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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 20.07.2013<br />

setzte, die Gemüter in Schrecken zu versetzen und ihnen Abscheu vor den Sozialisten einzuflößen.<br />

Die Freunde der Ordnung sammelten für diese Propaganda schnell Zehntausende von<br />

Francs und „überschwemmten Frankreich mit Broschüren, die von gemeinsten Verleumdungen<br />

gegen die Anhänger der Demokratie strotzten“ 1 . Während sich der „russische [541]<br />

Macaulay der Zukunft“ an all das wohl erinnert, wird er in der Geschichte der Weltliteratur<br />

wohl kaum Beispiele eines derartigen Mißbrauchs „des freien künstlerischen Schaffens“ finden,<br />

wie sich die russischen Reaktionäre ihn erlauben. Die französischen Freunde der Ordnung<br />

verleumdeten ihre Feinde in Schriften, die auf künstlerische Form gar keinen Anspruch<br />

erhoben. Die Ehre, die belletristische Verleumdung aufgebracht oder wenigstens in bedeutendem<br />

Maße vervollkommnet zu haben, gebührt ganz und gar den russischen „Künstlern“<br />

der konservativen Richtung. B. Markewitsch verbreitete seine Lügen über den Nihilisten in<br />

solchen Werken „de longue haleine“ [großangelegt (wörtlich: mit langem Atem)]‚ die er<br />

gern, ohne dazu auch nur im geringsten berechtigt zu sein, den Werken Tolstois und Turgenews<br />

an die Seite stellte. Arme Kunst!<br />

Kehren wir zum „russischen Macaulay der Zukunft“ zurück. Man kann sich unschwer vorstellen,<br />

daß sich dieser künftige Kritiker und Historiker in einem seiner künftigen literarischen<br />

Artikel ungefähr in diesem Sinne äußern wird. Sowohl auf Grund seiner materiellen<br />

Lage wie auch durch seine literarischen Verbindungen hätte B. Markewitsch ein von der<br />

Willkür dieser oder jener Redaktion unabhängiger Schriftsteller sein können. Trotzdem aber<br />

stand er in solchen Beziehungen zu dem verstorbenen Redakteur des „Russki Westnik“ 2* ‚ die<br />

ihn zwangen, selbst im Gegensatz zu seinem eigenen künstlerischen Empfinden Menschen<br />

schlecht zu machen, von denen er sich nicht den leisesten Begriff machte. In welchen Beziehungen<br />

zur Redaktion des „Russki Westnik“ standen oder stehen nun heute andere Schriftsteller,<br />

die von ihr vielleicht auf Grund dieser oder jener Seite ihrer Vergangenheit abhängig<br />

sind? In welchen Beziehungen zu dieser Redaktion steht jetzt Herr D–ow, der in der Oktobernummer<br />

der genannten Zeitschrift die Skizze oder, besser gesagt, das Pasquill „In der<br />

Verbannung“ veröffentlicht hat? Herr D–ow war früher einmal in eine politische Affäre verwickelt,<br />

so daß ihm, wie er sagt, sogar die Todesstrafe drohte. Das kann man glauben, zumal<br />

man ja weiß, daß in Rußland die verschiedensten Menschen ohne Unterschied die Dornenkrone<br />

aufgesetzt bekamen. Aus diesen oder jenen Gründen wurde er begnadigt und nach Sibirien<br />

in die Verbannung geschickt. Es vergingen [542] einige Jahre, und Herr D–ow tritt auf in<br />

der neuen Rolle eines Mitarbeiters des „Russki Westnik“, und zwar eines derartig „vielversprechenden“<br />

Mitarbeiters, daß Herr Neslobin allen Grund hat, seine Konkurrenz zu fürchten.<br />

Wie hat sich wohl die Verwandlung eines politischen Verbrechers in einen Mitarbeiter eines<br />

reaktionären Journals vollzogen? Hat Herr D–ow vielleicht deshalb zur Feder gegriffen, weil<br />

er seine „Jugendsünde“ sühnen und seine verdorbene Karriere verbessern wollte? Die Redaktion<br />

des „Russki Westnik“ hat viele Beziehungen zu den „regierenden Kreisen“, und wem es<br />

gelingt, von ihr eine Bescheinigung über seine politische Zuverlässigkeit zu erhalten, kann<br />

ganz und gar auf die Nachsicht der genannten „Kreise“ rechnen. Um aber eine solche Be-<br />

1 Siehe „Histoire du second Empire“ par Taxile Delord, tome I, Paris 1869, p. 156. Delord macht seine Leser mit<br />

dem Inhalt einiger der von der Ordnungspartei herausgegebenen Broschüren bekannt. Da ist zum Beispiel die<br />

pikante Charakteristik der Roten in der Broschüre „Lettre d’un maire de village à ses administrés“: „Ein Roter ist<br />

überhaupt kein Mensch; er ist eben ein Roter; er hat kein Urteil, er kann nicht mehr denken, er hat keinen Sinn für<br />

Wahrheit noch für Gerechtigkeit, er hat weder Sinn für das Schöne noch für das Gute. Ohne Würde, ohne Moral,<br />

ohne Verstand, [541] opfert er seine Freiheit, seine Instinkte, seine Ideen dem Triumph der brutalsten und rohesten<br />

Leidenschaften; es ist ein ganz verdorbenes und verkommenes Subjekt; er trägt übrigens in seinem Gesicht das<br />

äußere Zeichen dieser Verkommenheit: eine gemeine, rohe, ausdruckslose Physiognomie, glanzlose, unstete Augen,<br />

die einen nie gerade anzusehen wagen und scheu sind wie Schweineaugen.“<br />

Hier wird ersichtlich, daß die malerische Beredsamkeit der französischen Freunde der Ordnung in nichts hinter der<br />

Beredsamkeit von Leuten wie Zionow, Neslobin, Schtscherban und ähnlichen zurücksteht.<br />

2* Der verstorbene Redakteur ist ebenfalls M. N. Katkow.<br />

3

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