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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 20.07.2013<br />

Sie haben ihr gedient, indem sie das Leben des Volkes dargestellt haben. Keine Spezialuntersuchungen<br />

können an die Stelle des von ihnen entworfenen Bildes des Volkslebens treten.<br />

Die Werke unserer volkstümlerischen Belletristen muß man ebenso aufmerksam studieren,<br />

wie man die statistischen Untersuchungen über die russische Volkswirtschaft oder die Schriften<br />

über das Gewohnheitsrecht der Bauern studiert. Kein Mann des öffentlichen Lebens, zu<br />

welcher Richtung er auch gehören mag, kann sagen, daß er dieses Studium nicht brauche. Es<br />

scheint, daß man den volkstümlerischen Belletristen aus diesem Grunde viele freiwillige und<br />

unfreiwillige Verstöße gegen die Ästhetik verzeihen kann.<br />

Überhaupt kann man sagen, daß unsere ästhetischen Kritiker in ihrem Kampfe gegen die<br />

Mängel der volkstümlerischen Belletristik zu gänzlicher Ohnmacht verdammt sind. Sie fassen<br />

die Sache nicht von der richtigen Seite an. Den volkstümlerischen Belletristen die Überzeugung<br />

beizubringen, daß sie sich für gesellschaftliche Probleme nicht interessieren dürfen,<br />

ist unmöglich, und sie davon überzeugen zu wollen, ist eine Albernheit. In Rußland leben wir<br />

jetzt in einer Zeit, wo die fortschrittlichen Schichten seiner Bevölkerung nicht anders können,<br />

als sich für [565] solche Fragen zu interessieren. Daher muß sich das Interesse an den gesellschaftlichen<br />

Problemen, so sehr sich die Herren von der ästhetischen Kritik dagegen sträuben<br />

mögen, notwendigerweise auch in der Belletristik widerspiegeln.<br />

Die Kritik muß sich zum mindesten mit diesem Umstand abfinden. Damit will indes nicht<br />

gesagt sein, daß sie vor den Mängeln der Kunstwerke unserer Volkstümler die Augen verschließen<br />

soll. Sie muß nur ein anderes Kampfmittel anwenden. Es ist lächerlich, solche<br />

Werke schulmäßig, „mit Lehrbüchern der Poetik und Rhetorik in der Hand“, zu behandeln,<br />

wie einer der Kritiker des „Sewerny Westnik“ richtig bemerkt. Es wäre jedoch durchaus nicht<br />

lächerlich, sondern vollauf angebracht, die Frage untersuchen zu wollen, inwieweit die Ansichten<br />

über das russische Leben, die sich unsere volkstümlerischen Belletristen angeeignet<br />

hatten, wohl begründet sind und ob nicht etwa die Hauptmängel hinsichtlich des künstlerischen<br />

Wertes ihrer Werke, wenn auch nur zum Teil, auf die Fehlerhaftigkeit und Beschränktheit<br />

dieser Ansichten zurückzuführen sind. Es ist sehr wohl möglich, daß es der Kritik, wenn<br />

sie die strittige Frage in dieser Richtung untersuchte, gelingen würde, einen anderen, richtigeren<br />

Gesichtspunkt aufzuzeigen, der, ohne aus der Belletristik die brennenden Zeitfragen auszuscheiden,<br />

dazu führen würde, daß viele von den Mängeln, die ihr jetzt eigen sind, wegfallen.<br />

Dort, wo Belletristen zu Publizisten werden, bleibt selbst dem Kunstkritiker nichts anderes<br />

übrig, als sich mit dem Rüstzeug des Publizisten zu versehen.<br />

Im vorliegenden Artikel wollen wir die Werke des talentvollsten der volkstümlerischen Belletristen,<br />

Gl. I. Uspenskis, gerade von dieser Seite her betrachten.<br />

IV<br />

Gl. I. Uspenski ist schon seit langem schriftstellerisch tätig. Ende des vergangenen Jahres<br />

wurde der fünfundzwanzigste Jahrestag seines literarischen Schaffens gefeiert. 1 Während<br />

dieser ganzen Zeit blieb er der einmal eingeschlagenen Richtung im allgemeinen treu. Da<br />

aber auch die Volkstümlerrichtung selbst in mehreren wesentlichen Zügen eine Wandlung<br />

durchmachte, nimmt es nicht wunder, daß der Charakter der Werke unseres Autors ebenfalls<br />

nicht unverändert geblieben ist. In seinem Schaffen lassen sich drei Perioden unterscheiden.<br />

In seinen ersten Werken beschreibt Gl. Uspenski hauptsächlich das Leben des Volkes und<br />

zum Teil der kleinen Beamten. Er zeichnet das Leben [566] der unteren Gesellschaftsklassen,<br />

er beschreibt, was er sieht, ohne das Gesehene mit Hilfe einer Theorie erklären zu wollen und<br />

sogar ohne sich für eine bestimmte gesellschaftliche Theorie zu interessieren. Aus dieser Zeit<br />

1 Wir erinnern daran, daß dieser Artikel aus dem Jahre 1888 stammt.<br />

6

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