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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 20.07.2013<br />

[538]<br />

Die reaktionären Priester der Kunst und Herr A. W. Stern* , 1*<br />

I<br />

Während die Herren Kritiker des „Russki Westnik“ stets leidenschaftliche Anhänger der, wie<br />

es bei uns heißt, Theorie der Kunst für die Kunst waren, haben sich die Herren Belletristen,<br />

die sich in den Spalten dieser Zeitschrift betätigten, niemals durch eine so ideale Einstellung<br />

ausgezeichnet. Freilich haben auch sie keine Gelegenheit versäumt, von der „Freiheit des<br />

künstlerischen Schaffens“ und von den „ewigen Gesetzen der geheiligten Kunst“ zu reden;<br />

und mit Freuden haben sie auf jegliche Art und Weise die berühmten Dichterworte wiederholt:<br />

Nicht zu des Weltgewühls Bemeistrung,<br />

Nicht zu der Habgier Niederzwang –<br />

Geboren sind wir zur Begeistrung,<br />

Zum Preisgebet und Wonnesang! (A)<br />

Man muß jedoch bemerken, daß zwischen ihren Worten und ihren Taten immer ein großer<br />

Unterschied bestand. Indem die Belletristen des „Russki Westnik“ den „Wonnesang“ und<br />

„das Preisgebet“ Herrn Feth [539] überließen, mieden sie „das Weltgewühl“ nicht nur nicht,<br />

sondern beteiligten sich sogar recht gern an den „Kämpfen“ des ihnen Aufnahme gewährenden<br />

Organs mit den Leuten des feindlichen Lagers. Wem wäre zum Beispiel nicht bekannt,<br />

wie grimmig sie in ihren Schriften die „Nihilisten“ „bekämpften“? Wie es so immer üblich,<br />

waren die Nihilisten in diesen Schriften nie anders dargestellt als in Gestalt physischer, moralischer<br />

und geistiger Mißgeburten, die die russische Jugend sittlich zugrunde richteten – einzig<br />

und allein, weil sie „von der Revolution lebten“. Der „Russki Westnik“ hat stets auf die<br />

Einfalt der Leser spekuliert. Aber selbst dem naivsten Leser mußte die plumpe tendenziöse<br />

Richtung der „Kunst“werke der reaktionären Belletristen in die Augen stechen. Der leidenschaftlichste<br />

Anhänger des „Russki Westnik“ hätte nicht in Abrede stellen können, daß die<br />

„geheiligte Kunst“ in dieser Zeitschrift zu einem gewöhnlichen Mittel eines überaus prosaischen<br />

Zweckes herabgewürdigt wird: des Sieges über die politischen Gegner. Diese Handlungsweise<br />

der Belletristen mußte die wahrscheinlich nicht wenig kränken, die mit der Richtung<br />

des genannten Organs sympathisierten und die Ansichten seiner Kritiker über die Bedingungen<br />

und Aufgaben des „freien Kunstschaffens“ teilten. Aber diese Menschen konnten<br />

sich einstweilen mit dem Glauben an die Wahrhaftigkeit der ihnen dargebotenen quasi künstlerischen<br />

Erzeugnisse trösten. Sie konnten der Meinung sein, daß die Belletristen des „Russki<br />

Westnik“, unfähig, sich auf der ätherischen Höhe der reinen Kunst zu behaupten, davon herabgestiegen<br />

seien, um einen Typus, der ihnen wohlvertraut war, darzustellen und in ihren<br />

Schriften zu geißeln. Das Erscheinen der „Briefe“ von B. Markewitsch zerstört auch diese<br />

Illusion. In dem Brief an P. K. Schtschebalski vom 7. November 1884 weiht der Verfasser<br />

* Anmerkungen zu: Die reaktionären Priester der Kunst und Herr A. W. Stern (S. 538-553)<br />

Der Aufsatz wurde erstmals gedruckt in der Zeitschrift „Swoboda“ (1888, Nr. 15, Dezemberheft, und 1889, Nr. 1,<br />

Maiheft). Hier wird der Text der Gesamtausgabe der Werke Plechanows (Bd. X, S. 408-422) gedruckt.<br />

1* Brief G. Plechanows an die Redaktion der „Swoboda“:<br />

„Sehr geehrter Herr!<br />

Obwohl in der Würdigung der politischen Aufgaben der Feinde des bestehenden Regimes in Rußland zwischen<br />

mir und Ihnen eine starke Meinungsverschiedenheit besteht und obwohl Ihre Kritik der Artikelsammlung „Der<br />

Sozialdemokrat“ (die stellenweise für mich zu schmeichelhaft war) im allgemeinen, wie mir scheint, sehr ungerecht<br />

war, werden Sie es trotzdem, wie ich hoffe, nicht ablehnen, beiliegenden kleinen Artikel zu bringen. Wenn er<br />

irgendwie von Interesse ist, so betrifft dieses Interesse uns alle in gleicher Weise ohne Rücksicht auf unsere Richtungen<br />

und Gruppierungen. Empfangen Sie etc. G. Plechanow“<br />

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