18.09.2015 Views

erschien nennen menschenähnlichen

Zur PDF-Datei... - Max Stirner Archiv Leipzig

Zur PDF-Datei... - Max Stirner Archiv Leipzig

SHOW MORE
SHOW LESS
  • No tags were found...

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 11.07.2013<br />

durch gewisse Verbindungen von Farben oder durch die Form der Gegenstände hervorgerufen<br />

werden, sich selbst bei den primitiven Völkern mit äußerst komplizierten Ideen assoziieren<br />

und daß zumindest viele dieser Formen und Verbindungen ihnen nur durch eine solche<br />

Assoziation als schön erscheinen.<br />

Wodurch wird sie nun hervorgerufen? Und woher kommen diese komplizierten Ideen, die<br />

sich mit den Empfindungen assoziieren, die in uns durch das Aussehen der Gegenstände hervorgerufen<br />

werden? Offensichtlich kann auf diese Fragen nicht der Biologe, sondern nur der<br />

Soziologe antworten. Und wenn die materialistische Betrachtung der Geschichte mehr zu<br />

ihrer Lösung beiträgt als irgendeine andere Auffassung; wenn wir die Überzeugung gewinnen,<br />

daß die angeführte Assoziation und die erwähnten komplizierten Ideen letzten Endes<br />

bedingt und geschaffen [50] werden durch den Zustand der Produktivkräfte einer gegebenen<br />

Gesellschaft und ihrer Ökonomik, so muß man zugeben, daß der Darwinismus der materialistischen<br />

Betrachtung der Geschichte, die ich oben zu kennzeichnen bestrebt war, nicht im<br />

geringsten widerspricht.<br />

Ich kann hier nicht viel über das Verhältnis des Darwinismus zu dieser Anschauung sagen.<br />

Aber ein paar Worte will ich trotzdem noch darüber verlieren.<br />

Beachten Sie nachstehende Zeilen:<br />

„Es dürfte zweckmäßig sein, zunächst voranzuschicken, daß ich nicht behaupten will, daß<br />

jedes streng soziale Tier, wenn nur seine intellektuellen Fähigkeiten zu gleicher Tätigkeit und<br />

gleicher Höhe wie beim Menschen entwickelt wären, genau dasselbe moralische Gefühl wie<br />

der Mensch erhalten würde. In derselben Weise, wie verschiedene Tiere ein gewisses Gefühl<br />

von Schönheit haben, trotzdem sie sehr verschiedene Gegenstände bewundern, können sie<br />

auch ein Gefühl von Recht und Unrecht haben, trotzdem sie durch dasselbe veranlaßt werden,<br />

sehr verschiedene Arten von Benehmen zu zeigen. Um einen extremen Fall anzuführen: wäre<br />

z. B. der Mensch unter genau denselben Zuständen erzogen wie die Stockbiene, so dürfte sich<br />

kaum zweifeln lassen, daß unsere unverheirateten Weibchen es ebenso wie die Arbeiterbienen<br />

für eine heilige Pflicht halten würden, ihre Brüder zu töten, und die Mütter würden suchen,<br />

ihre fruchtbaren Töchter zu vertilgen, und niemand würde daran denken, dies zu verhindern.<br />

Nichtsdestoweniger würde in unserem angenommenen Falle die Biene oder irgendein<br />

anderes soziales Tier, wie es mir scheint, doch irgendein Gefühl von Recht und Unrecht<br />

oder ein Gewissen erhalten.“ 1<br />

Was folgt aus diesen Worten? Daß es in den sittlichen Begriffen der Menschen nichts Absolutes<br />

gibt; daß sie sich gleichzeitig mit den Veränderungen jener Bedingungen, unter denen die<br />

Menschen leben, verändern. Und wodurch werden diese Bedingungen geschaffen? Wodurch<br />

werden ihre Veränderungen hervorgerufen? Hierüber sagt Darwin nichts, und wenn wir sagen<br />

und beweisen, daß sie durch den Zustand der Produktivkräfte geschaffen werden und sich<br />

infolge der Entwicklung dieser Kräfte verändern, dann setzen wir uns nicht nur nicht in Gegensatz<br />

zu Darwin, sondern, im Gegenteil, wir ergänzen, was er gesagt hat, wir erklären, was<br />

bei ihm ungeklärt geblieben ist, und tun das, indem wir beim Studium der gesellschaftlichen<br />

Erscheinungen das gleiche Prinzip anwenden, das ihm in der Biologie so ungeheure Dienste<br />

geleistet hat.<br />

Es ist überhaupt äußerst seltsam, den Darwinismus den von mir vertretenen Ansichten über<br />

die Geschichte entgegenzusetzen. Das Gebiet [51] Darwins war ein ganz anderes. Er untersuchte<br />

die Abstammung des Menschen als einer zoologischen Art. Die Anhänger der materialistischen<br />

Auffassung wollen das historische Schicksal dieser Art erklären. Ihr Forschungsgebiet<br />

beginnt gerade dort, wo das Forschungsgebiet der Darwinisten aufhört. Ihre Arbeiten<br />

1 „Die Abstammung des Menschen“, Bd. II, S. 52. [Zit. Werk, Erster Band, Stuttgart 1871, S. 61/62.]<br />

7

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!