18.09.2015 Views

erschien nennen menschenähnlichen

Zur PDF-Datei... - Max Stirner Archiv Leipzig

Zur PDF-Datei... - Max Stirner Archiv Leipzig

SHOW MORE
SHOW LESS
  • No tags were found...

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.

OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 20.07.2013<br />

des Romans „Der Umschwung“ 1* seinen Freund in die „Geheimnisse seines Schaffens“ ein,<br />

wie sich Herr A. M. 2* im Septemberheft des „Russki Westnik“ ausdrückt. Und man muß gestehen,<br />

daß „diese Geheimnisse groß sind“.<br />

Wir erfahren, daß sich B. Markewitsch „seinen Nihilisten erfinden“ mußte; ihm waren die<br />

Leute der ihm verhaßten negativen Richtung ganz und gar unbekannt. Er beneidet Turgenew,<br />

der seinen Basarow „nach dem lebenden Muster der Wesensart seines guten Bekannten<br />

Dobroljubow zugeschnitten hat“ 3* , wie er meint. Gerade die Tatsache, daß ihm das nihilistische<br />

Milieu unbekannt war, führt B. Markewitsch als Erklärung an, warum die von ihm geschaffenen<br />

Gestalten, wie zum Beispiel die Gestalt des Irinarch Owzyn im „Umschwung“,<br />

„so steif und eintönig wirken“. Er ist der Meinung, die Gestalt des Nihilisten Buinossow (im<br />

Roman „Der Abgrund“) sei deshalb besser gelungen, weil ihm die Charakterzüge dieses Helden<br />

der Prozeß gegen die Zarenmörder geliefert [540] habe, dem er eigens zu dem Zwecke<br />

beigewohnt, das Wesen der Nihilisten zu studieren. Nun versteht es sich von selbst, daß eine<br />

derartige Kenntnis der Nihilisten zu ihrer richtigen Darstellung völlig unzureichend war, und<br />

deshalb können wir sagen, daß B. Markewitsch im buchstäblichen Sinne des Wortes „nicht<br />

wußte, was er tat“. Wem nützte dieses „Schaffen“? Es nützte dem Redakteur des „Russki<br />

Westnik“ 4* , der bei Markewitsch Romane „bestellte“, wobei die Richtung dieser Romane und<br />

folglich auch die Darstellung der Nihilisten als Karikatur für den Verfasser „verbindlich“<br />

waren. Dieses niedliche Eingeständnis enthüllt dem Leser wirklich die Geheimnisse des<br />

Schaffens der reaktionären Belletristen, und der „russische Macaulay der Zukunft“, den B.<br />

Markewitsch in dem gleichen Brief erträumt, wird es sich natürlich zur Charakteristik eines<br />

gewissen Teils der Presse unserer Zeit zunutze machen. Wenn der russische Macaulay dem<br />

englischen Macaulay ähnlicher sein wird als Herr Schtschebalski, wird er nicht verfehlen, den<br />

literarischen Jünglingen des „Russki Westnik“ das Brandmal der Schande aufzudrücken. Er<br />

wird sagen, daß zur Ausführung solcher Aufträge, wie sie B. Markewitsch erteilt wurden,<br />

recht wenig „Inspiration“ und viel „Gewinnsucht“ notwendig war, nämlich das Streben, um<br />

jeden Preis das ausgemachte Seitenhonorar zu erhalten. Er wird sagen, daß sich die politischen<br />

Parteien überall in der Hitze des Kampfes zu den tendenziösesten gegenseitigen Angriffen<br />

und manchmal gar zu wissentlich verleumderischen gegenseitigen Beschuldigungen<br />

hinreißen ließen und daß die reaktionären Parteien von der Verleumdung besonders gern in<br />

ihrem Kampf gegen die Gebrauch machten, die fortschrittlich gesinnt waren. Er wird sich<br />

vielleicht an die literarischen Heldentaten der nach den Junitagen des Jahres 1848 aufgekommenen<br />

französischen Ordnungspartei erinnern, einer Partei, die, nach den Worten Taxile<br />

Delords, unzufrieden mit dem theoretischen Kampf gegen den Sozialismus, sich zum Ziel<br />

1* B. M. Markewitschs Roman „Der Umschwung“, der im „Russki Westnik“ in den Jahren 1880/81 veröffentlicht<br />

wurde, <strong>erschien</strong> 1882 als Einzelausgabe.<br />

2* A. M. ist der Schriftstellername A. Matwejews, der im Septemberheft des „Russki Westnik“, Jahrgang 1888,<br />

einen Aufsatz mit dem Titel „In der Epoche des Umbruchs“ erscheinen ließ, und zwar aus Anlaß des Buches „Die<br />

Briefe von B. M. Markewitsch an den Grafen A. K. Tolstoi, an P. K. Schtschebalski und andere“ (St. Petersburg<br />

1888), und er schrieb hier folgendes: „Es ist die Zeit einer besonderen Richtung in der Literatur gekommen: der<br />

Entlarvung der Entlarver.“ „B. M. Markewitsch nahm tätigen Anteil an dieser Richtung und verfolgte aufmerksam<br />

alle Peripetien des ‚Umschwungs an den Ufern der Newa‘.“ (S. 332.)<br />

3* Turgenew selbst bezeichnete eine andere Person als den Prototyp Basarows: „Der Hauptfigur Basarow lag die<br />

Persönlichkeit eines jungen Provinzarztes zugrunde, die mir sehr auffiel. (Er starb kurz vor 1860. – Es war ein<br />

gewisser N. B. Dmitrijew.) In diesem bemerkenswerten Menschen hatte sich – nach meiner Ansicht – das eben erst<br />

im Entstehen begriffene, noch gärende Prinzip ausgeprägt, das man später als Nihilismus bezeichnet hat.“ (Siehe<br />

„Erinnerungen aus Literatur und Leben“.) Die demokratische Kritik der sechziger Jahre erblickte in Basarow<br />

fälschlicherweise eine Karikatur auf die revolutionäre Jugend, insbesondere auf Dobroljubow. Diesen Gedanken<br />

hat auch Plechanow ausgesprochen.<br />

4* Der Redakteur des „Russki Westnik“ war M. N. Katkow, der nach dem polnischen Aufstand des Jahres 1863 zu<br />

einem leidenschaftlichen Verteidiger des Zarismus, zu einem Stimmführer der Reaktion und erbitterten Feind des<br />

Fortschritts und der Revolution wurde.<br />

2

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!