<br />

sichern.<br />

Freilich, indem unsere Regierung die landwirtschaftlichen Bestrebungen des Rasnotschinzen<br />

unterbindet, zeigt sie wieder, wie schon immer, daß sie absolut nicht versteht, was in ihrem<br />

1 Bekanntlich kamen zu Herrn Engelhardt mehrere „Intellektuelle“, um die Bauernarbeit zu lernen.<br />

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