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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 19.07.2013<br />

legt wird. Jeder unvoreingenommene Leser wird sagen: Nein, daran kann man durchaus nicht<br />

zweifeln. Und wenn dem so ist, kann man nicht umhin, auch Feuerbach, aus dessen Werken die<br />

Anschauung Tschernyschewskis voll und ganz entlehnt ist, Materialist zu <strong>nennen</strong>. 1 In diesem<br />

Falle wird man uns vielleicht fragen: Warum wollen die Neukantianer Feuerbach nicht als Materialisten<br />

anerkennen? Wir werden, ohne auch nur zu zögern, antworten: Einfach und allein,<br />

weil die Herren Neukantianer eine falsche Vorstellung vom Materialismus haben.<br />

Diese Vorstellung stützt sich in bedeutendem Grade auf das bekannte Buch Langes. Es ist<br />

hier nicht der Ort, sich damit näher zu befassen; wir wollen uns darauf beschränken, dagegen<br />

Stellung zu nehmen, was es speziell über die Philosophie Feuerbachs aussagt.<br />

Feuerbach sagt in seinen „Grundsätzen“: „Die neue“ (d. h. seine) „Philosophie macht den<br />

Menschen mit Einschluß der Natur, als der Basis des Menschen, zum alleinigen, universalen<br />

und höchsten Gegenstand der [461] Philosophie – die Anthropologie also, mit Einschluß der<br />

Physiologie, zur Universalwissenschaft.“ 2<br />

Hierzu bemerkt Lange: „In dieser einseitigen Hervorhebung des Menschen liegt ein Zug, der<br />

aus der Hegelschen Philosophie stammt und der Feuerbach von den eigentlichen Materialisten<br />

trennt. Es ist eben doch wieder die Philosophie des Geistes, die uns in der Form einer<br />

Philosophie der Sinnlichkeit hier begegnet. Der echte Materialist wird stets geneigt sein, seinen<br />

Blick auf das große Ganze der äußeren Natur zu richten und den Menschen als eine Welle<br />

im Ozean ewiger Stoffbewegung zu betrachten. Die Natur des Menschen ist für den Materialisten<br />

nur ein Spezialfall in der Kette physischer Lebensprozesse. Er reiht die ganze Physiologie<br />

am liebsten ein in die allgemeinen Erscheinungen der Physik und Chemie, und gefällt<br />

sich eher darin, den Menschen zuviel als zuwenig in die Reihe der übrigen Wesen zurücktreten<br />

zu lassen. Allerdings wird er in der praktischen Philosophie ebenfalls lediglich auf<br />

die Natur des Menschen zurückgehen, aber er wird auch da wenig Neigung haben, dieser<br />

Natur, wie Feuerbach es tat, göttliche Attribute beizulegen.“ 3<br />

Wir wollen vor allem bemerken, daß die Göttlichkeit der Attribute der menschlichen Natur<br />

bei Feuerbach einen ganz besonderen Sinn hat. Die französischen Materialisten des vorigen<br />

Jahrhunderts würden natürlich bei der Beurteilung dieser Attribute die Feuerbachsche Terminologie<br />

nicht gutgeheißen haben. Aber diese terminologische Meinungsverschiedenheit hätte<br />

keinerlei wesentliche Bedeutung und würde durch rein praktische Erwägungen hervorgerufen<br />

werden. Solche Erwägungen gab es nicht mehr bei jenen französischen Schriftstellern des<br />

19. Jahrhunderts, die –wie zum Beispiel Desamis – leidenschaftliche Anhänger des Materialismus<br />

des vorigen Jahrhunderts waren. Und wir glauben, Desamis hätte dagegen protestiert,<br />

daß der menschlichen Natur göttliche Attribute in dem Sinne beigelegt werden, den sie bei<br />

Feuerbach haben. Seine Ansicht über diese Natur erinnert überhaupt sehr an das, was Feuerbach<br />

sagt. Und obgleich Desamis die physiologischen Erscheinungen ganz entschieden in die<br />

allgemeinen Erscheinungen der Physik und Chemie einreiht, ist er doch zugleich überzeugt,<br />

„daß das Prinzip und das Kriterium jeder Gewißheit in der synthetischen und vollkommenen<br />

Erkenntnis des Menschen und aller auf ihn einwirkenden Kräfte liegt“ 4 . Das ist fast buch-<br />

[462]stäblich das gleiche wie der Mensch und die Natur als Basis des Menschen. Im System<br />

Desamis’ ist auch Raum für die Religion, jedoch wieder in dem gleichen Sinne, den sie bei<br />

1 Seinem Artikel lagen hauptsächlich zugrunde die „Grundsätze der Philosophie der Zukunft“ und die Erläuterungen<br />

dazu, betitelt: „Wider den Dualismus von Leib und Seele, Fleisch und Geist“.<br />

2 [Zit. Werk, § 55, S. 81.]<br />

3 Friedrich Albert Lange, „Geschichte des Materialismus“, Leipzig, Zweites Buch, Erster Abschnitt, S. 74.<br />

[„Gesch. d. Mat. und Kritik seiner Bedeutung in der Gegenwart“, Iserlohn 1866, S. 285.]<br />

4 „Le principe et critérium de toute certitude gît dans la connaissance synthétique et parfaite de l’homme et de tous<br />

ses modificateurs.“ „Code de la communauté“, Paris 1842, p. 261.<br />

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