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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 19.07.2013<br />

sen selber.“ 1 Aus diesen Worten geht ganz klar hervor, was er eigentlich unter Sinnlichkeit<br />

verstand und wie er dazu gelangte. Sie war die Negation des Hegelschen Intellektualismus.<br />

Was ist die absolute Idee Hegels? Es ist nichts weiter als der Prozeß unseres Denkens, unabhängig<br />

von seinem subjektiven Charakter genommen und hingestellt als das Wesen des ganzen<br />

Weltprozesses. Der Nachweis, daß die absolute Idee nichts ist als eine einfache psychologische<br />

Abstraktion, war die Entblößung der Achillesferse des damaligen deutschen Idealismus.<br />

Und das war Feuerbachs Werk. Indem er zeigte, daß die absolute Idee nichts ist als<br />

das „Wesen des Menschen“, während man sie uns als das von diesem letzteren unabhängige<br />

Wesen der Welt darstellt, hat er auch gezeigt, daß Hegel das Wesen des Menschen einseitig<br />

betrachtete: ihm galt als Wesen des Menschen das Denken, während in Wirklichkeit auch die<br />

Empfindung dazu gehört: „Nur durch die Sinne wird ein Gegen-[464]stand im wahren Sinne<br />

gegeben – nicht durch das Denken für sich selbst.“ 2<br />

Die „Sinnlichkeit“ rückte nun und mußte in den Vordergrund gerückt werden in einer Philosophie,<br />

die nicht nur eine Weiterentwicklung der Hegelschen Philosophie, sondern auch ihre<br />

Negation war. 3 Die Philosophie Feuerbachs konnte nicht anders auftreten als im Gewande<br />

ihrer Zeit. Wenn wir aber über ihre äußere Form hinausgehen und sie genau in ihrem „Wesen“<br />

betrachten, so werden wir erstaunt sein über ihre Ähnlichkeit mit dem französischen<br />

Materialismus des vorigen Jahrhunderts. Die Hauptbemühungen Feuerbachs waren auf den<br />

Kampf gegen den Dualismus und die Materie gerichtet. Derselbe Dualismus bildet das<br />

Hauptziel der Angriffe Holbachs. Man muß sich wundern, daß Lange das nicht bemerkt hat.<br />

Allerdings bezeichnet sich Feuerbach, wenn wir uns recht erinnern, nirgends offen als Materialisten.<br />

Im Gegenteil, sogar in der Schrift, die speziell gegen den Dualismus von Körper<br />

und Geist gerichtet ist, sagt er: „Wahrheit ist weder der Materialismus noch der Idealismus,<br />

weder die Physiologie noch die Psychologie; Wahrheit ist nur die Anthropologie.“ 4 In seinen<br />

„Nachgelassenen Aphorismen“ finden sich, wie es scheint, noch deutlichere Stellen.<br />

„Materialismus“, so sagt er dort, „ist eine durchaus unpassende, falsche Vorstellungen mit<br />

sich führende Bezeichnung, nur insofern zu entschuldigen, als der Immaterialität des Denkens,<br />

der Seele, die Materialität des Denkens entgegensteht. Aber es gibt für uns nur ein organisches<br />

Leben, organisches Wirken, organisches Denken. Also Organismus ist der rechte<br />

Ausdruck, denn der konsequente Spiritualist leugnet, daß das Denken eines Organs bedürfe,<br />

während auf dem Standpunkt der Naturanschauung es keine Tätigkeit ohne Organ gibt.“ In<br />

denselben „Aphorismen“ sagt Feuerbach, der Materialismus sei nur das Fundament eines Gebäudes<br />

des menschlichen Wesens und Wissens, aber noch nicht das Gebäude selbst, wie die<br />

Physiologen, die Naturforscher im engeren Sinne, wie zum Beispiel Moleschott, glauben. An<br />

derselben Stelle erklärt er, daß er mit den Materialisten nur bis zu einem gewissen Punkt zusammengehe.<br />

(Rück-[465]wärts stimme ich den Materialisten vollkommen bei, aber<br />

nicht vorwärts). 5<br />

Weshalb befriedigt ihn die „Physiologie“ nicht ganz? Die Antwort darauf findet sich in seiner<br />

von uns schon wiederholt zitierten Schrift gegen den Dualismus von Körper und Geist. Feu-<br />

1 [Zit. Werk, § 37, S. 62; die Hervorhebungen von Feuerbach.]<br />

2 [Zit. Werk, § 33, S. 58.]<br />

3 „Die Vollendung der neueren Philosophie ist die Hegelsche Philosophie. Die historische Notwendigkeit und<br />

Rechtfertigung der neuen Philosophie knüpft sich daher hauptsächlich an die Kritik Hegels.“ [Ebenda, § 19,<br />

S. 33/34.] So sagt Feuerbach in seinen „Grundsätzen“, und dadurch erklärt sich die äußere Form seiner Philosophie,<br />

die von Lange für ihr „Wesen“ genommen wurde.<br />

4 [„Wider den Dualismus von Leib und Seele, Fleisch und Geist“; Sämtl. Werke, II. Band, Leipzig 1846, S. 362.]<br />

5 „Nachgelassene Aphorismen“, abgedruckt bei Grün: „Ludwig Feuerbach in seinem Briefwechsel und Nachlaß“,<br />

[Leipzig und Heidelberg 1874,] Zweiter Band, S. 307 und 308.<br />

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