18.09.2015 Views

erschien nennen menschenähnlichen

Zur PDF-Datei... - Max Stirner Archiv Leipzig

Zur PDF-Datei... - Max Stirner Archiv Leipzig

SHOW MORE
SHOW LESS
  • No tags were found...

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.

OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 20.07.2013<br />

Denken Sie nicht, lieber Leser, diese landwirtschaftliche „Gerechtigkeit“ vollziehe sich so,<br />

daß sich daraus für gar niemand auch nur die geringsten Unannehmlichkeiten ergeben: in den<br />

Werken des gleichen GI. Uspenski finden wir hierüber äußerst aufschlußreiche Einzelheiten.<br />

„Da lebt neben dem Hause eines Bauern, der zwanzigtausend Rubel zusammengescharrt hat,<br />

ein altes Mütterchen mit ihren Enkelinnen. Sie kann nicht einmal einheizen, kann nichts kochen,<br />

wenn sie nicht irgendwo heimlich wie eine Diebin ein paar Holzspänchen zusammensucht,<br />

ganz zu schweigen vom Winter, wo sie halb erfrieren muß.<br />

‚Aber ihr habt doch Gemeindewald?‘ rufen Sie als Dilettant in bäuerlichen Verhältnissen<br />

verwundert aus.<br />

‚Unsereins kriegt nichts davon.‘<br />

‚Warum denn nicht?‘<br />

‚Nun ja, es ist eben so, es können nicht alle was bekommen.‘“<br />

Oder:<br />

„‚Gebt mir was, um Christi willen.‘<br />

‚Bist du von hier?‘<br />

‚Ja, ich bin von hier.‘<br />

‚Wie ist denn das bei dir gekommen?‘<br />

‚Ja, wie das gekommen ist! Uns ist es, mein Lieber, recht gut gegangen, [571] dann hat mein<br />

Mann im Gutshof an der Scheune gearbeitet und ist vom Dach runtergefallen, und nun liegt<br />

er schon über ein halbes Jahr da... Die Leute sagen, man muß ihn in die Stadt bringen, ja, aber<br />

wie soll man ihn hinbringen? Ich bin allein mit den Kindern. Das Land hat die Dorfgemeinde<br />

genommen.‘<br />

‚Wieso genommen? Weshalb?‘<br />

‚Wer soll denn die Kopfabgaben dafür bezahlen? Gott sei Dank, daß man die Abgaben erlassen<br />

hat. Uns fehlt doch die Kraft‘“, usw.<br />

Sowohl das alte Mütterchen mit den Enkelinnen, die das bißchen Holz stehlen muß, als auch<br />

die Frau des Bauern, der sich bei der Arbeit auf dem Gutshof Schaden zugezogen hat, sind<br />

ohne Bodenanteil und ohne Brennholz eben kraft derselben „Logik“ der landwirtschaftlichen<br />

Einrichtungen, welche bewirkt, daß man dem „Schwachen, der seine landwirtschaftliche<br />

Aufgabe nicht erfüllen kann“, das Land wegnimmt und es einem anderen gibt, „der kräftiger,<br />

energischer“ ist. Gl. Uspenski sieht sehr wohl die Schattenseiten des „wohlgeordneten“ Lebens<br />

des Dorfes, aber er findet sich damit ab, indem er sich auf den Standpunkt der Bauern<br />

stellt. Er begreift jetzt die Unvermeidlichkeit vieler Erscheinungen, über die er sich früher so<br />

sehr gegrämt und entrüstet hatte. Seine Nerven werden „gewissermaßen kräftiger“ und beginnen<br />

„eine gewisse Unempfindlichkeit zu zeigen in solchen Fällen, in denen sie früher, d.<br />

h. noch vor ganz kurzer Zeit, schmerzen mußten, wenn auch natürlich vergeblich“.<br />

Auch wir wollen dem Beispiel unseres Autors folgen. Wir wollen die bäuerlichen Einrichtungen<br />

unserer Zeit studieren und nicht verurteilen. Wir werden den Einfluß der landwirtschaftlichen<br />

Arbeit auf die Rechtsanschauungen und die politischen Ansichten der Bauern<br />

verfolgen.<br />

„Die gleichen landwirtschaftlichen Ideale sind auch in den juristischen Verhältnissen zu finden“,<br />

so fährt Gl. Uspenski fort: „das Besitztum gehört dem, durch dessen Schaffenskraft es<br />

begründet worden ist... Der Sohn erhält es und nicht der Vater, weil der Vater ein Trinker<br />

10

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!