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erschien nennen menschenähnlichen

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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 20.07.2013<br />

der Geist noch Moral, Wissenschaft, Kunst, noch ein einigermaßen bewußtes gesellschaftliches<br />

Leben. Das Denken des Menschen liegt dort in tiefem Schlaf, und an Stelle des Denkens<br />

ist die objektive Logik der Tatsachen schon durch die Natur der dem Menschen aufgezwungenen<br />

Produktionsverhältnisse der landwirtschaftlichen oder einer anderen Arbeit wirksam.<br />

Diese unbewußte Logik schafft manchmal außergewöhnlich „wohlgefügte“ gesellschaftliche<br />

Organisationen. Aber schmeichelt euch nicht mit ihrem wohlgeordneten Zustand, und setzt<br />

ihn insbesondere nicht auf das Konto von Menschen, die gar nichts dafür können. Dafür verbürgt<br />

sich Gl. Uspenski selbst. In der Skizze „Nicht aus freiem Willen“ läßt er einen gewissen<br />

Pigassow hierüber recht vernünftige Gedanken aussprechen, die leider mitunter mit recht<br />

seltsamen Betrachtungen bezüglich des Westens vermischt sind. „Mir scheint“, so urteilt<br />

Pigassow, der, nebenbei gesagt, gegen Uspenskis Theorie eine überaus treffende kritische<br />

Bemerkung vorbringt, „daß unser Bauer, unser Volk ohne eigenen Willen, ohne eigenes<br />

Denken lebt, daß es nur lebt, indem es sich von seiner Arbeit leiten läßt... Es führt nur die<br />

Verpflichtungen aus, welche ihm diese Arbeit auferlegt. Und da diese Arbeit gänzlich von<br />

den harmonischen Gesetzen der Natur abhängt, ist auch sein Leben harmonisch und erfüllt,<br />

aber ohne jegliche Anstrengung von seiner Seite, ohne jegliches eigenes Denken...“ „Wenn<br />

man eine Dohle fängt und ihre ganze Organisation betrachtet, so muß man staunen, wie wunderbar<br />

vernünftig sie gebaut ist, wieviel Vernunft in ihrer Organisation steckt, wie alles aufeinander<br />

abgepaßt und ineinander gefügt, nirgends eine überflüssige Feder oder ein Winkel,<br />

eine unnötige, unharmonische und nicht streng durchdachte Linie vorhanden ist...“ „Aber<br />

wessen Geist war hier wirksam? Wessen Wille? Wollt ihr vielleicht das alles der Dohle selbst<br />

beilegen? Ist dann nicht jede beliebige [584] Dohle ein überaus geniales Wesen, ein alles<br />

umfassender Geist?...“ „Wenn man rühmend von unserer Dorfgemeinschaft, dem Artel,<br />

spricht, ist das nicht das gleiche, wie wenn man sich selbst und seinem eigenen Geiste den<br />

genialen Bau seines eigenen Körpers, seines Nerven- und Blutgefäßsystems zuschreibt, das<br />

gleiche, wie wenn man der Dohle glänzende Erfolge in der geistigen Entwicklung zuschreibt,<br />

da sie es wunderbar verstanden hat, sich selbst zu bauen, und nicht nur dahinfliegen kann,<br />

wohin und wann es ihr beliebt, sondern auch weiß; daß der Bauer fünf Werst von hier Hafer<br />

verstreut hat und daß sie dahin muß...“<br />

Weiß Gl. Uspenski, daß alles, was er bezüglich des kollektiven Lebens sagt, eine glänzende<br />

künstlerische Illustration zu dem Werke eines deutschen Philosophen bildet, den unsere gebildeten<br />

Rasnotschinzen schon seit langem für einen rückständigen Metaphysiker erklärt haben?<br />

Wir meinen Hegel. Schlagen Sie seine „Philosophie der Geschichte“ auf und lesen Sie<br />

dort die Seiten, die sich auf den Osten beziehen. Sie werden sehen, daß Hegel über das „kollektive<br />

Leben“ der östlichen Völker genau das gleiche sagt, was Uspenski über das Leben des<br />

russischen Volkes sagt. Nach der Ansicht Hegels bilden „kollektives Denken“, „kollektive<br />

Sittlichkeit“ und überhaupt das kollektive Leben eine charakteristische Besonderheit des<br />

Ostens im allgemeinen und Chinas im besonderen. Natürlich gebraucht Hegel eine andere<br />

Terminologie. Nach seinen Worten fehlt im Osten das Prinzip der Individualität, deshalb sind<br />

sowohl Sittlichkeit wie auch Geist für das Individuum etwas Äußerliches, das ohne seine<br />

Mitwirkung entstanden ist und existiert. „Weil der Geist die Innerlichkeit noch nicht erlangt<br />

hat, so zeigt er sich überhaupt nur als natürliche Geistigkeit.“ In China wie in Rußland<br />

(d. h., wie es unseren Volkstümlern erscheint) gibt es weder Klassen noch einen Klassenkampf.<br />

China ist das Land der absoluten Gleichheit, und alle Unterschiede, die wir dort<br />

finden, verdanken ihr Bestehen dem Mechanismus der staatlichen Verwaltung. Eine Person<br />

kann nur deshalb über einer anderen stehen, weil sie in diesem Mechanismus eine höhere<br />

Stufe einnimmt.<br />

„Weil in China Gleichheit, aber keine Freiheit herrscht, ist der Despotismus die notwendig<br />

gegebene Regierungsform“, bemerkt Hegel... „Im chinesischen Reiche sind aber diese beson-<br />

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