erschien nennen menschenähnlichen
Zur PDF-Datei... - Max Stirner Archiv Leipzig Zur PDF-Datei... - Max Stirner Archiv Leipzig
OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 20.07.2013 „‚Diese Medaille, wo hast du die bekommen?‘ ‚Für Polen!‘ ‚Hm, und wieso?‘ ‚Was da war?‘ ‚Das war wohl bei dem Aufstand, den die dort gemacht haben?‘ ‚Ja, was denn? Da war weiter nichts, die wollten ihren eigenen Zaren haben!‘ ‚Ach, diese Ehrvergessenen‘, sagte der Küster und schüttelte den Kopf. ‚Und wie ist denn das Volk dort?‘ ‚Das Volk ist, wie überall, nichts.‘ ‚Nichts?‘ ‚Nichts.‘“ Derselbe Veteran Iwan Jermolajewitsch mit seiner Medaille auf der Brust erzählt nun, wie er seinen Bruder, den Bauern, „befriedet“ hat. „‚Nun, da sind wir hingekommen. Hinter einem Dorf haben wir gehalten. Die Weiber und Mädchen sind davongelaufen – die haben gemeint, daß die Soldaten allerhand schändliche Dinge mit ihnen vorhaben... ‚Na, so ein Unsinn!‘ bemerkt der Küster. ‚Die sind alle nur so davongerannt... und die Männer sind gekommen und haben uns gastfreundlich empfangen, die haben gemeint, wir tun ihnen nichts! He he!‘ ‚So was Dummes, hi hi!‘ ‚Es ist schon wahr, ein furchtbarer Jammer! Ich sag’ zu einem: Wißt ihr was, ihr Kinder, sag’ ich, euern Blödsinn könnt ihr sein lassen! Mit uns ist nicht zu spaßen; wenn wir einen Befehl bekommen, müssen wir ihn auch ausführen, und dann geht’s euch schlecht... Gegen uns, sagen die dann, sind keine Kugeln ausgegeben.‘ ‚So ein Blödsinn!‘ ‚So sagen sie: es sind keine Kugeln ausgegeben... und ich sag’: ihr werdet schon sehen, wenn ihr euch nicht fügt.‘ ‚Nun, und was dann?‘ ‚Nun, wie’s eben so geht, sie haben sich nicht gefügt. Und die Mütze haben sie nicht abgenommen! Die Obrigkeit gab das Kommando: blind schießen! Wie wir dann blind geschossen haben, da hat sich keiner von [580] der Stelle gerührt! Gewiehert haben sie alle wie die Gäule! Ho ho ho! Die haben keine Kugeln... Wir haben keine? Nein. Nun denn! Es ist das Kommando gekommen. Und dann hat’s geknallt! Lieber Himmel! Sind die aber gerannt! Die haben gar nicht mehr gewußt, wo sie hinrennen sollen, hi hi hi... Ha! Wenn ihr meint, wir haben keine Kugeln!‘ ‚Ah... Das paßt dir nicht?‘ ‚Denen haben wir gezeigt, ob wir Kugeln haben!‘ ‚Ha ha ha! Solche Schafsköpfe! Keine Kugeln! Und das haben sie sich so eingebildet!‘ ‚Hernach haben sie’s schon gemerkt.., aber richtig!. ‚Jetzt sind sie aber geheilt für alle Zeiten!‘“ 16
OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 20.07.2013 Nun sagen Sie, warum hat dieser Iwan Jermolajewitsch auf andere Iwan Jermolajewitschs geschossen, die man bei ihrem Hakenpflug gelassen hatte und die in kein Infanterieregiment eingezogen worden waren? Weshalb hat er auf die Polen geschossen, die, wie er selbst sagt, nichts anderes verbrochen hatten, als daß sie „ihren eigenen Zaren haben wollten“? Denkt er, daß es ein schweres Verbrechen ist, wenn man seinen eigenen Zaren haben will? Denkt er das? Aber was sagen wir – denkt er?! Die ganze Sache ist hier doch die, daß Iwan Jermolajewitsch, nachdem er Hakenpflug, Egge, Enten und Kühe verlassen hat, überhaupt nicht mehr denkt. Wir haben bereits gesehen, daß sich sein Gesichtskreis auf die engen Grenzen der bäuerlichen Wirtschaft beschränkt. Wir wissen bereits, wie verschwommen seine Vorstellungen von allem sind, was darüber hinausgeht. Wir haben insbesondere feststellen können, daß er ein sehr schlechter Politiker ist, daß er „nichts weiß von der Entstehung und der Bedeutung der Obrigkeit, daß er, wenn diese Obrigkeit seinem breiten Rücken die Lasten des Krieges aufbürdet, sich nicht Rechenschaft darüber ablegt, wofür er geführt wird und wo sich das feindliche Land befindet“ usw. Er weiß nur eins: „was der Zar befiehlt, das muß geschehen“, und auf den Befehl des Zaren ist er bereit, jeden, wer es auch sei, zu „befrieden“. In der Erzählung „Kleine Fehler des Mechanismus“ („Gott ist dem Sünder gnädig“) begegnen wir unter anderem einem Burschen, der, dazu postiert, den Holzschuppen eines Kaufmanns zu bewachen, im Übereifer mit dem Knüppel einen Bettler erschlagen hat, der an dem Schuppen vorüberging. „Was hab ich denn Schlimmes getan“, so rechtfertigt sich der Bursche, „es hat geheißen: hau hin! – und da hau ich eben hin. Was man uns sagt, das tun wir auch.“ Wenn man einem solchen Burschen ein Gewehr in die Hand gibt und schreit „los!