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erschien nennen menschenähnlichen

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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 20.07.2013<br />

nannte Zivilisation schonungslos zerstört.“ Ihr Einfluß „tritt bei dem harmlosen Dorfbewohner<br />

in Erscheinung, wenn er nur im geringsten damit in Berührung kommt. Es ist buchstäblich<br />

so: bei der allerleisesten Berührung damit verwandeln sich tausendjährige Idealgebäude<br />

in Kleinholz.“ Gl. Uspenski ist der Ansicht, daß „Iwan Jermolajewitsch und seinesgleichen in<br />

spätestens zehn Jahren“, wenn es so weiter geht wie jetzt, „auf der Welt nichts mehr zu suchen<br />

haben“. Wo ist der Ausweg aus dieser hoffnungslosen Lage?<br />

Früher haben etliche unserer revolutionären Volkstümler angenommen, es sei gar nicht so<br />

schwer, einen Ausweg zu finden: eine soziale Revolution müsse durchgeführt werden, die das<br />

keimende Gewächs des dritten und vierten Standes mit der Wurzel austilgen würde und nach<br />

der Iwan Jermolajewitsch dann ein Leben in Wohlstand führen könnte. Die Erfahrung hat<br />

gezeigt, daß es leicht ist, von der bäuerlichen Revolution zu reden, aber unmöglich, sie<br />

durchzuführen. Iwan Jermolajewitsch sind alle revolutionären Bestrebungen fremd. Er ist<br />

konservativ sowohl in seinem Denken als auch auf Grund seiner Lage. Er glaubt, daß es ohne<br />

den Zaren nicht gehe, daß man ihm zu gehorchen habe und daß sich nur Menschen gegen ihn<br />

auflehnen können, die gar keinen Verstand haben. Gl. Uspenski hat niemals daran gedacht,<br />

die Bauern „aufzuwiegeln“, es ist ihm niemals in den Sinn gekommen, die Grundlagen der<br />

heutigen Staats- und Gesellschaftsordnung in Rußland zu erschüttern. Er hat nur manchmal<br />

versucht, die Grundlagen einiger „intellektueller Unvollkommenheiten“ der Einrichtungen<br />

des Dorfes zu erschüttern. Aber er ist dabei unausweichlich zu der unerfreulichen Schlußfolgerung<br />

gekommen: „Laß die Hände davon.“ Gl. Uspenski hat gesehen, daß „Iwan Jermolajewitsch“<br />

auf alle seine Beweisgründe nur die eine Antwort hat: Anders geht es nicht.<br />

Aber dieses Festhalten an den gegebenen Einrichtungen kann sich nur auf die so lange Dauer<br />

ihres Bestehens und auf eine durch die Natur selbst bedingte Stabilität berufen. Und einzig<br />

und allein weil Iwan Jermolajewitsch ein gutmütiger Mensch ist, beschränkt er sich dem Um-<br />

[590]stürzler gegenüber auf eine so milde Antwort; ist er aber ein nicht besonders mildherziger<br />

Mann, so muß seine Antwort für den, der diese oder jene Grundlage antasten will, unbedingt<br />

darin zum Ausdruck kommen, daß er diesen Umstürzler selbst der „Obrigkeit“ übergibt.<br />

Also: die kollektive Bearbeitung der Felder einzuführen, ist unmöglich; Iwan Jermolajewitsch<br />

gegen die Obrigkeit aufzuwiegeln, daran ist nicht zu denken; und nicht genug damit:<br />

wenn man bloß den Versuch macht, irgend etwas an seinen Verhältnissen zu ändern, ist man<br />

schon ein leichtfertiger „Erschütterer der Grundlagen“, den Iwan Jermolajewitsch „den Behörden<br />

übergeben muß“. Das sind die Schlußfolgerungen, zu denen die „wunderbare Logik“<br />

der Weltanschauung des Volkes den Volkstümler führt! Was soll man da tun? Soll man dem<br />

Volk Lesen und Schreiben beibringen? Aber, erstens sagt die „Obrigkeit“, indem sie die Leitung<br />

der Schulen in die Hände der Geistlichkeit legt, auch ihrerseits ganz unzweideutig zum<br />

Volkstümler: „Laß die Hände davon!“, und zweitens versteht Iwan Jermolajewitsch selbst<br />

nicht recht, was es für einen Nutzen haben soll, wenn er lesen und schreiben kann, solange er<br />

in der Sphäre seiner bäuerlichen Ideale verbleibt. Der Autor selbst konnte, da er sich unter<br />

dem Einfluß dieser Ideale befand, auf keine Weise begreifen, weshalb man dem Sohn des<br />

Iwan Jermolajewitsch, dem kleinen Mischa, Lesen und Schreiben beibringen sollte: „Und vor<br />

allem, ich konnte mir absolut nicht vorstellen, was man ihm eigentlich beibringen sollte. Daher<br />

kam, wenn ich mich mit Iwan Jermolajewitsch über das Lernen unterhielt, immer nur das<br />

eine zur Sprache: Man muß... Man muß, man muß – aber was eigentlich und zu welchem<br />

Zweck, das war Iwan Jermolajewitsch unbekannt und unverständlich; und ich bin schon zu<br />

faul dazu, um ihm das auseinanderzusetzen, und ich weiß selbst nicht mehr recht, womit man<br />

dieses man muß eigentlich begründen soll.“<br />

Iwan Jermolajewitsch schickt seinen Sohn trotzdem in die Schule, aber das tut er einzig und<br />

allein, weil er so eine dunkle Ahnung hat, daß in den wirtschaftlichen Verhältnissen etwas<br />

Neues kommt. „Es kommt ihm allmählich so vor, als ob später einmal etwas Schlimmes,<br />

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