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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 19.07.2013<br />

erbach sagt dort: Die Physiologie führt alles auf das Gehirn zurück, aber „das Hirn ist eine<br />

physiologische Abstraktion ... Das Hirn ist aber nur so lange Denkorgan, als es mit einem<br />

menschlichen Kopf und Leibe verbunden ist“ 1 . Mit dieser Meinung unterscheidet er sich, wie<br />

Sie sehen, durchaus nicht wesentlich von der „Physiologie“ und dem Materialismus. Richtiger<br />

wird man sagen, daß hier überhaupt keine Meinungsverschiedenheit vorliegt, da selbstverständlich<br />

kein Physiologe und kein Materialist sagen wird, auch in einem vom Körper<br />

abgetrennten Kopfe könne die geistige Tätigkeit weitergehen. Feuerbach schrieb den Materialisten<br />

allzugern die Neigung zu dem zu, was er als physiologische Abstraktionen bezeichnete.<br />

Das rührte daher, daß er mit der Geschichte des Materialismus wenig vertraut war. Zum Beweise<br />

wollen wir uns zum Beispiel auf seine Schrift „Über Spiritualismus und Materialismus<br />

besonders in Beziehung auf die Willensfreiheit“ berufen, in der er den deutschen Materialismus,<br />

dem er sehr zugetan ist, dem Materialismus Holbachs und der „Trüffelpastete“ La Mettries<br />

gegenübersteht, ohne anscheinend auch nur eine Ahnung davon zu haben, wie nahe er ihnen<br />

beiden steht. 2 Gerade indem er auf die kennzeichnenden Merkmale des deutschen Materialismus<br />

hinweist, zeigt er – und wiederum, ohne sich selbst dessen bewußt zu sein – die kennzeichnenden<br />

Merkmale des Materialismus, wie er im „Système de la Nature“ und in „L’homme<br />

machine“ zum Ausdruck kam. Ein solches Versehen hätte man, so möchte es scheinen, schwerlich<br />

von einem Manne erwarten können, der sein ganzes Leben dem Studium der Philosophie<br />

gewidmet hat. Aber man muß daran denken, in welcher geistigen Atmosphäre Feuerbach aufgewachsen<br />

war. In der Zeit, da er studierte, herrschte in Deutschland unumschränkt der Idealismus,<br />

und nur ab und zu einmal erwähnte er seinen Antagonisten – den Materialismus, als<br />

eine Lehre, die bereits gänzlich erledigt und begraben sei. In den Werken über die Geschichte<br />

der Philosophie wurde der Materialismus, namentlich der französische Materialismus des 18.<br />

Jahrhunderts, nur ganz flüchtig gestreift. [466] Hegel wurde dem französischen Materialismus<br />

weit mehr gerecht als andere Idealisten, aber auch er gewährte ihm in seinen „Vorlesungen zur<br />

Geschichte der Philosophie“ nur recht wenig Raum. Bei einer solchen Lage der Dinge konnte<br />

ganz gut auch in den rastlosesten und denkendsten Köpfen eine falsche Anschauung über den<br />

französischen Materialismus bestehen. Später, als er gegen den Idealismus Stellung nahm, hätte<br />

Feuerbach zum französischen Materialismus eine aufmerksamere Einstellung haben können<br />

und müssen. Aber zuerst lenkte ihn die Notwendigkeit ab, den Idealismus mit seiner eigenen<br />

dialektischen Waffe zu zerschlagen, und in diesem Kampf war die Bekanntschaft mit dem<br />

französischen Materialismus für ihn nicht notwendig. Und in den fünfziger Jahren kam in<br />

Deutschland eine solche Abart des Materialismus auf, welche alle Vorurteile gegen diese Lehre,<br />

die sich in seinem Kopf erhalten hatten, nur festigen konnte. Wir meinen den Materialismus<br />

Karl Vogts, Moleschotts und anderer. Es ist gar nicht verwunderlich, daß Feuerbach für diesen<br />

Materialismus nicht viel übrig hatte. Verwunderlich ist vielmehr, daß er, wenigstens teilweise,<br />

damit sympathisierte, daß er bis zu einem gewissen Punkte mit den Materialisten dieser Art<br />

übereinstimmte. Diese Materialisten verwickelten sich wirklich in Abstraktionen, und bezüglich<br />

ihrer Theorien war Feuerbach vollauf berechtigt zu sagen, daß sie noch nicht die ganze<br />

Wahrheit bildeten. Das war sogar sehr gelinde ausgedrückt.<br />

So sagten diese Materialisten zum Beispiel, das Denken sei Bewegung der Materie. Das zugeben<br />

heißt aber das Gesetz von der Erhaltung der Kraft für falsch erklären, das heißt, mit<br />

anderen Worten, auf den Gedanken an eine wissenschaftliche Naturerklärung gänzlich verzichten.<br />

Wenn Feuerbach sagt, daß die Wahrheit nicht im Materialismus und nicht im Idealismus<br />

sei, sondern im „Organismus“, so will er damit nur ausdrücken, daß das Denken (die<br />

1 V. W., Bd. II, S. 362. [„Wider den Dualismus...“]<br />

2 Bei Holbach sind unter anderem auch Ansätze zur Feuerbachschen Religionsphilosophie vorhanden.<br />

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