“ – dann schießt er auf die Polen, auf den „Studenten“ und auf seinen eigenen Bruder, Iwan Jermolajewitsch, und dann, wenn er sie alle nacheinander niedergeschossen und befriedet hat, wird er zu einem sagen, daß diese Leute alle gar nicht „un-[581]recht“ gewesen seien, und es wird ihm in der Seele leid tun, daß sie das Unglück gehabt haben, sich nicht zu „fügen“. Im Französischen gibt es ein interessantes Buch von Menant: „Annales des rois d’Assyrie“. Dieses Buch ist eine Übersetzung authentischer Inschriften von der Hand assyrischer Könige auf verschiedenen Denkmälern von Ninive. Die assyrischen Selbstherrscher prahlen in unerträglicher Weise, nach orientalischer Sitte, mit ihren Siegen und Eroberungszügen. Wenn sie von der Befriedung eines inneren oder äußeren Feindes erzählen, schildern sie sehr anschaulich das Blutbad und die Verwüstungen, die sie angerichtet haben. „Ich habe eine große Menge von ihnen erschlagen“, ruft der Sieger aus, „und ihre Leichen schwammen auf dem Fluß wie Balken.“ Selbstverständlich führten die Befriedungsaktionen in Wirklichkeit nicht die Könige durch, sondern die ihnen zur Verfügung stehenden Heere, die aus assyrischen Bauern wie Iwan Jermolajewitsch bestanden. Diese letzteren waren sicherlich der Meinung, daß die von ihnen vernichteten Stämme und Völker „nichts getan“ hatten, und sie hatten von sich aus ganz und gar nichts gegen sie und verübten die Grausamkeiten einfach auf Grund der Tatsache, daß die Politik für sie „im König konzentriert war“ und daß „getan wurde, was der König sagte“. Den assyrischen Iwan Jermolajewitschs gab man Bogen und Pfeile in die Hand, die assyrischen Murawjows riefen ihnen zu „los!“‚ und sie vollführten das Werk der „Befriedung“ ohne große Grübelei, und die Leichen der Befriedeten „schwammen auf dem Fluß wie Balken“. Aus den „Einflüssen“ der landwirtschaftlichen Arbeit lassen sich fast alle Besonderheiten der alten Geschichte des Orients erklären. VIII Verweilen wir bei einer weiteren „Besonderheit“, die wir diesmal der Skizze „Kleine Reiseerinnerungen“ entnehmen. Gl. Uspenski kehrte von seinen Fahrten auf dem Kaspischen Meer zurück, und er war zu seiner Verwunderung in einer seltsamen, unerklärlich traurigen Stimmung. Dem Dampfer, auf 17
- Page 361 and 362: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 363 and 364: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 365 and 366: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 367 and 368: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 369 and 370: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 371 and 372: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 373 and 374: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 375 and 376: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 377 and 378: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 379 and 380: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 381 and 382: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 383 and 384: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 385 and 386: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 387 and 388: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 389 and 390: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 391 and 392: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 393 and 394: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 395 and 396: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 397 and 398: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 399 and 400: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 401 and 402: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 403 and 404: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 405 and 406: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 407 and 408: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 409 and 410: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 411: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 415 and 416: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 417 and 418: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 419 and 420: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 421 and 422: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 423 and 424: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 425 and 426: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 427 and 428: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 429 and 430: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 431 and 432: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 433 and 434: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 435 and 436: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 437 and 438: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 439 and 440: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 441 and 442: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 443 and 444: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 445 and 446: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 447 and 448: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 449 and 450: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 451 and 452: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 453 and 454: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 455 and 456: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 457 and 458: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 459 and 460: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
- Page 461 and 462: OCR-Texterkennung durch Max Stirner
OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 20.07.2013<br />
Nun sagen Sie, warum hat dieser Iwan Jermolajewitsch auf andere Iwan Jermolajewitschs<br />
geschossen, die man bei ihrem Hakenpflug gelassen hatte und die in kein Infanterieregiment<br />
eingezogen worden waren? Weshalb hat er auf die Polen geschossen, die, wie er selbst sagt,<br />
nichts anderes verbrochen hatten, als daß sie „ihren eigenen Zaren haben wollten“? Denkt er,<br />
daß es ein schweres Verbrechen ist, wenn man seinen eigenen Zaren haben will? Denkt er<br />
das? Aber was sagen wir – denkt er?! Die ganze Sache ist hier doch die, daß Iwan Jermolajewitsch,<br />
nachdem er Hakenpflug, Egge, Enten und Kühe verlassen hat, überhaupt nicht mehr<br />
denkt. Wir haben bereits gesehen, daß sich sein Gesichtskreis auf die engen Grenzen der bäuerlichen<br />
Wirtschaft beschränkt. Wir wissen bereits, wie verschwommen seine Vorstellungen<br />
von allem sind, was darüber hinausgeht. Wir haben insbesondere feststellen können, daß er<br />
ein sehr schlechter Politiker ist, daß er „nichts weiß von der Entstehung und der Bedeutung<br />
der Obrigkeit, daß er, wenn diese Obrigkeit seinem breiten Rücken die Lasten des Krieges<br />
aufbürdet, sich nicht Rechenschaft darüber ablegt, wofür er geführt wird und wo sich das<br />
feindliche Land befindet“ usw. Er weiß nur eins: „was der Zar befiehlt, das muß geschehen“,<br />
und auf den Befehl des Zaren ist er bereit, jeden, wer es auch sei, zu „befrieden“. In der Erzählung<br />
„Kleine Fehler des Mechanismus“ („Gott ist dem Sünder gnädig“) begegnen wir<br />
unter anderem einem Burschen, der, dazu postiert, den Holzschuppen eines Kaufmanns zu<br />
bewachen, im Übereifer mit dem Knüppel einen Bettler erschlagen hat, der an dem Schuppen<br />
vorüberging. „Was hab ich denn Schlimmes getan“, so rechtfertigt sich der Bursche, „es hat<br />
geheißen: hau hin! – und da hau ich eben hin. Was man uns sagt, das tun wir auch.“ Wenn<br />
man einem solchen Burschen ein Gewehr in die Hand gibt und schreit „los!“ – dann schießt<br />
er auf die Polen, auf den „Studenten“ und auf seinen eigenen Bruder, Iwan Jermolajewitsch,<br />
und dann, wenn er sie alle nacheinander niedergeschossen und befriedet hat, wird er zu einem<br />
sagen, daß diese Leute alle gar nicht „un-[581]recht“ gewesen seien, und es wird ihm in der<br />
Seele leid tun, daß sie das Unglück gehabt haben, sich nicht zu „fügen“. Im Französischen<br />
gibt es ein interessantes Buch von Menant: „Annales des rois d’Assyrie“. Dieses Buch ist<br />
eine Übersetzung authentischer Inschriften von der Hand assyrischer Könige auf verschiedenen<br />
Denkmälern von Ninive. Die assyrischen Selbstherrscher prahlen in unerträglicher Weise,<br />
nach orientalischer Sitte, mit ihren Siegen und Eroberungszügen. Wenn sie von der Befriedung<br />
eines inneren oder äußeren Feindes erzählen, schildern sie sehr anschaulich das<br />
Blutbad und die Verwüstungen, die sie angerichtet haben. „Ich habe eine große Menge von<br />
ihnen erschlagen“, ruft der Sieger aus, „und ihre Leichen schwammen auf dem Fluß wie Balken.“<br />
Selbstverständlich führten die Befriedungsaktionen in Wirklichkeit nicht die Könige<br />
durch, sondern die ihnen zur Verfügung stehenden Heere, die aus assyrischen Bauern wie<br />
Iwan Jermolajewitsch bestanden. Diese letzteren waren sicherlich der Meinung, daß die von<br />
ihnen vernichteten Stämme und Völker „nichts getan“ hatten, und sie hatten von sich aus<br />
ganz und gar nichts gegen sie und verübten die Grausamkeiten einfach auf Grund der Tatsache,<br />
daß die Politik für sie „im König konzentriert war“ und daß „getan wurde, was der König<br />
sagte“. Den assyrischen Iwan Jermolajewitschs gab man Bogen und Pfeile in die Hand,<br />
die assyrischen Murawjows riefen ihnen zu „los!“‚ und sie vollführten das Werk der „Befriedung“<br />
ohne große Grübelei, und die Leichen der Befriedeten „schwammen auf dem Fluß wie<br />
Balken“. Aus den „Einflüssen“ der landwirtschaftlichen Arbeit lassen sich fast alle Besonderheiten<br />
der alten Geschichte des Orients erklären.<br />
VIII<br />
Verweilen wir bei einer weiteren „Besonderheit“, die wir diesmal der Skizze „Kleine Reiseerinnerungen“<br />
entnehmen.<br />
Gl. Uspenski kehrte von seinen Fahrten auf dem Kaspischen Meer zurück, und er war zu seiner<br />
Verwunderung in einer seltsamen, unerklärlich traurigen Stimmung. Dem Dampfer, auf<br />
17